BANKENAUFSICHT

Konstruktionsmängel

Extra die Dienstreise nach Frankfurt gemacht, nur um der am 4. November 2014 gestarteten europäischen Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB "höchsten Respekt" für die bisherige Bewältigung dieser "Mammutaufgabe" zu zollen? Dann hätte sich zwar die...

Konstruktionsmängel

Extra die Dienstreise nach Frankfurt gemacht, nur um der am 4. November 2014 gestarteten europäischen Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB “höchsten Respekt” für die bisherige Bewältigung dieser “Mammutaufgabe” zu zollen? Dann hätte sich zwar die EZB gefreut, aber für den Bankenverband wäre außer Spesen nichts gewesen. Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer war erkennbar bemüht, die aus Anlass des demnächst einjährigen Bestehens des einheitlichen Aufsichtsmechanismus gebotene Kritik möglichst charmant in ein dickes Lob zu verpacken. Zumal es sich für den Repräsentanten einer Branche ohnehin nicht schickt, deren Aufseher frontal anzugehen, selbst wenn es gar nichts zu loben gäbe – man muss ja miteinander auskommen. Aber nehmen wir Kemmers anerkennende Worte ruhig zum Nominalwert, so fiel dennoch auf, dass immer mehr Kritikpunkte hochkamen, je länger sein Pressegespräch dauerte.Man mag ja Verständnis haben für Unzulänglichkeiten, die der Bankenverband wohlwollend als “Anlaufprobleme” herunterspielt. Dass nicht alles glattlaufen kann, wenn ein Aufsichtssystem für 3 600 Banken im Euroraum, davon 123 direkt von der EZB überwacht, aus dem Boden gestampft wird, ist doch klar. Aber fehlende Transparenz nicht nur bei “freihändigen” Kapitalzuschlägen für einzelne Banken, Anforderungen über gesetzliche Vorgaben hinaus, Reibungsverluste zwischen europäischer und nationaler Ebene, ungenügende Proportionalität in der Aufsicht je nach Bankengröße, “absoluter Overkill” (Kemmer) beim geplanten EZB-Kreditregister Anacredit und obendrein eine sehr lässige Einstellung zum Datenschutz, Datenabfragen ohne rechtliche Basis, grenzwertige Einmischung in die Ausschüttungspolitik, gar Eingriffe in die Bewertung von Bilanzaktiva (Beispiel Heta), indiskutabel lange Entscheidungsprozeduren bei der Billigung von Vorstandspersonalien und Beteiligungen, flagrante Interessenkonflikte wie bei den ELA-Notkrediten für griechische Banken etc. pp. – alles nur “Anfangsschwierigkeiten”?Das glaubt der Bankenverband doch selber nicht. Ehrlicher wäre es, schwerwiegende Konstruktionsmängel einzugestehen, die die europäische Bankenunion umso mehr in ihrem Kern in Frage stellen, je länger dieses Experiment andauert. Dabei gibt es übrigens einen bemerkenswerten Interessengleichlauf zwischen den drei Säulen der Branche. Themen wie Proportionalität, pathologische Datensammelei oder das Zukunftsprojekt europäische Einlagensicherung belasten private Banken wie Sparkassen und Kreditgenossen.