Kampagne gegen Betrug

Kriselnder US-Gewerbeimmobilienmarkt vor härteren Kreditstandards

Die Verwerfungen am US-Gewerbeimmobilienmarkt fördern betrügerische Praktiken von Hypothekenbrokern zutage. Die Ankerinstitute Fannie Mae und Freddie Mac wollen dagegen nun strenger vorgehen – doch neue Turbulenzen drohen.

Kriselnder US-Gewerbeimmobilienmarkt vor härteren Kreditstandards

US-Immobilienmarkt vor härteren Kreditstandards

Hypothekenbanken wollen in Gewerbe-Krise stärker durchgreifen – Breitere regulatorische Kampagne gegen Betrug

xaw New York

Auf den schwer gebeutelten US-Gewerbeimmobilienmarkt rollen deutlich härtere Regeln für die Kreditvergabe zu. So bereiten die staatlichen Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac laut Insidern neue Regeln vor, die Teil einer breiteren Kampagne gegen Betrug in dem kriselnden Segment werden sollen. Unter Marktteilnehmern geht nun die Befürchtung um, dass die in einem schwierigen Zinsumfeld bereits stark abgebröckelte Deal-Aktivität noch heftiger einbrechen könnte.

Strengere Prüfungen

Demnach müssten Kreditinstitute die Finanzinformationen von Darlehensnehmern im Markt für Wohnkomplexe, die in den USA als Gewerbeimmobilien klassifiziert werden, detaillierter unabhängig prüfen lassen. Zudem sollen strengere Vorgaben dafür sorgen, dass Banken die Liquidität von Schuldnern genauer feststellen und ihre sonstigen Finanzierungsquellen verifizieren müssen. Auch eine Due Diligence der Kreditgeber zu Immobilienbewertungen könnte künftig verpflichtend werden.

Aktuell gelten im Gewerbeimmobilienmarkt deutlich entspanntere Regeln. Kreditgeber besitzen Anreize dafür, vorgelegten Finanzinformationen zu trauen, statt teure und aufwendige Prüfungen zu veranlassen oder während bürokratischer Prozesse ungeduldige Kunden zu verlieren. Doch die Verwerfungen im Gewerbesegment, die infolge der Zusammenbrüche mehrerer US-Regionalbanken im vergangenen Jahr Schockwellen durch die internationalen Finanzmärkte sandten, zwingen Fannie Mae und Freddie Mac als Ankerinstitute nun offenbar zum Handeln.

Gewaltiger Refinanzierungsbedarf

Hintergrund der Krise ist ein Zusammenspiel aus strukturellen Problemen und der restriktiven Geldpolitik. So sorgt der Bauboom des vorangegangenen Jahrzehnts in Metropolen für ein Überangebot an Gewerbeflächen, während der Homeoffice-Trend einen hohen Leerstand in Bürogebäuden nach sich zieht. Zugleich müssen in den USA laut dem Datendienst Trepp bis Ende 2028 Gewerbeimmobilienkredite im Volumen von mehr als 2,8 Bill. Dollar refinanziert werden.

Die Volumina drohen den Markt zu überfordern, die Immobilienbewertungen stehen bereits schwer unter Druck. Analysten warnen vor steigenden Zahlungsausfällen. Diese sind am Markt für hypothekenbesicherte Wertpapiere bereits Realität: Die Default-Quote im gesamten Gewerbesegment lag laut Trepp im Juli bei 5,4%, Anfang 2023 hatte sie sich noch auf unter 3% belaufen. Am Büromarkt ist die Ausfallrate im gleichen Zeitraum von 1,9% auf 8,1% in die Höhe geschossen und hat damit den höchsten Stand seit November 2013 erreicht.

Bann gegen Hypothekenbroker

Die Krise hat laut US-Bundesermittlern zudem zahlreiche Betrugsfälle zutage gefördert, bei denen Banken Kredite auf Basis gefälschter Finanzinformationen ausstellten. So haben Fannie Mae und Freddie Mac einen effektiven Bann gegen den Hypothekenbroker Meridian Capital verhängt – vorausgegangen waren Vorwürfe, dass die Firma Finanzinformationen von Kunden geschönt hatte, um größere Kreditvolumina anzapfen zu können.

Bei den von Fannie Mae und Freddie Mac angepeilten Standards, über die das „Wall Street Journal“ zuerst berichtet hatte, handelt es sich um vorläufige Pläne. Weder die beiden Institute noch ihr Regulator, die Federal Housing Finance Agency, äußern sich bisher zu den kolportierten Regeländerungen. Setzen die staatlichen Hypothekenbanken sie allerdings um, müsste sich der Markt mit einigen der tiefgreifendsten Veränderungen in der Überwachung von Gewerbeimmobilienkrediten in der jüngeren amerikanischen Geschichte auseinandersetzen – und dies möglicherweise schon in diesem Sommer.

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