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Konservative Lösungen

Ausgewählte Dividendenfonds bieten solide Erträge bei im Vergleich niedrigem Risiko.

Konservative Lösungen

Von Werner RüppelDie kleine bayerische Raiffeisenbank Gmund am Tegernsee hat den Anfang gemacht und für Beträge auf dem Giro- oder Tagesgeldkonto einen Strafzins erhoben. “Wir haben alle Großanleger gezielt angeschrieben und ihnen empfohlen, sich Gedanken zu machen”, erläutert Josef Paul, Vorstandsmitglied des Instituts. Aufgrund der Null- und Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank gibt es keine Zinsen mehr. Die ertragreiche Anlage auf dem Tages- oder Festgeldkonto fällt praktisch aus. Der Anlagenotstand wächst und Investoren suchen zunehmend nach Alternativen.Im Gegensatz zum Zins bieten Ausschüttungen von Aktien hingegen noch relativ hohe Renditen von rund 3 bis 4 % im Jahr. Daher wächst das Interesse an dividendenstarken Aktien. Insbesondere ausgewählte, breit gestreute Dividendenfonds stellen im aktuellen Umfeld eine solide Anlage dar. Doch müssen Anleger genau hinschauen, unterscheiden sich die Fondslösungen doch teilweise erheblich in ihrem Risikoprofil. Die Dividende ist auch kein gleichwertiger Ersatz für den Zins, da bei Aktien natürlich immer das Risiko von Kursverlusten besteht. Doch wird “der Anleger bei ausschüttungsstarken Aktien für die Risiken, die er eingeht, noch kompensiert”, sagt Thomas Schüßler, Fondsmanager des bekannten DWS Top Dividende. Attraktivität nimmt zuNicht nur für Tages- oder Festgeld gibt es keine Zinsen mehr. Auch die Renditen für die meisten Bundesanleihen, einer bei Kupons von einstmals 6, 7 oder 8 % Lieblingsanlage der Deutschen, sind inzwischen negativ. “Dabei ist klar: Wer bei negativen Zinsen anlegt, verliert garantiert Geld”, stellen Dennis Nacken und Hans-Jörg Naumer von Allianz Global Investors treffend fest. Auch die besten Unternehmensanleihen werfen keine Zinsen mehr ab. Und bei mehr als 70 % der europäischen Aktien ist nach den Berechnungen von Goldman Sachs die Dividendenrendite inzwischen höher als die Rendite ihrer Unternehmensanleihe.Im historischen Vergleich liegt der Abstand zwischen der Dividendenrendite von Aktien, die zum Beispiel bei europäischen Titeln im Durchschnitt bei 3 bis 4 % liegt, und der Rendite von Staats- und Unternehmensanleihen (mit etwa 0 bis 1 % in Euroland) auf Rekordniveau. Im Vergleich zu einem Zinskupon nimmt die Attraktivität von Ausschüttungen damit also zu. Zentrale ErtragsquelleDie Dividende ist eine wichtige Ertragsquelle für Aktienanlagen. So haben die Analysten der Société Générale errechnet, dass der Aktienindex MSCI World seit 1970 als Preisindex nur eine Performance von 2,1 % im Jahr erzielt hat, inklusive Dividenden, die dann direkt wieder in Aktien investiert wurden, beträgt die Performance jedoch 5,1 % im Jahr (siehe Grafik). Mithin sind Ausschüttungen damit für mehr als die Hälfte der Rendite von Aktienanlagen verantwortlich. Und in Deutschland ist laut SocGen die reale Aktienmarktrendite seit 1984 von 4,6 % im Jahr allein auf die Komponenten Dividendenrendite und Dividendenwachstum zurückzuführen.Besonders bei Aktien mit sehr hoher Dividendenrendite ist allerdings für Investoren Vorsicht geboten. Denn häufig handelt es sich dabei um Unternehmen, die Schwierigkeiten haben, aber ihre Ausschüttung zunächst noch beibehalten. Hingegen überzeugen Unternehmen mit stabilem Geschäftsmodell und stetigem Cash-flow durch nachhaltige Dividendenzahlungen. Entsprechend werden auch solche Titel wie Nestlé oder McDonald’s von den Managern der aktiven Dividendenfonds bevorzugt.Eine dauerhafte, stabile oder gar steigende Dividende stellt ein Qualitätskriterium dar. Zudem stärken stetige Ausschüttungen die Kapitaldisziplin eines Unternehmens. Peter Lynch, in den achtziger Jahren erfolgreichster Fondsmanager der Welt, sagt: “Ein starkes Argument zugunsten Dividenden zahlender Unternehmen ist, dass diejenigen, die keine Dividende zahlen, ihr Geld in schöner Regelmäßigkeit mit einer Serie von dummen Ver-Diversifizierungen aus dem Fenster schmeißen.” Ausschüttungen drücken Risiko Gerade im aktuellen Null- und Niedrigzinsumfeld sind ausgewählte Dividendenstrategien eine vernünftige Anlage. Zinsanlagen wie Tages- und Festgeld sowie Staats- und Unternehmensanleihen guter Bonität haben natürlich ein wesentlich niedrigeres Risikoprofil, doch mindert eine regelmäßige Ausschüttung das Risiko einer Aktie. Folglich weisen diejenigen Dividendenfonds, die auch entsprechende risikoarme Titel enthalten, ein niedrigeres Risiko als herkömmliche Aktienfonds auf. Dies muss aber nicht so sein, schließlich verbergen sich hinter dem Begriff Dividendenfonds Lösungen mit unterscheidlichem Risikograd.Zudem schneiden insbesondere in Krisenzeiten klassische aktive Fonds im Durchschnitt weniger schlecht ab als mitunter zu mechanisch arbeitende börsengehandelte Fonds (ETF). Dies hat sich, so eine Untersuchung von Absolut Research, insbesondere im Zeitraum der Finanzkrise von Dezember 2007 bis April 2009 gezeigt: “Während europäische Dividendenfonds im Schnitt 47 % verloren, waren es bei den entsprechenden ETF knapp 64 %.” Damals brachen vor allem dividendenstarke Finanztitel ein. Zudem stellt Absolut Research in der Analyse von November 2015 fest: “Auf Sicht von fünf Jahren erzielten die aktiv verwalteten Dividendenfonds meist bessere Performance- und Risikokennziffern als Dividenden-ETF mit vergleichbarem regionalem Fokus.” Langfristig solideDarüber hinaus zeigt laut Allianz Global Investors ein Blick in die USA “die Überlegenheit von Dividendenstrategien seit 1950 – in einem Umfeld sowohl steigender Inflation (bis 10 %) als auch Deflation”. Insofern dürften daher Dividendenlösungen gerade im aktuellen Umfeld der finanziellen Repression lohnen – also in Zeiten von Zinsen nahe der Nullmarke, die nicht zuletzt aufgrund der Politik der Zentralbanken tief gefallen sind und Staaten die Refinanzierung erleichtern. Insgesamt kommen Dennis Nacken und Hans-Jörg Naumer zu dem Ergebnis, dass dividendenstarke Aktien mit gutem Ergebnis sowohl mehr Stabilität als auch eine höhere Rendite ins Depot bringen können.Auf dem deutschen Fondsmarkt steht vor allem eine breite Palette aktiver Dividendenfonds zur Verfügung (vergleiche Tabelle). Darunter auch der bekannte DWS Top Dividende, mit einem Volumen von rund 17,5 Mrd. Euro der größte deutsche Aktienfonds. Viele der Dividendenfonds weisen eine regelmäßige Ausschüttung oder eine ausschüttende Tranche auf, häufig auch in einer attraktiven Höhe, und eignen sich damit für Anleger, die auf ein regelmäßiges Einkommen Wert legen. Diese Ausschüttung kann natürlich als Ersatz für den Zinskupon dienen, doch müssen Investoren dafür eben ein gewisses Aktienmarktrisiko in Kauf nehmen. Weil in den vergangenen fünf Jahren die Aktienmärkte per saldo freundlich tendierten, haben alle Produkte aber in diesem Zeitraum eine vorzeigbare jährliche Performance erzielt. Wobei zuletzt vor allem die global agierenden Produkte von der guten Verfassung des US-Aktienmarkts profitierten, während die europäisch ausgerichteten Produkte etwas dahinter zurückblieben. Aussagekräftiger ist natürlich der Performancevergleich über zehn Jahre, doch waren die wenigsten Fonds bereits vor zehn Jahren aufgelegt. Top Dividende überzeugtDer von Morningstar mit vier Sternen bewertete DWS Top Dividende (DE0009848119) überzeugt mit einer im Vergleich zu den anderen Produkten überdurchschnittlich hohen Performance über zehn Jahre von 7,03 % im Jahr und einem niedrigeren Risiko als der Gesamtmarkt. Fondsmanager Thomas Schüßler (siehe Interview) sorgt durch die Auswahl von dividendenstarken Werten mit stabilen Geschäftsmodellen für eine defensive Ausrichtung des global agierenden Flagschiff-Produkts. Der Fonds, dessen Ausschüttungsrendite aktuell bei knapp 3 % liegt, setzt sich derzeit aus 54 Titeln mit einer aktuellen Dividendenrendite von 3,5 % zusammen. Zu den größten Positionen in dem Vorzeigeprodukt der Deutsche-Bank-Fondstochter zählen NTT, Cisco, Verizon, Allianz, Pfizer, Roche, Unilever und Nestlé.Ein weiterer Fonds mit günstigen Rendite-Risiko-Kennziffern stellt der ebenfalls defensiv ausgerichtete BNY Mellon Global Equity Income Fund (IE00B3V93F27) dar. Das rund 700 Mill. Euro schwere Produkt hat in den vergangenen fünf Jahren bei vergleichweise niedriger Volatilität eine Performance von 13,65 % im Jahr erzielt. Bei einer Einmalanlage in den von Morningstar mit vier Sternen bewerten Fonds beträgt die Mindesanlage 5 000 Euro. “Unser Fokus liegt auf nachhaltigem Einkommen”, erklärt Fondsmanager Nick Clay. Besonders wichtig für Investoren sei Geduld. Aktuell sind die größten Positionen des Fonds Microsoft, Procter & Gamble, Western Union, Computer Associates, Diageo und Cisco.Auch der von Fondsmanager Jan Erhardt (vergleiche “Im Porträt”, Seite 62) seit 2003 gesteuerte DJE Dividende & Substanz (LU0159550150) hat auf Sicht von zehn Jahren mit 5,79 % im Jahr eine ansprechende Performance bei vergleichsweise niedrigem Risiko erzielt. Das von Morningstar mit drei Sternen bewertete 1,2 Mrd. Euro schwere Produkt verfolgt einen aktiven Value-Ansatz und investiert international in dividenden- und substanzstarke Aktien. Für den Fonds gibt es auch eine ausschüttende Tranche. Alle großen deutschen Fondsanabieter haben die Bedeutung der Dividende als Werttreiber mittlerweile erkannt und entsprechende Produkte im Angebot. Dabei überzeugt der weltweit anlegende Fonds Deka-Dividenden-Strategie CF (DE000DK2CDS0) mit einer Performance über fünf Jahre von 13,33 % im Jahr bei einem im Vergleich niedrigen Risiko. Der 3,3 Mrd. Euro schwere ausschüttende Fonds investiert in Aktien, die eine überdurchschnittliche Dividendenqualität erwarten lassen. Die größten Positionen des von Morningstar mit drei Sternen bewerteten Produkts sind Allianz, Nestlé, Axa, Pfizer und Novartis. Hingegen hat der Allianz European Equity Dividend – AT (LU0414045822) aufgrund seines Fokus auf europäische Dividendenaktien in den vergangenen fünf Jahren nur eine Performance von 10,17 % im Jahr erzielt. Auch beim von Morningstar mit vier Sternen bewerteten UniDividenden Ass A (LU 0186860408) litt die Wertentwicklung darunter, dass der Fonds zu mindestens zwei Dritteln in europäischen Aktien anlegt. M&G-Produkt mit höherem RisikoNicht alle Dividendenfonds weisen allerdings ein deutlich geringeres Risiko als herkömmliche Aktienfonds auf. Zum Beispiel hat der 7,2 Mrd. Euro schwere, weltweit anlegende M&G Global Dividend Fund (GB00B39R2S49) in den vergangenen fünf Jahren zwar eine ansprechende Performance von jährlich 12,08 % erzielt. Dafür hat der von Stuart Rhodes gemangte Fonds aber ein vergleichsweise hohes Risiko in Kauf genommen. So liegt der maximale Verlust des von Morningstar nur mit zwei Sternen bewerteten Fonds auf Sicht von drei und fünf Jahren bei recht hohen 29,16 %, wie das Finanzportal Onvista berichtet.Der Lupus Alpha Dividend Champions A (DE000A1JDV61) überzeugt zwar mit einer Performance von jährlich 19,30 % in den vergangenen fünf Jahren. Doch weist das von Morningstar mit fünf Sternen bewertete Produkt aufgrund seines Fokus auf mittlere und kleinere europäische Unternehmen ein höheres Risiko auf.In Deutschland werden auch mehrere passive Produkte auf Dividendenstrategien angeboten (vergleiche Tabelle). So haben sowohl die BlackRock-Tochter iShares wie auch die Deutsche Bank als DB X-Tracker ein ETF auf den Index Stoxx Global Select 100 Dividenden aufgelegt. Dabei handelt es sich um einen breit diversifizierten Korb aus 100 Aktien, die in Europa, Nordamerika und Asien die höchsten Dividendenrenditen aufweisen. Mit dieser Strategie wurde in den vergangen drei Jahren eine Performance von rund 11 % im Jahr bei einer niedrigen Volatilität von rund 10 % erzielt.Eine bereits längere Kurshistorie liegt für den iShares Stoxx Europe Select Dividend 30 (DE0002635299) vor. Hier wird ein Index von 30 europäischen Titeln mit hoher Dividendenausschüttung abgebildet. Die Performance des Fonds beträgt – 0,95 % pro Jahr in den vergangenen zehn Jahren. Und der maximale Verlust betrug auf Sicht von zehn Jahren stattliche 69,83 %. Dies zeigt, dass Dividenden-ETF in der Finanzkrise häufig sehr hohe Verluste erlitten. Ansatz funktioniertAlles in allem funktionieren viele Dividendenfonds: Ausgewählte Produkte bieten attraktive Erträge bei einem zum Teil deutlich niedrigeren Risiko als herkömmliche Aktienfonds. Für Anleger können sie also eine gute Wahl sein.Auch bei der Raiffeisenbank Gmund hat ein Teil der Kunden nach Auskunft von Vorstandsmitglied Josef Paul auf den Strafzins reagiert und sich für alternative Anlagen zum Girokonto entschieden. Vielleicht hat der ein oder andere Anleger auch einen konservativ gemanagten Dividendenfonds erworben.