Krypto-Investoren positiv gestimmt
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Das Investitionsklima im hiesigen Retail-Kryptosektor hat sich trotz gedämpfter Kursentwicklungen in den ersten Monaten des laufenden Jahres positiv entwickelt. Das ist ein zentrales Ergebnis des am Dienstag vorgelegten „Coinbase Crypto Report Europe“ für das erste Halbjahr 2022. Nur 11% der mehr als 6000 Befragten gaben im Februar an, dass sie ihre Bestände reduzieren wollen – wobei der Januar mit Kursrückgängen auf breiter Basis verlief, was die Stimmung für den Sektor drückte. Eine Mehrheit von 56% der Krypto-Asset-Besitzer in Deutschland und fünf weiteren europäischen Ländern erklärten, ihre Bestände erhöhen zu wollen. 33% der Befragten planen, ihre Bestände zu halten.
Der erstmalig veröffentlichte Coinbase Crypto Sentiment Index (CCSI) signalisiert deshalb auch mit 123 Punkten (Basiswert: 100 Punkte) ein grundsätzlich positives Klima im Krypto-Asset-Markt. Coinbase ist Sponsor des Reports, die Daten werden von Intas Tech erhoben und aufbereitet, ein Joint Venture der Frankfurt School of Finance & Management mit der Strategieberatung Plutoneo.
Token-Konzepte verstehen
Dabei zeigt sich, dass vor allem fehlende Markt- und Analysedaten ein Hindernis für ein Investment in Krypto-Assets sind. Es bestehen also noch Lücken in der Finanzbildung, um investmentrelevante Informationen bereitzustellen. Dabei ginge es dann zum Beispiel um eine Analyse der Token-Ökonomie von Coins, um ein Verständnis für die Chancen und Risiken einer Kryptowährung aufzubauen. Coinbase-Deutschlandchef Sascha Rangoonwala erklärt: „Die Krypto-Industrie ist weiterhin in der Verantwortung, Krypto-Assets besser zu erklären und die Hürden für Investoren in unterschiedlichen Bereichen zu minimieren.“
Mitunter folgen private Investoren gerne aktuellen Trends, wie den sogenannten Memecoins: Dogecoin und Shiba Inu rangieren mit immerhin 24% und 18% auf Platz vier und fünf bei den beliebtesten Kryptowährungen in den Wallets der Nutzer – wobei Shiba Inu Cardano aus den Top Fünf verdrängte. Elon Musk gilt als Dogecoin-Unterstützer, wobei die Kryptowährung ihre Weiterentwicklung mit Hilfe einer Stiftung auf einen verlässlichen Pfad bringen will. Bitcoin wird als Spitzenreiter von 69% der Befragten gehalten, Ethereum kommt auf 45% und Binance Coin auf 25%. Ethereum gewinnt an Beliebtheit, da viele Nutzer die laufende Umstellung auf Proof of Stake unterstützen mit der damit verbundenen Reduzierung des Stromverbrauchs im Mining.
Chance für Banken
Ein weiteres Hindernis für Krypto-Investments sind Sicherheitsbedenken, die 23% der Befragten von einer Anlage abhalten. Das könnte eine Chance für die traditionelle Finanzindustrie sein, die sich schrittweise für solche Angebote öffnet und bei den Anlegern mit einem gewissen Vertrauensvorschuss punkten könnte, hat sie doch Erfahrung in der sicheren Wertpapierverwahrung. So hat die Commerzbank kürzlich eine Kryptoverwahrlizenz beantragt, erste Volksbanken offerieren Kryptohandel in Verbindung mit Cold-Storage-Lösungen. Und sobald die DWP Bank als zentraler Wertpapierdienstleister der Verbünde die Funktionen eines Bitcoin-Kontos fertiggestellt hat, kann eine Vielzahl an Primärinstituten ihren Privatkunden den Zugang zu Bitcoin herstellen. Auf Verbandsebene wollen die Sparkassen bis zur Mitte des Jahres festlegen, ob es eine gruppenweite Unterstützung für Bitcoin-Angebote über Verbundunternehmen geben soll.
Die Palette der geplanten Investment-Aktivitäten der Befragten mit bestehendem Wallet-Vermögen ist breit und umfasst auch Nischenaktivitäten wie Auslandszahlungen, Kreditsicherheiten und den Erwerb von NFTs (siehe Grafik). Interessant an den demografischen Daten ist, dass Frauen mittlerweile für 30% der Krypto-Asset-Besitzer stehen – das ist zwar erst auf Augenhöhe mit der Quote in der traditionellen Finanzindustrie, aber es wird stetig mehr gegenüber den Vorjahren. Das Gros der Krypto-Investoren kommt aus der Altersklasse 18 bis 39 Jahre.