Lob und Kritik für Letztsicherung

Eurogruppe sieht deutliche Risikoreduzierungen im Bankensektor - Arbeiten an Bankenunion gehen weiter

Lob und Kritik für Letztsicherung

Die vorzeitige Einführung einer Letztsicherung für den europäischen Bankenabwicklungsfonds unter dem Dach des ESM hat viel Beifall, allerdings sowohl in Berlin als auch in Brüssel einige kritische Stimmen provoziert. Im Fokus stand dabei unter anderem die von der Eurogruppe mitgetragene Risikobewertung.ahe Brüssel – Die Eurogruppe attestiert den Euro-Staaten deutliche Fortschritte bei der Risikobekämpfung im Bankensektor. Dieser sei heute “weitaus stärker und widerstandsfähiger als vor zehn Jahren”, erklärte die Eurogruppe unter Verweis auf einen 116-seitigen gemeinsamen Bericht der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und der europäischen Bankenabwicklungsbehörde SRB. Dem Bericht zufolge haben sich alle Risikoindikatoren und damit auch die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors erheblich verbessert. Genannt werden unter anderem die Entwicklung der notleidenden Kredite (NPL) und der kontinuierliche Aufbau des Verlustpuffers MREL.Mit den Risikoreduzierungen begründete die Eurogruppe auch die vorzeitige Einführung eines Backstops für den Bankenabwicklungsfonds SRF, der nun bereits Anfang 2022 unter dem Dach des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) startklar sein soll. Die Beauftragung des ESM hiermit ist Teil einer größeren Reform des Eurorettungsschirms, auf die sich die Euro-Finanzminister am Montagabend geeinigt hatten (siehe Grafik).Den Verweis auf erfolgreiche Risikoreduzierungen findet der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold “grotesk”. Noch wisse niemand genau, welche Ausfälle die Banken durch die Pandemie verkraften müssten. Jeder wisse, dass der europäische Abwicklungsfonds für eine systemische Krise nicht gewappnet sei, so Giegold. Daran ändere auch der begrenzte Backstop nichts. “Eine echte Antwort, wie mit einer möglichen Corona-Bankenkrise umgegangen werden soll, bleibt auch die Eurogruppe schuldig.”Gerhard Hofmann, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), kritisierte: Eine zentrale Voraussetzung für die frühere Einführung eines Backstop, nämlich eine spürbare und dauerhafte Risikoreduzierung scheine “durch eine abweichende politische Entscheidung ersetzt zu werden”. Angesichts der jüngsten unter anderem von der EZB beschriebenen Szenarien für die Entwicklung notleidender Kredite könne der BVR eine solche Bewertung in der gegenwärtigen, von erhöhter Unsicherheit geprägten Situation nicht teilen.Nach Ansicht von Hofmann dürfen aus dieser Risikobewertung auf keinen Fall weitere Schritte zur Fortentwicklung der Bankenunion gegangen werden. Überlegungen zu einer vergemeinschafteten Einlagensicherung (EDIS) wären “fehl am Platz”, warnte er. Eurogruppen-Chef Paschal Donohoe hatte zuvor angekündigt, dass die ESM-Reform und die Installierung der SRF-Letztsicherung nur Zwischenschritte seien und die Arbeiten an der Bankenunion weiter gingen. “Jetzt, da wir beim Backstop eine Einigung erzielt haben, sind wir in einer guten Position, um auch in anderen Bereichen voranzukommen”, betonte Donohoe. Es gehe darum, das Momentum weiter zu nutzen. Der Zeitplan sieht zunächst vor, dass der Euro-Gipfel nächste Woche die ESM-Reform noch einmal absegnet, und die Euro-Staaten den neuen ESM-Vertrag im Januar unterzeichnen. Dann beginnt der Ratifizierungsprozess.Hans-Walter Peters, Präsident des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) forderte unter Verweis auf die erfolgreichen Risikoreduzierungen eine Deckelung des SRF auf den ursprünglich angepeilten Betrag von 55 Mrd. Euro. Nicht zuletzt durch das Aufkaufprogramm der EZB und dem damit verbundenen Anstieg der gedeckten Einlagen sei das Zielvolumen des Fonds auf inzwischen 70 Mrd. Euro gewachsen, kritisierte er. Dies sei ökonomisch nicht gerechtfertigt. Der SRF wird von den Banken bis Anfang 2024 gefüllt. Der Backstop des ESM soll das gleiche Volumen wie das des SRF erhalten.Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, warnte in diesem Zusammenhang bereits vor “großen Risiken für die Steuerzahler”. Viel sinnvoller wäre es, den SRF durch höhere Einzahlungen der Banken beträchtlich aufzustocken.