Lockere EZB-Geldpolitik treibt Immobilienvermögen

Zuwächse in Deutschland besonders kräftig

Lockere EZB-Geldpolitik treibt Immobilienvermögen

rec Frankfurt – Etwas mehr als ein Jahrzehnt nach dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise sind die Vermögen der Privathaushalte in der Eurozone zurück auf Vorkrisenniveau. Haupttreiber sind steigende Immobilienvermögen, vor allem in Deutschland. Das geht aus einem vorab veröffentlichten Auszug aus dem Wirtschaftsbericht der Europäischen Zentralbank (EZB) hervor. Sie sieht darin auch ein Ergebnis ihrer Geldpolitik, die für günstigere Finanzierungsbedingungen gesorgt habe. “Die Nettovermögenszuwächse wurden durch eine weitere Lockerung der Geldpolitik befördert”, schreiben die EZB-Volkswirte in ihrer Analyse.Seit bald vier Jahren steht der Leitzins im Euroraum bei 0 %. Durch Absenkungen des Einlagezinses auf inzwischen -0,5 % und breite Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) hat die EZB ihre Geldpolitik zusätzlich gelockert. Sie verspricht sich davon eine Belebung der Wirtschaft und ein Anziehen der Inflation im Euroraum, die im Januar mit 1,4 % weiter deutlich unter den von der EZB angestrebten knapp 2 % lag. Kritiker warnen hingegen vor Risiken dauerhafter Null- und Negativzinsen für die Finanzstabilität. Moderater als vor der KriseDie EZB-Ökonomen gehen darauf kursorisch ein – etwa mit der allgemeinen Warnung, dass übermäßiger Optimismus spekulative Blasen am Häusermarkt befördern könne. Den größten Teil ihrer Analyse nimmt die Vermögensentwicklung ein. Im Zuge der Weltfinanzkrise büßten Haushalte in der Eurozone demnach 1,7 Bill. Euro ein. Während der Euro-Staatsschuldenkrise seien die Vermögen nochmals um 0,5 Bill. Euro abgesackt. Davon haben sie sich inzwischen erholt: Mitte 2019 beliefen sich die Vermögen der Privathaushalte auf das 7,1-Fache des ihnen zur Verfügung stehenden Jahreseinkommens – etwa so hoch wie 2007.Die Schwankungen seien “in erster Linie durch Wertzuwächse und -verluste bei Immobilieneigentum getrieben”, schreibt die EZB. Besonders stark sei der Effekt “zwischen 2002 und 2007 sowie zwischen 2017 und Mitte 2019” gewesen. Das legt Parallelen zur damaligen Krise nahe, die in der Immobilienblase auf dem US-Häusermarkt ihren Ursprung hatte. Ein Blick auf die Daten für die gesamte Eurozone unterfüttert das bedingt. So steigen die Immobilienvermögen seit 2017 jährlich um knapp 20 % des verfügbaren Haushaltseinkommens. In den Jahren vor der Weltfinanzkrise wuchsen sie allerdings mehr als doppelt so schnell. Ähnlich verhält es sich mit den Preisen für Eigenheime. Sie verteuern sich laut Häuserpreisindex für die Eurozone seit Anfang 2015 wieder – gleichwohl in geringerem Tempo als damals. Thema für Strategie-DebatteZwischen den vier größten Volkswirtschaften der Eurozone gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede, doch die Abstände werden kleiner. So sind Haushalte in Deutschland, im Verhältnis zum Haushaltseinkommen, nach wie vor weniger vermögend als Haushalte in Spanien, Frankreich oder Italien. Ein Grund ist die niedrige Wohneigentumsquote: Deutschland liegt hier mit 51,5 % auf dem letzten Platz in der Eurozone, was die Durchschnittsvermögen schmälert. In jüngerer Zeit nun seien die Vermögen hierzulande “deutlich schneller gewachsen als in anderen Ländern”. Das sei auf die “Dynamik am Häusermarkt” zurückzuführen.Dieser Befund ist auch vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Strategieüberprüfung innerhalb der EZB von Bedeutung. So mehren sich die Stimmen, selbst genutztes Wohneigentum bei der Inflationsmessung zu berücksichtigen. Mit EZB-Chefvolkswirt Philip Lane und Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat diese Forderung zuletzt zwei hochrangige Fürsprecher bekommen.