Kostenkluft trennt Fondsmärkte

Während der Provisionsvertrieb die Produktkosten vielerorts treibt, setzen einige Länder auf andere Modelle

Kostenkluft trennt Fondsmärkte

An Provisionen im Fondsvertrieb scheiden sich die Geister: Sind sie Gift, weil sie einen Interessenkonflikt erzeugen und Fonds verteuern, oder notwendig, weil nur so ein flächendeckender Vertrieb garantiert werden kann? Nicht überall sind Provisionen verbreitet – als Vorbild taugen Länder ohne Provision jedoch nur bedingt.jsc Frankfurt – Das Geschäft mit Fonds für private Sparer ist international geteilt: Während die Produkte in den Niederlanden und den USA, der Schweiz und in Großbritannien oft mit laufenden Kosten unterhalb der Prozentmarke auffallen, liegen die Kosten von Publikumsfonds fast überall in der Welt in oder nahe der Spanne von 1,5 bis 2,0 %, berichtet die Analysegesellschaft Morningstar. Die deutsche Fondsbranche erreicht mit Aktienfonds mit mittleren Kosten von 1,46 % noch ein moderates Niveau, jedoch sind Mischfonds hierzulande mit 1,80 % relativ teuer. Der deutsche Markt sei wie viele andere Länder auch von laufenden Provisionen und von Ausgabeaufschlägen geprägt, kritisieren die Autoren. Die Kostenangaben gemäß EU-Regelwerk Mifid II hätten in Deutschland und anderen großen EU-Staaten bislang wenig Wirkung gezeigt.Die Niederlande und Großbritannien schneiden im Zuge eines Verbots von Provisionen im Kostenvergleich günstig ab. Denn ohne diese Komponenten speisen sich die Vertriebskosten nicht mehr aus den Fondsgebühren, die im Gegenzug sinken können. Zwar könne die Abrechnung des Vertriebsaufwands über die Fondskosten, wie es auch in Deutschland typisch ist, angemessen sein, schreibt Morningstar. Doch seien Fondsklassen, die ohne die Vertriebsprovisionen kalkuliert werden (“Clean Shares”), ein Vorteil für Anleger. Eine separate Berechnung einer Beratung vermeide einen Interessenkonflikt. Auch profitiere der Anleger dann eher von individuell zugeschnittenen Dienstleistungen. Großbritannien hat Provisionen 2013 weitgehend abgeschafft, die Niederlande sind 2014 gefolgt. In Deutschland fordern die Verbraucherzentralen ein ähnliches Modell, die Finanzbranche hält dagegen. Ein Verbot ginge aber zugleich mit zusätzlichen Kosten für die Beratung einher, solange der Anleger nicht unbegleitet Fonds einkauft. Nach verbreiteter Auffassung in der Finanzbranche könnte ein Verbot dazu führen, dass Kleinsparer kaum noch Rat erhalten. Vorbild USA? Niedrige Fondskosten müssen aber kein Ergebnis eines Provisionsverbots sein. In den USA und in der Schweiz sind Provisionen erlaubt – doch häufig zahlen Kunden direkt für Beratung. In der Schweiz gehören unabhängige Finanzberater und Privatbanken, die jeweils auch auf Fondsanteile ohne Provisionen setzen, zu den wesentlichen Vertriebskanälen. In den USA ist der Vertrieb heterogen, wie der US-Fondsverband ICI aufschlüsselt. Neben Banken gedeihen unabhängige Finanzberater, Brokerfirmen, Plattformen für Selbstentscheider und steuerlich begünstigte Altersvorsorgepläne, die beim Arbeitgeber aufgehängt sind.In beiden Ländern, den USA und der Schweiz, sind außerdem die Geldvermögen pro Kopf viel höher als in anderen Industrieländern, und auch der Anteil von Wertpapierinstrumenten ist hoch. Anleger legen viel Geld in Fonds an: In den USA hat ein Haushalt, der in Fonds investiert, dort im Mittel 150 000 Dollar deponiert, wie der US-Fondsverband ICI weiter berichtet. Kosten für eine unabhängige Beratung fallen also anteilig weniger ins Gewicht. Das prägt auch den Fondsmarkt: Zwar sehen in den USA laut Morningstar noch immer 29 % der Fonds einen Ausgabeaufschlag vor, das Segment schrumpft jedoch seit Jahren. Auch die laufenden Kosten fallen schon lange kontinuierlich ab, nicht zuletzt wegen der Konkurrenz durch ETFs.In Deutschland sind Anleger häufig nicht bereit, für eine unabhängige Beratung zu bezahlen, so dass Fondsanteile ohne Vertriebsprovisionen rar sind, wie Morningstar schreibt. Mit der Gebührenstruktur ähnelt die Bundesrepublik den meisten Ländern: Fast überall auf der Welt werden Fonds überwiegend über Banken verkauft und der Vertrieb wesentlich durch Provisionen finanziert. Besonders kritisch äußern sich die Autoren über Taiwan und Italien, wo laufende Vertriebsprovisionen und Ausgabeaufschläge stark verbreitet und laufende Kosten hoch sind. Allerdings variieren die Gebühren je nach Betrachtung: Werden Fonds hinzugezählt, die zwar nicht in dem jeweiligen Land aufgelegt wurden, dort aber zum Verkauf offenstehen, relativieren sich die Kostenunterschiede zwischen den Ländern etwas – doch der Vertrieb ist national geprägt. – Kommentar Seite 1