Kontroverse um die Finanzvermittleraufsicht
wf Berlin – Die Entscheidung des Bundeskabinetts, freie Finanzanlagenvermittler und Honorarberater unter die Kontrolle der Finanzaufsicht BaFin zu stellen, ist auf kontroverse Resonanz gestoßen. Der Verband der Finanzdienstleister AfW kritisiert den Kabinettsbeschluss “auf das Schärfste”. Verbraucherschützer, vertreten durch den Bundesverband VZBV, und die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) begrüßten das Vorhaben in seltener Einigkeit.Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Aufsicht vom Anfang 2021 an schrittweise auf die BaFin übertragen wird. “Im Einklang mit den Vorgaben des Koalitionsvertrages schaffen wir eine einheitliche, spezialisierte und wirksame Aufsicht”, erklärte Finanzstaatssekretär Jörg Kukies in Berlin. Dies werde auch dem zunehmend komplexeren Aufsichtsrecht gerecht. Zudem werde die zersplitterte Aufsichtsstruktur beseitigt. Bisher liegt diese – je nach Sitz – bei Gewerbeämtern oder den Industrie- und Handelskammern (IHK).Der VZBV und die DK begrüßten in einer gemeinsamen Erklärung den Schritt zu einer “besseren Finanzaufsicht”, verlangt aber, im parlamentarischen Verfahren das unterschiedliche Schutzniveau anzugleichen. Bisher gelten demnach für Anlagevermittler, unabhängig von der Aufsichtszuständigkeit, bei der Beratung geringere gesetzliche Standards als für Banken und Sparkassen. “Das führt zu einer nicht im Kundeninteresse liegenden Scheinsicherheit und hier sollte nachgebessert werden”, verlangte Marija Kolak, Präsidentin des Genossenschaftsbankenverband BVR für die DK. VZBV-Vorstand Klaus Müller sieht die Doppelrolle der IHKs als Aufsicht und Interessenvertreter gewerblicher Berufe als problematisch an. “Zentralistischer” Schritt Die Finanzvermittler lehnen indessen das Vorhaben, die Aufsicht “zentralistisch bei der Bundesbehörde” anzusiedeln, entschieden ab. “Zu einer Zeit, in der gerade der Mittelstand voraussichtlich extrem von den Auswirkungen der Corona-Pandemie getroffen wird, halten wir es für ein denkbar falsches Zeichen, dieses mittelstandsfeindliche Gesetz weiter voranzutreiben”, warnte Norman Wirth, geschäftsführender AfW-Vorstand. Die CDU/CSU im Bundestag teilte mit, sie nehme die “von verschiedenen Seiten an sie herangetragenen Kritikpunkte sehr ernst”. In der parlamentarischen Beratung will die Union mit der SPD eine “praxistaugliche Lösung” suchen, stellten die finanzpolitische Sprecherin Antje Tillmann und der Berichterstatter Carsten Brodesser (beide CDU) in Aussicht. Das notwendige Maß an Verbraucherschutz solle gewährleistet sein, aber auch die rund 40 000 Vermittler sollen vor zusätzlichen Belastungen bewahren werden.