Kunden auch künftig das Leben erleichtern

Bayerische Sparkassen als Drehscheibe in die Welt - Megatrend Platformification

Kunden auch künftig das Leben erleichtern

Wer heutzutage eine Bankfiliale betritt, trifft kaum noch auf Kunden, die alltägliche Finanzgeschäfte erledigen. In der Regel sind es eher Termine für Spezialberatungen, die Kunden persönlich in die Filiale führen. Tägliches Bankgeschäft wird online oder mobil erledigt. Für die Verbraucher sind Erledigungen und Einkäufe auf digitalen Plattformen längst vertraut geworden. Sie shoppen regelmäßig bei Amazon oder Ebay, kennen die Vorteile, schätzen die Bequemlichkeit und wünschen den gleichen Komfort auch für andere Dienstleistungen. Der Trend zur Digitalisierung von Einkäufen und Besorgungen setzt sich damit konsequent fort ins persönliche Banking. Vernetzte WeltenDie Anforderungen der Konsumenten verändern sich allerdings rasant. Digitale Anlaufpunkte allein gelten nicht mehr als zeitgemäß. Entscheidend wird immer mehr die Einbettung in ein digitales Ökosystem, das es erleichtert, verschiedene zusammenhängende Vorhaben verknüpft zu erledigen. Für Kreditinstitute heißt das im ersten Schritt, dass zunächst die Bündelung aller Konten am gleichen Ort von zentraler Bedeutung ist.Ob Girokonto, Kreditkarte, Bausparkassenvertrag oder Online-Bezahlverfahren – alles muss zusammen sichtbar sein. Bereits im nächsten Gedankenschritt entsteht allerdings schon der Wunsch nach einer Verknüpfung mit Möglichkeiten, die einen komfortablen Weg zu weiteren Besorgungen eröffnet – und damit aus dem Kosmos der Sparkasse hinaus. Sparkassen brauchen daher einen neuen, zentralen Ort, über den sie nicht nur ihre Produkte und Dienstleistungen vorstellen und erklären können, sondern auch die Tür zu Angeboten anderer Dienstleister aufstoßen. Bankeigene Angebote werden dabei abgerundet durch den Zugang zu dritten Dienstleistern. Eine solche Plattform wird angenommen, wenn sie den Kunden Auswahl, Mehrwert und Vertrauenswürdigkeit bietet. Auf dieser Basis kann das Verhältnis zwischen Banken und Kunden auch im digitalen Zeitalter neu gedeihen.Ein Blick auf andere Branchen zeigt, dass sich der Wandel in Richtung Plattformökonomie, die “Platformification”, mit hoher Geschwindigkeit durchsetzt. So verkaufen etwa Fluggesellschaften heute viele Flüge nicht mehr direkt, sondern häufig über spezielle Fremd-Plattformen. Auch wenn die Bundesbürger ihr Verhalten in puncto Finanzgeschäfte nur langsam ändern, verläuft die Entwicklung zur Plattformwirtschaft auch in der Finanzbranche zügig. Es gilt deshalb, jetzt strategische Grundsatzentscheidungen zu treffen, damit sich Finanzinstitute als Betreiber und aktiver Gestalter der Plattformen an der Kundenschnittstelle positionieren können und nicht in die Rolle als reine Produktlieferanten fallen.Es geht darum, die Kundenbeziehung als Dreh- und Angelpunkt für alle weiteren Aktivitäten zu etablieren und verschiedene Erlebniswelten der Kunden miteinander zu verbinden. Nicht Online-Banking und breite Informationen zu Finanz- und Versicherungsprodukten allein, sondern die Verbindung und der Durchgriff zu weiteren Dienstleistern schaffen den Mehrwert für Kunden. Die Vernetzungen zu erkennen und Wege zu schaffen von einem zum anderen Bedürfnis – das tun auch die großen amerikanischen oder chinesischen Plattformanbieter.Die Sparkassen sind dabei, diese Gedanken auf ihre Welt zu übertragen. Schon heute gibt es Sparkassen, die zum Beispiel die Immobilienfinanzierung mit der Vermittlung von passenden Objekten, im Geschäftsgebiet ansässigen Notaren, Architekten und Handwerkern kombiniert anbieten. Immer mehr Kunden wünschen sich über ihr Banking, ob online oder offline, hinaus weitere Dienstleistungen, ob aus dem Finanz- und Versicherungsbereich oder jenseits davon auch aus anderen Lebensbereichen. Das können Übersichten und Durchgriffsmöglichkeiten zu Verträgen und laufenden Kosten, zum Beispiel für Strom, Telefon oder Gas sein.Erstellen können Banken solche Übersichten seit Januar 2018 einfacher denn je: Im Rahmen der Payment Services Directive 2 (PSD2) greifen sie dabei – das Einverständnis des Kontoinhabers vorausgesetzt – auf sämtliche Kontobewegungen zu, um entsprechende Abbuchungen zu identifizieren.Ein weiterer Weg, die Lebenswelten miteinander zu verbinden, können Identifikationsdienste sein. Es geht darum, Daten aus einer bereits genutzten Anwendung, wie etwa das Sparkassen-Online-Banking, an ein anderes digitales Angebot weiterzugeben, um den Nutzern redundante Eingaben persönlicher Angaben zu ersparen und diese gleichzeitig zu verifizieren. Die Sparkassen werden sich daher auch öffnen, um ihre Daten mit anderen Anbietern zu teilen, wenn ihre Kunden das wünschen. Sie erweitern ihr Angebot deshalb um den Identitäts- und Authentifizierungsdienst “YES”.Im Fokus stehen derzeit Legitimationsdaten: Kunden können sich damit im Internet durch ihre Online-Banking-Daten identifizieren, ohne diese an den Anbieter übertragen zu müssen. Die Sparkasse garantiert die Identität für das anstehende Geschäft. Damit entsteht eine neuartige Win-win-Situation: Der Kunde weiß seine Daten bei der Sparkasse in Sicherheit und spart sich die Zeit zur Neueingabe, und der Händler kann auf die Garantie der Sparkasse vertrauen. Vorausschauend erkennenEine weitere Option besteht in der “Offline”-Kombination von Bankdienstleistungen mit regionalen Angeboten. Ob es darum geht, lokale Steuerberater zu vermitteln oder den Weg für die Organisation von Kinderbetreuung oder Senioren-Service zu ebnen – die Ausbaumöglichkeiten dürfen kreativ weitergedacht werden. Es gilt jetzt, solche Angebote in viele andere Richtungen auszubauen. Dabei geht es immer darum, reale Kundenbedürfnisse vorausschauend zu erkennen und den Weg auch über den Tellerrand der Finanzwelt hinaus zu ebnen. Die Sparkasse kann sich zur Drehscheibe zwischen den Lebensbereichen ihrer Kunden entwickeln. Die Kundennähe der Sparkassen in ihrer Heimatregion bleibt so auf allen Ebenen auch weiterhin ihr Wesenskern.Die Plattformökonomie schickt sich an, die Finanzbranche zu revolutionieren. Die Digitalisierung und neue Geschäftsmodelle ermöglichen es heute zunehmend, die Kundenschnittstelle von den etablierten Finanzinstituten zu Fintechs und Technologieunternehmen zu verschieben. Auch regionale Kreditinstitute können von der technischen Entwicklung profitieren, wenn sie sich der Vernetzung öffnen. Es gilt also jetzt, bewährte Positionierungen neu zu denken. Die Sparkassen sind bereits auf dem Weg, regional und digital zu verbinden, damit sie ihren Kunden auch in Zukunft ihr Leben erleichtern.—-Ulrich Netzer, Präsident des Sparkassenverbandes Bayern