Kosten von Zertifikaten klaffen auseinander
jsc/wrü Frankfurt
Die deutsche Zertifikatebranche wendet sich mit einer Studie gegen den Vorwurf zu hoher und intransparenter Kosten: Insgesamt ist die Belastung, die sich vor allem aus Vertriebsaufwand und einer erwarteten Marge für die emittierenden Banken ergibt, je nach Produkt höchst unterschiedlich, wie der Deutsche Derivate Verband (DDV) am Montag anlässlich einer Branchenkonferenz offenlegte. Die Gesamtkosten, die ein wissenschaftliches Team anhand einer Stichprobe von rund 16500 Papieren und einem Volumen von 6,3 Mrd. Euro erhob, rangieren demnach je nach Kategorie von durchschnittlich 0,23 bis 1,59%.
Ähnlich wie im Fondsmarkt sind die Kosten von Anlagechancen und Vertrieb abhängig. Während zinslastige Produkte mit langen Laufzeiten wie strukturierte Anleihen und bonitätsabhängige Schuldverschreibungen vergleichsweise billig sind, kommen an Aktien orientierte Instrumente mit kürzeren Laufzeiten wie Aktienanleihen, Express- und Bonuszertifikate auf höhere Werte, wie die Studie zeigt. Indexzertifikate, die mittlerweile häufig den Wert von Kryptowährungen abbilden, stechen anders als in der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2017 als teuerste Kategorie hervor. Auch der Vertrieb über Banken und Sparkassen fällt ins Gewicht, während über den Sekundärmarkt gehandelte Produkte selten Rückvergütungen an Vermittler vorsehen.
Die Kosten gehen dabei zurück: Im Durchschnitt sind sie seit der letzten Erhebung von geschätzt 1,0% auf jetzt 0,81% gesunken – für die Studienautoren ein Beleg, dass Transparenz den Wettbewerb stärke und „zu effizienten Preisstrukturen“ führe. Es sei ein Vorurteil, dass die Produkte zu teuer seien, sagte Henning Bergmann, geschäftsführender Vorstand des Verbands.
Der Verkauf von Zertifikaten läuft derzeit insgesamt rund. Die Marktführerin DekaBank steigerte ihr Neugeschäft an Privatanleger über das Netz der Sparkassen im ersten Halbjahr um rund die Hälfte auf 5,2 Mrd. Euro, die DZ Bank als zweitgrößte Zertifikateschmiede meldet einen Absatz von 4,5 Mrd. Euro und sieht sich damit nahe am Rekordwert des Vorjahres. Allerdings belastet der diesjährige Kursrutsch das Segment, so dass der Bestand aller Mitgliedsbanken des Verbands im ersten Halbjahr von 65 Mrd. Euro auf 62 Mrd. Euro nachgab.
In einer Rede auf dem Kongress warnte Bergmann davor, dass die aktuellen Kursrückgänge Kapitalmarktanleger vergraulen könnten. „Gerade jetzt brauchen wir eine moderne Investmentkultur, die den Umgang mit Risiken schult und mit Geduld und Ausdauer den Vermögensaufbau und die Vermögensanlage betreibt.“ Der Verbandsfunktionär begrüßte die Pläne der liberal geführten Bundesministerien für Finanzen und für Justiz, den Sparerfreibetrag auf 1000 Euro zu erhöhen und die steuerlichen Regeln für Wertpapieranlagen zu reformieren.
Auch appellierte Bergmann an die EU-Gesetzgeber, Hindernisse abzubauen und den EU-Finanzmarkt im internationalen Wettbewerb weiter zu stärken. Dazu gehöre die Überprüfung und Vereinfachung der bestehenden Vorgaben: Die Anlegerinformationen seien noch stärker aus Sicht der Kunden aufzubereiten und die Verständlichkeit sei höher zu gewichten. „Bei den Kostenangaben dürfen zum Beispiel Priips und Mifid nicht länger auseinanderklaffen.“
Zur kontroversen Diskussion über die Rückvergütung der Broker an Handelsplätze („Payment for Orderflow“) warnte Bergmann vor den Folgen eines etwaigen Verbots. „Es ist jetzt nicht richtig, hier mit Verboten einzugreifen. Wir warnen davor, das Kind mit dem Bade auszuschütten.“
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