Kreditgenossen fühlen sich gut gewappnet

BVR sieht in Coronakrise auch die Branche insgesamt solide aufgestellt - Kolak fordert vollständige Streichung des Soli zur Jahresmitte

Kreditgenossen fühlen sich gut gewappnet

Der Verband der Volks- und Raiffeisenbanken wollte am Dienstag hauptsächlich Bilanz für das Jahr 2019 ziehen. Doch die Tagesordnung wird wie überall von der Pandemie bestimmt, die auch an sich wichtige Regulierungs- und andere Themen verdrängt. Derweil stehen alle Prognosen für 2020 unter Corona-Vorbehalt. ski Frankfurt – “Die gesamte Bankenlandschaft in Deutschland ist solide aufgestellt.” Das versicherte die Präsidentin des Volks- und Raiffeisenbankenverbandes BVR, Marija Kolak, in der erstmals nur als Webcast veranstalteten Jahrespressekonferenz vor dem Hintergrund der Coronakrise auch für die anderen Säulen der Branche. Der BVR ist in diesem Jahr Federführer der Deutschen Kreditwirtschaft (DK). Für die genossenschaftlichen Banken selbst betonten Kolak und BVR-Vorstand Gerhard Hofmann, die deutschen Kreditgenossen seien eine der ertrags- und kapitalstärksten Bankengruppen in Europa und verfügten nicht nur über ein sehr gutes Präventionssystem und eine gut gefüllte Sicherungsreserve, sondern die Banken hätten in den vergangenen Jahren auch hohe eigene Risikopuffer aufgebaut.Es gebe derzeit keine Anzeichen dafür, dass die Coronakrise unter den nach 34 Fusionen im vorigen Jahr jetzt noch 841 Volks- und Raiffeisenbanken, Sparda-Banken, PSD Banken und genossenschaftlichen Spezialinstituten zu Stützungsfällen führen werde. “Im Moment sehe ich keine akute Gefahr”, sagte Hofmann. Dies setze freilich – wie in den anderen Säulen des Gewerbes – voraus, dass die Gesundheitskrise nicht in eine lange andauernde allgemeine Wirtschaftskrise übergehe. Für die im Zuge der Coronakrise drohenden Kreditausfälle sieht Kolak ihre Gruppe angesichts der vorhandenen Kapital- und Liquiditätsausstattung (vgl. unten stehenden Bericht) “gut gewappnet”. Der Risikovorsorgebedarf dürfte in diesem Jahr zwar signifikant zulegen, sagte Hofmann. Die nahezu zehn Jahre währende Phase mit sehr niedrigen Wertberichtigungen oder sogar Auflösungen sei “jetzt unterbrochen, vielleicht auch vorbei”, doch sollten die auf die Gruppe zukommenden Belastungen aus den Erträgen zu bewältigen sein. Stresstest gut bestandenZur Einschätzung der Gefährdungslage der Genossenschaftsbanken aufgrund der Pandemie verwies die BVR-Präsidentin auf den Stresstest der deutschen Bankenaufsicht bei den kleinen und mittelgroßen Banken im vorigen Jahr, der eine massive Wirtschaftseintrübung vorgesehen habe und von den Genossenschaftsbanken “gut bestanden” worden sei. Sie räumte aber ein, dass die konkreten Corona-Folgen aktuell nur sehr schwer abzusehen seien.Ihren Firmenkunden wollen die Volks- und Raiffeisenbanken nach den Worten Kolaks in der Krise “mit aller Kraft als verlässlicher Partner und Finanzierer zur Seite stehen”. Die genossenschaftliche Finanzgruppe werde ihren Beitrag zur Bewältigung dieser Krise leisten. Den von der Bundesregierung angekündigten Schutzschild – darunter die Ausweitung der KfW-Förderprogramme – begrüßte Kolak als das richtige Signal zur richtigen Zeit. Dieser Schutzschild müsse allerdings gerade auch mit Blick auf die Liquiditätssituation besonders betroffener mittelständischer Unternehmen und Selbständiger ausgebaut werden. “Ferner sollte sich die Bundesregierung nun einen Ruck geben und den Solidaritätszuschlag zur Jahresmitte vollständig streichen. Über neue Steuern nachzudenken, verbietet sich in dieser Situation”, so Kolak auch unter Hinweis auf die geplante Finanztransaktionssteuer. Es sei ohnehin “ein verheerendes Signal für die Altersvorsorge im Niedrigzinsumfeld, das Wertpapiersparen durch eine Steuer unattraktiver zu machen”. “Finanzielles Virus”Der BVR hält die Entscheidung der EZB für richtig, die gezielten Refinanzierungsgeschäfte auszubauen und die Konditionen noch attraktiver zu gestalten, um den Liquiditätszugang für unmittelbar von der Coronakrise belastete Unternehmen zu verbessern. Eine “weise Entscheidung” sei der Verzicht auf eine weitere Senkung des Einlagenzinses gewesen, gingen von einer noch extremeren Zinspolitik in Europa doch kaum konjunkturelle Impulse aus.In der Coronakrise sieht der BVR ein weiteres Argument gegen eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in Europa (Edis). Italien sei besonders von der Krise betroffen, und “das finanzielle Virus” dürfe nicht auf andere Länder überspringen, so Hofmann. Staatsschulden und Problemkredite würden in manchen Ländern steigen, die Schere der Risikoentwicklung gehe weiter auf. Kolak zufolge ist eine risikogerechte Eigenkapitalunterlegung von Staatsanleihen auf absehbare Zeit nicht möglich. Der Abbau fauler Kredite in den Bankbilanzen einzelner Länder sei unabhängig von der Pandemie völlig unzureichend. Edis würde die Stabilität des Mittelstandes und der Wirtschaft zusätzlich gefährden.Zum ersten Mal seit mindestens 50 Jahren sank die Mitgliederzahl der Genossenschaftsbanken: um gut 15 000 auf 18,5 Millionen. Die Kundenzahl wird mit über 30 Millionen angegeben. Beschäftigt werden laut BVR 140 000 Leute, 2 400 weniger.