Kräftig Luft nach oben

In Sachen Digitalisierung hapert es in vielen Regionalbanken - Vielfach ist ein Online-Abschluss gängiger Produkte nicht möglich

Kräftig Luft nach oben

Regionalbanken im deutschsprachigen Raum haben in Sachen Digitalisierung kräftig Luft nach oben. Wie eine Erhebung von ZEB zeigt, bietet nicht einmal jedes zweite Institut für gängige Produkte einen Onlineabschluss an. Vor allem im Firmenkundengeschäft hapert es. Dabei mangelt es den Häusern nicht an Budgets.bn Frankfurt – Deutschlands Regionalbanken haben in Sachen Digitalisierung noch kräftig Luft nach oben. In einer Umfrage der Beratungsgesellschaft ZEB zeigen sich rund 160 Befragte aus größtenteils im deutschsprachigen Raum ansässigen Instituten, davon zwei Drittel Regionalbanken, zwar weitestgehend einig, dass die Covid-Pandemie der Digitalisierung einen dauerhaften Schub zu Lasten des Banking in Filialen verliehen hat.Zugleich aber bietet nicht einmal jedes zweite Institut für die gängigsten Produkte an, diese online abzuschließen. Am ehesten ist dies noch im Wertpapierverkauf möglich, welchen 49 % der Finanzinstitute digital feilbieten (siehe Grafik). Im Falle von Giro- und Sparkonten gilt dies für 47 %, beim Ratenkredit für 35 % und in der Baufinanzierung lediglich für 8 %. Dies ist gleichwohl eine deutliche Verbesserung: Vor zwei Jahren noch konnten Kunden nur in 34 % der Institute ein Girokonto online eröffnen. Corporate Banking hinten Das Retail-Geschäft ist dabei klassischerweise die Schokoladenseite der Digitalisierung. “Im Firmenkundengeschäft ergibt sich ein anderes Bild”, stellt ZEB fest. Aktuell ist ein Geschäftsgirokonto nur bei 17 % der Banken vollständig online abschlussfähig: “Bei Betriebsmittel- bzw. Investitionskrediten tendiert die Onlineabschlussfähigkeit nahezu gegen null.”Die Untersuchung zeige, dass sich viele Institute hier erst am Anfang der digitalen Transformation sehen, heißt es. Außerdem mangele es an einem ausreichenden digitalen Angebot bei Finanzprodukten und Dienstleistungen. In diesem Zusammenhang macht ZEB “eine gewisse Veränderungsresistenz” aus, was angesichts neuer Wettbewerber wie Google, Amazon oder spezialisierter Fintechs überrasche.Die Ursachen dieser Resistenz scheinen dabei weniger in einem Mangel an Geld zu liegen als vielmehr im Selbstverständnis der jeweiligen Verantwortlichen und Häuser. So nennen nur 17 % der Befragten das entsprechende Budget als größte Herausforderung im Zuge der Digitalisierungsbemühungen. Deutlich größere Probleme sehen sie im Tempo der Umsetzung sowie in der Fokussierung der Anstrengungen (siehe Grafik). Ökosysteme sind inVor diesem Hintergrund zeigen sich die Berater davon überrascht, dass zugleich zwei Drittel der befragten Finanzinstitute ihre Geschäftsmodelle bis zum Jahr 2023 über digitale Ökosysteme, vor allem Multikanal-Finanzplattformen, erweitern wollen. “Denn um dieses Potenzial zu heben, mangelt es vielfach noch an den nötigen Fähigkeiten”, lautet ihr Befund. Angestrebt würden vor allem banknahe Ökosysteme. “Aufgrund der vagen Vorstellungen, in welche Richtung solche Geschäftsmodelle zielen können, bleibt abzuwarten, ob die Institute auf diesem Gebiet das vermutete Potenzial tatsächlich realisieren werden”, erklären sie.”Die Digitalisierung bleibt für Banken in Europa ein herausforderndes Thema”, urteilt Sven Krämer, der Partner bei der Münsteraner Beratungsgesellschaft ist: “Die Vorstände strecken – bildlich gesehen – ihre Köpfe in den Himmel der digitalen Visionen, während diejenigen, die sie realisieren müssen, oft mit den Füßen in der Umsetzung steckenbleiben.”Denn wie ZEB bemängelt, werden die Beschäftigten in den Banken nach wie vor unzureichend in die Digitalisierung einbezogen. Gerade einmal 19 % der Befragten zeigten sich in der Umfrage davon überzeugt, dass ihre Führungskräfte als “Digital Leader” gelten könnten, lediglich 11 % sähen ihre Chefs dabei in einer Vorbildfunktion, heißt es. Banken vernachlässigten damit einen zentralen Erfolgsfaktor für die eigene digitale Transformation. “Die digitale Transformation fordert Veränderungen in der Unternehmensführung”, erklärt ZEB-Partner André Ehlerding. Bisherige Führungsmodelle müssten konsequenter an die Marktentwicklung angepasst werden. Ungünstige DemografieDa liegt der Schluss nahe, dass solche Defizite nicht zuletzt mit der Demografie in den Führungsetagen der Institute zusammenhängen. Die Altersstruktur der Belegschaft in Kreditinstituten gilt vielfach als ungünstig. Zugleich sind Regionalbanken für aufsteigende und oft viel umworbene Digital- und IT-Experten nicht unbedingt die erste Wahl. Sparpotenzial liegt brachMit Blick auf die praktische Umsetzung der Digitalisierung bemängelt ZEB nicht zuletzt, dass die Banken bei der Auswertung von Kundendaten ihren Fokus vor allem auf den Vertrieb legen, nicht aber auf eine Optimierung betrieblicher Prozesse – nur 16 % sähen dies als Anwendungsfall. Dabei lägen insbesondere in den Bereichen Bestandsführung, Konto und Depot, Risikosteuerung, Geschäfts- und Vertragslebenszyklus sowie Geschäftsvorfälle 60 bis 80 % der Potenziale mit direktem Effekt aufs Ergebnis. Die Hemmnisse seien vielfältig, wird berichtet. So verwendeten 88 % der Institute “keine übergreifende, systematische Kosten-Nutzen-Analyse”, wie es heißt. 40 % der Häuser fehle zugleich die technische Infrastruktur, um Data Analytics einzusetzen, und 60 % sähen wiederum in Datenschutzbestimmungen die größte Hürde.