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Kredit­versicherer erwarten Anstieg der Ausfälle

Die Spezialversicherer für Zahlungsausfälle in der Wirtschaft musste 2022 deutlich mehr Schäden regulieren. Höhere Zahlungsausfälle seien aber für die Anbieter beherrschbar.

Kredit­versicherer erwarten Anstieg der Ausfälle

wbr Frankfurt

Die spezialisierten Kreditversicherer haben im laufenden Jahr deutlich höhere Leistungen zahlen müssen als 2021. Nach einer Hochrechnung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) dürften sich die Leistungen in den Bereichen Warenkredit-, Kautions- und Vertrauensschadenversicherung bis zum Jahresende auf 924 Mill. Euro summieren, was einem Anstieg von 45% entspricht. Davon entfallen auf Warenkredit- und Kautionsversicherer Schäden in Höhe von fast 700 Mill. Euro. Die Ausfälle basieren nach Einschätzung des GDV dabei nicht auf spektakulären Fällen, sondern treten vielmehr auf breiter Front auf.

Die bisherige Steigerung der Schäden sei noch kein Grund zur Sorge, sagte Thomas Langen, Vorsitzende der Kommission Kreditversicherung im GDV, am Dienstag in einem Online-Pressegespräch des Verbandes. Er befürchtet aber, dass die Entwicklung im laufenden Jahr eine Trendumkehr darstelle. Die Krise könnte dazu führen, dass das Wachstum in Deutschland zurückgehe und die Zahlungsmoral sinke.

„In Teilen der Wirtschaft deutet sich ein regelrechter Überlebenskampf entlang der Lieferketten an“, sagte Langen. Erhöhte Ausfallrisiken sehen die Kreditversicherer demnach in nahezu allen Branchen. Energieintensive Industrien wie Stahl oder Chemie seien direkt von steigenden Preisen für Öl und Gas betroffen. Gleichzeitig schlage die Inflation auf die Konsumlaune und die höheren Zinsen schaden der Baukonjunktur: „In Zukunft werden sich viele Bauunternehmen nach neuen Aufgaben umsehen müssen.“ Allerdings leide nicht die gesamte Branche, sondern bestimmte Unternehmen je nach Geschäftsmodell. Der genaue Blick auf das einzelne Unternehmen sei im Hinblick auf das Thema Kreditversicherung nötig. Generell sei Situation 2022 zwar schwierig, aber nicht vergleichbar mit der Coronapandemie, sagte Langen. Heute seien die Risiken ebenfalls vielfältig und komplex, aber beherrschbar. Die Kreditversicherer hatten 2020 einen Großteil ihrer Beitragseinnahmen an den Staat abgetreten, der dafür 90 % der Ausfallrisiken übernahm. Die Bundesregierung wollte damit vermeiden, dass die Kreditversicherer in Sorge vor einer Insolvenzwelle Deckungszusagen kürzten.

In dem aktuellen Umfeld erreicht die Deckungssumme der deutschen Kreditversicherer mit 588 Mrd. Euro einen neuen Rekord. „Nach Schätzungen des GDV decken die Limite der Kreditversicherer unter anderem rund ein Sechstel der deutschen Ausfuhren und tragen damit auch wesentlich zur Sicherheit der deutschen Exportwirtschaft bei“, so die stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin Anja Käfer-Rohrbach. Für das kommende Jahr erwarten die Kreditversicherer ein Wachstum von 15 bis 20% bei den Insolvenzen. Dann würde die Zahl von 2022 rund 14 000 auf bis zu 16 800 2023 Insolvenzen steigen. Das sei allerdings keine Insolvenzwelle, sondern eine Normalisierung nach Jahren mit besonders wenigen Insolvenzen.

„Der von uns prognostizierte Anstieg ist kein Horrorszenario, sondern natürlicher und notwendiger Bestandteil einer funktionierenden Wirtschaft“, so Langen, der im Hauptberuf bei Atradius Kreditversicherung das Geschäft in Deutschland, Mittel- und Osteuropa verantwortet. Marktführer für Kreditversicherung ist Allianz Trade (vormals Euler Hermes). Zur Entwicklung der Prämien angesichts steigender Schäden wollte Langen als GDV-Vertreter keine Angaben machen. Für das laufende Jahr kalkuliert der Verband damit, dass sie Beitragseinnahmen (plus 9,5%) in ähnlicher Größenordnung steigen wie die Deckungssumme (plus 11%).