Kreditgenossen starten Offensive

Zusätzliche Investitionen von 500 Mill. Euro für Digitalisierung mit großer Mehrheit beschlossen

Kreditgenossen starten Offensive

Für den anstrengenden Marsch in das Banking der Zukunft nehmen die Volks- und Raiffeisenbanken richtig Geld in die Hand. Auf ihrer Mitgliederversammlung in Berlin beschloss die Gruppe am Freitag eine “Digitalisierungsoffensive”. Auf die Kreditgenossenschaften kommen damit entsprechend hohe Aufwendungen zu. Von Bernd Wittkowski, Frankfurt”Wir haben heute eine wichtige Investitionsentscheidung für den Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit unserer erfolgreichen genossenschaftlichen Finanzgruppe getroffen, die den Privat- und Firmenkunden der Genossenschaftsbanken einen echten Mehrwert bieten wird.” Das sagte die Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Marija Kolak, am Freitag nach der Mitgliederversammlung. Diese gab den Startschuss für weitere Investitionen in die Informationstechnologie in dreistelliger Millionenhöhe. Die “Digitalisierungsoffensive” wurde mit der großen Mehrheit von 93,5 % der Mitglieder beschlossen, womit Kolak, die den Verband seit Jahresbeginn führt, auch für sich persönlich einen ersten großen Erfolg bei einem zukunftsweisenden Strategiethema verbuchen konnte. Angesichts der auf die Mitgliedsinstitute in ohnehin herausfordernden Zeiten mit Null- und Negativzinsen sowie ausuferndem Regulierungsaufwand zukommenden Mehrbelastung war die Entscheidung keineswegs ein Selbstläufer. Mancherorts war in den vergangenen Monaten durchaus ein Murren zu vernehmen gewesen. Schließlich ist den Instituten bei der Fusion zum einheitlichen IT-Dienstleister Fiducia & GAD 2015 in Aussicht gestellt worden, dass nach der bis 2019 laufenden Integrations- und Migrationsphase jährliche Synergien von mindestens 125 Mill. Euro gehoben werden – mit der Folge entsprechender Entlastungen bei den IT-Kosten. Auch die DZ Bank powertKonkret wurden nun zusätzliche Investitionen bei der Fiducia & GAD IT von rund 500 Mill. Euro beschlossen. Dem Vernehmen nach müssen die gut 900 Ortsbanken davon bis 2022 rund 300 Mill. Euro schultern, den Rest soll die Fiducia & GAD aus eigener Kraft leisten; dort stehen die Gremienbeschlüsse noch aus. Laut BVR-Angaben kommen “entsprechende Investitionen” der Gruppe um das Spitzeninstitut DZ Bank hinzu. DZ Bank-Chef Wolfgang Kirsch hatte jüngst auf der Hauptversammlung berichtet, seine Gruppe engagiere sich in weit mehr als 100 Initiativen und Projekten und wende allein in diesem Jahr rund 180 Mill. Euro für Innovations- und Digitalisierungsaktivitäten auf. Dadurch entwickele man zunehmend Schlagkraft.Kolak sprach vor wenigen Tagen im Interview der Börsen-Zeitung von einer “temporären Preiserhöhung” für die Kreditgenossen aufgrund der notwendigen IT-Zukunftsinvestitionen. Die Höhe der versprochenen Synergien ab 2020 und die damit verbundenen Kostenentlastungen bestätigte sie (vgl. BZ vom 20. Juni). Mit den nun beschlossenen Investitionen wollen die Genossenschaftsbanken, wie es in der BVR-Mitteilung weiter heißt, ihr Omnikanalmodell weiterentwickeln und für ihre Mitglieder und Kunden alle Zugangswege stärker integriert anbieten – von der Filiale über das Servicecenter bis zum Smartphone. Auf der Basis einer neuen Omnikanal-Vertriebsplattform, die einer modular aufgebauten IT-Architektur folge, würden Lösungen entwickelt, die es den Nutzern ermöglichen sollen, den von ihnen präferierten Kanal noch flexibler selbst zu wählen und jederzeit wechseln zu können. “Services, genossenschaftliche Beratung und Produktabschluss sollen auf allen Kanälen medienbruchfrei angeboten werden.” Durch die Nutzung von Schnittstellen könnten bestehende Lösungen künftig einfacher angebunden und Innovationen im digitalen Banking schneller realisiert werden.”Unser Ziel ist es, die selbständige Genossenschaftsbank vor Ort als Finanzplattform für ihre Mitglieder und Kunden auch im Zeitalter der Digitalisierung fest zu verankern”, sagte Kolak. Die Filialen, deren Zahl allerdings parallel zur sinkenden Kundenfrequenz deutlich abnimmt (vgl. Grafik), sollen ungeachtet der fortschreitenden Digitalisierung ein wichtiger Anker des Geschäftsmodells der Kreditgenossen bleiben, hatte sie im Interview gesagt.