Streit

Kurze Leine für Indexanbieter

Im Streit über die Preise von Marktdaten greift die Fonds- und Wertpapierbranche die Anbieter von Benchmarks an. Die Verbände Efama und ICSA sehen eine unverhältnismäßig starke Marktmacht und auch die Regulierer in der Pflicht.

Kurze Leine für Indexanbieter

jsc Frankfurt

Europas Fondsbranche unternimmt einen neuen Anlauf gegen die aus ihrer Sicht hohe Marktmacht von Datenanbietern: Informationen zu Indizes und Benchmarks werden demnach oft von natürlichen Monopolen und von Oligopolen angeboten, etwa von Börsen und Ratingagenturen, aber auch von nachgelagerten Indexschmieden mit führender Marktstellung, wie der europäische Fondsverband Efama mit dem internationalen Wertpapierdachverband ICSA in einem Memo zu den Kosten von Benchmark-Daten festhält. Die Verbände fordern mehr Transparenz und „adäquate Schritte“ der Regulierer.

Wie bei Marktdaten häufig üblich, sind Fondsgesellschaften und andere Wertpapierhäuser oder Banken auf Informationen angewiesen, die mitunter nur von wenigen Akteuren bereitgestellt werden. Die Preise seien in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, zudem führe ein zunehmendes Dickicht an Lizenzsystemen leicht zu höheren Kosten und erschwere den Anbietervergleich, schreiben die Verbände. Nachdem die Efama und ICSA bereits vor einem Jahr in einem Memo eine Marktmacht der Börsen und Handelsplätze kritisiert haben, zielen sie diesmal auch auf die Indexanbieter. Die drei Dickschiffe MSCI, S&P Dow Jones Indices und FTSE Russell teilen sich laut Bericht mehr als zwei Drittel des Marktes. Benchmarks und Indizes sind insbesondere für börsengehandelte Fonds relevant und dienen als Vergleichsmaßstab in der aktiven Vermögensverwaltung.

Eine hohe Marktmacht führe womöglich zu hohen Preisen, die am Ende von den Anlegern getragen werden müssten, argumentiert der Bericht unter Verweis auf eine Untersuchung der britischen Finanzaufsicht FCA. Weitere Indexschmieden sind etwa der Datenriese Bloomberg oder auf ESG-Daten spezialisierte Häuser. In Deutschland habe die Indexschmiede Solactive von niedrigem Niveau aus deutlich zugelegt, führt der Bericht weiter aus. Die Kosten für die Indexnutzung können nach Darstellung eines Marktteilnehmers einige Basispunkte ausmachen.

Indexanbieter bestreiten jedoch, in einer unverhältnismäßig starken Position zu sein. Es gebe etliche zugelassene Benchmark-Anbieter und nur wenige Barrieren für einen Markteintritt, teilt S&P Dow Jones Indices mit, die zum Rating- und Finanzdatenkonzern S&P Global gehört. Der Wettbewerbsdruck sei hoch, das Angebot vielfältig. Die deutsche Indexschmiede Solactive sieht sich derweil selbst einer hohen Preisgestaltungsmacht der Börsen ausgesetzt, auf deren Daten sie angewiesen ist. Das Unternehmen nimmt für sich in Anspruch, Indizes vergleichsweise günstig anzubieten. Der US-Indexriese MSCI sowie die zur Londoner Börse gehörende FTSE Russell lehnten einen Kommentar ab.

Die Deutsche Börse, die neben der Aufbereitung von Marktdaten auch hinter Indizes wie der Dax- und die Stoxx-Familie steht, bestreitet auf Nachfrage ein Marktversagen und nimmt ein „faires und vielfältiges Ökosystem für Datenlizenzierung“ für sich in Anspruch. „Börsen produzieren wertvolle Daten, und Börsen haben diese Marktdaten demokratisiert“, schreibt das Unternehmen.

ESMA fordert gute Praxis ein

Mit ihren Forderungen folgen die Efama und ICSA auf die EU-Wertpapieraufsicht ESMA, die Anfang Juni neue Leitlinien zur Auslegung des Regelwerks Mifid II und der zugehörigen Marktverordnung Mifir veröffentlicht hat. Datenanbieter sollen demnach zum Beispiel ihre Kriterien für ihr Preissystem präzise offenlegen, den eigenen Aufwand der Dienstleistung nachvollziehbar darstellen und die Nutzung der Daten jedem Kunden möglichst nur einmal in Rechnung stellen. Die Leitlinien treten Anfang 2022 in Kraft.

Efama und ICSA fordern, dass die erhobenen Gebühren die tatsächlichen zusätzlichen Kosten der Datenanbieter spiegeln sollten. Die Ge­winnmarge müsse sich dabei in einem „angemessenen“ Rahmen bewegen. Hinter dem Bericht steht auch der deutsche Fondsverband BVI, der das Dokument nach eigenen Angaben wesentlich mitgestaltet hat.

Wertberichtigt Seite 6