Licht am Ende des Tunnels
Nach einem weiteren bewegten Jahr stellt sich die Frage: Wie ist der Ausblick für die globale Wirtschaft und für die Versicherungsbranche? Aus derzeitiger Sicht bleibt das Jahr 2023 zunächst schwierig. Doch es zeichnen sich auch positivere Entwicklungen ab. Insgesamt werden voraussichtlich drei grundlegende Aspekte das Geschehen deutlich prägen.
Rezession, keine Stagflation
1. Die Rezession kommt – aber keine Stagflation wie in den 1970er Jahren.
Das Swiss Re Institute (SRI) erwartet in den nächsten 12 bis 18 Monaten inflationäre Rezessionen in bedeutenden Volkswirtschaften wie Europa und den USA. Für die Industrienationen prognostizieren sie nur 0,4% reales BIP-Wachstum im Jahr 2023. Das ist bei Ausschluss der globalen Finanzkrise und der Coronakrise der niedrigste Wert seit den 1980er Jahren. Trotz etwas besserer Aussichten für Schwellenländer (2,8% Wachstum im Jahr 2023, China ausgenommen) dürften sich damit Merkmale einer Rezession abzeichnen.
Damit einher geht die Erwartung weiterer Leitzinserhöhungen zur Bekämpfung der Inflation. Voraussichtlich wird die Inflationsrate des Verbraucherpreisindexes (CPI) weltweit im kommenden Jahr mit durchschnittlich 5,4% über den historischen Trends liegen und dann im Jahr 2024 auf 3,5% sinken, vorbehaltlich von Upside Risks unserer Prognosen. Zwar mögen Erinnerungen an die 1970er Jahren aufkommen, doch die Umstände sind nicht direkt vergleichbar. Das weltwirtschaftliche Umfeld sieht heute ganz anders aus. In den Industrienationen ist die Wahrscheinlichkeit einer vergleichbaren Lohn-Preis-Spirale ebenso gering wie zweistellige Leitzinsen.
Robuste Weltwirtschaft
Trotz steigender Zinssätze bleibt die Weltwirtschaft robust. Allerdings setzen die Auswirkungen der Geldpolitik in der Realwirtschaft in der Regel mit längerer und wechselhafter Verzögerung ein. Mittelfristig erwartet das SRI bessere Aussichten: Für 2024 werden ein Anstieg des Wachstums auf rund 2,8% und ein Rückgang der weltweiten Inflationsraten prognostiziert – zwar weiterhin über den historischen Trends, aber im verkraftbaren Rahmen.
2. Der Versicherungsmarkt kommt durch den Rezessionsdruck auf Unternehmen ebenfalls verschärft unter Druck.
Vorläufig stellen sich Unternehmen weiterhin Herausforderungen wie anhaltender Inflation, höheren Lohnkosten, Störungen der globalen Lieferketten und schwächerem Wachstum. Bestimmte Branchen müssen verstärkt auf die relevantesten Inflationskennzahlen achten, nicht nur auf den allgemeinen Verbraucherpreisindex.
Dadurch sind die Schadenkosten pro Einzelschaden gestiegen. Hinzu kommen zunehmende Schäden durch Naturkatastrophen: Hurrikan „Ian“ in den USA sowie eine große Anzahl an Winterstürmen, schweren Wärmegewittern und verheerenden Überschwemmungen weltweit führten zu deutlich schwereren Schäden. Diese Risiken müssen in Preisanpassungen der Versicherungsprämien berücksichtigt werden.
Nach einem realen Prämienrückgang um etwa 0,2% in diesem Jahr ist für 2023/24 ein durchschnittliches jährliches Prämienwachstum von 2,1% zu erwarten. Kostentreiber wie Inflationsdruck und Naturkatastrophenschäden werden durch höhere Anlagerenditen aufgrund steigender Zinsen abgefedert.
Gewerbe vor Privat
Dieses Wachstum betrifft besonders Gewerbeversicherungen, die schneller wachsen werden als Privatversicherungen (Krankenversicherungen ausgenommen). Bei Unternehmen dürften 2022 die Beiträge in der Gewerbeversicherung um 3,4% zugelegt haben (verglichen mit 1,2% realem Prämienwachstum in der Sparte Schaden- und Unfallversicherung). 2023/24 rechnen wir mit einem Anstieg um 3,4% (verglichen mit 2,7% für die gesamte Schaden- und Unfallsparte).
3. Daten und Szenarioplanung helfen Unternehmen, die Risiken in den Griff zu bekommen
Auch unter verschärften Marktbedingungen bieten sich Möglichkeiten für Unternehmen, sich angemessen gegen diverse Risiken zu versichern. Wichtig ist die frühzeitige Einbeziehung der Budget- und Geschäftskontinuitätsplanung auf Grundlage von Stresstests – zur Vorbereitung, nicht als Reaktion auf Ereignisse.
Das Potenzial der Daten lässt sich mit Technologien erschließen, die einen digitalen Zwilling des Unternehmens erstellen und dann anhand von Szenarien die Auswirkungen potenzieller Risiken modellieren. Mit solchen Technologien werden die Auswirkungen unterschiedlicher Wirtschaftsbedingungen, Naturkatastrophen, Engpässe in der Lieferkette und sogar Risiken wie Cyberkriminalität auf das Unternehmen durchgespielt.
2023 wird nicht leicht
Zweifelsohne wird das Jahr 2023 nicht leicht. Selbst wenn die Rate im Jahresvergleich fallen sollte, ist die Inflation noch nicht unter Kontrolle. Angesichts dieser Unwägbarkeiten sind geeignete Tools und Planungsansätze unerlässlich, um Unternehmen zu schützen.