Krankenversicherer spüren heftigen Zinsdruck
ak Bonn – Die Niedrigzinsphase setzt nach den Lebensversicherern jetzt auch die Krankenversicherer auf breiter Front stark unter Druck. 18 von 48 Gesellschaften müssen laut Finanzaufsicht BaFin ihren Rechnungszins senken. Damit stehen bei mehr als einem Drittel der privaten Krankenversicherer zusätzliche Beitragserhöhungen an.Der seit Januar amtierende oberste Versicherungsaufseher der BaFin, Felix Hufeld, sagte in Bonn, die betroffenen Unternehmen hätten bei der diesjährigen Meldung des sogenannten aktuariellen Unternehmenszinses (AUZ) den derzeitigen Rechnungszins von 3,5% nicht erreicht. Zum aggregierten Marktanteil der 18 Krankenversicherer äußerte er sich nicht. Mit der Axa ist aber mindestens eine der großen Gesellschaften dabei. Die Marktführer Debeka, DKV und Allianz hatten in der vergangenen Woche betont, mit ihrem AUZ-Wert noch nicht unter die kritische Grenze gerutscht zu sein.Mit dem AUZ-Wert schätzt die Aufsicht ab, ob die Krankenversicherer künftig in der Lage sein werden, ihre Leistungsversprechen zu erfüllen. Bisher kalkulieren nahezu alle Unternehmen der Branche in ihren Beständen – das betrifft vor allem rund 9 Millionen Vollversicherte – mit einem seit Jahrzehnten unveränderten Rechnungszins von 3,5%. In der anhaltenden Niedrigzinsphase werden viele Gesellschaften aber absehbar Probleme bekommen, mit ihren Kapitalanlagen von in Summe gut 200 Mrd. Euro diesen Zinssatz zu erreichen. Der Rechnungszins muss also sinken, wodurch die Beiträge für die Kunden steigen.Branchenkenner gehen davon aus, dass die Unternehmen, die mit ihrem AUZ-Wert unter Druck geraten sind, in aller Regel nicht weiter als bis auf 3,25% abgerutscht sind. Laut Berechnung der Debeka, die mit ihrem AUZ-Wert nach eigenen Angaben noch bei mehr als 4% liegt, würde eine Absenkung des Rechnungszinses auf 3,25% bei einem mittelalten Mann zu einer Beitragssteigerung von rund 3% führen. Bei den neuen Unisex-Tarifen hatte die Branche bereits in der Breite auf 2,75% gesenkt. Mittelfristige SicherheitBaFin-Präsidentin Elke König nannte die niedrigen Zinsen als das vordringlichste Problem der deutschen Versicherer. Die Lebensversicherer werden nach ihren Angaben auch in diesem Jahr erneut rund 5 Mrd. Euro für die Zinszusatzreserve aufbringen müssen. Sie dient als Sicherheitspuffer, damit die Unternehmen ihren hohen Garantieverpflichtungen von bis zu 4% auf Dauer nachkommen können. Trotz der präventiven Maßnahmen wagt die Aufsicht nur noch für die kurze und mittlere Sicht die Aussage, dass die Lebensversicherer ihre Leistungsversprechen erfüllen. Auf eine konkrete Anzahl von Jahren wollte sich Hufeld nicht festlegen. “Es ist ganz offensichtlich, dass auch Versicherungsunternehmen ihre Eigenmittel stärken müssen.” Das gelte für die Branche im Allgemeinen, aber für Lebensversicherer ganz besonders.Bei den Kapitalanlagen haben die Erstversicherer ihre Risiko-Assets (Aktien, Private Equity, High-Yield-Anleihen) im vergangenen Jahr leicht auf eine Quote von 11,2 (i. V. 10,6)% ausgebaut. Hufeld betonte aber, es gebe keine empirischen Hinweise, dass in signifikantem Umfang aufsichtsrechtliche Arbitrage betrieben werde und sich Bankgeschäfte wie zum Beispiel gewerbliche Immobilienfinanzierungen stark in den Versicherungssektor verlagerten.Die Aufseher kritisierten erneut die im Dezember geplatzte Neuregelung der Mitgabe von Bewertungsreserven an die Kunden. Die Entscheidung der Politik sei irrational, das Nachsehen habe das Kollektiv der Versicherten, so König und Hufeld. Auf festverzinsliche Wertpapiere hätten die deutschen Versicherer Ende 2012 rund 100 Mrd. Euro stille Reserven gebildet. Davon seien etwa 3 Mrd. Euro bei Vertragsabläufen ausgeschüttet worden.