DekaBank-Projekt „Swiat“

„Logik der Blockchain wird Banken­welt prägen“

Die DekaBank bietet eine Plattform an, die eine Übertragung von Wertpapieren erleichtern soll. Der Clou: Die Überträge finden direkt zwischen den Depotbanken statt, ohne die Papiere auf Ebene der Zentralverwahrerkonten zu bewegen.

„Logik der Blockchain wird Banken­welt prägen“

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Die DekaBank hat das im Januar vorgestellte Konzept des Digital Collateral Protocol (DCP) zur effizienten Abwicklung von Cross-Border-Wertpapiertransaktionen über Blockchain-Strukturen wesentlich erweitert und dafür die Plattform Swiat (Secure Worldwide Interbank Asset Transfer) ins Leben gerufen. Swiat bietet Banken und Assetmanagern die Chance, Wertpapierprozesse neu zu denken und neue Blockchain-Erfahrungen zu sammeln. „DCP ist ein Modul von vielen auf Swiat, wie bei einem Betriebssystem werden auf Swiat weitere Anwendungen entwickelt­. Da wir eine offene Schnittstelle bieten, wird diese Weiterentwicklung kollaborativ geleistet werden und nicht von einem einzelnen Akteur dominiert“, sagt Martin K. Müller, der für das Wertpapierhaus der Sparkassen die Bank­geschäftsfelder und das Verwahr­stellengeschäft verantwortet, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Lieferung gegen Lieferung

Dabei ist Swiat als Hybrid aus Transaktions- und Innovationsplattform angelegt, die grundsätzlich als globales Betriebssystem der Finanzindustrie fungieren kann. Los geht es mit traditionellen Wertpapieren, aber von tokenisierten Assets bis hin zu Kryptowertpapieren und digitalen Zentralbankwährungen kann die modular aufgebaute Plattform alles verarbeiten, sofern es regulatorisch grünes Licht gibt für die jeweilige Assetklasse. Kürzlich konnte zusammen mit dem Bankhaus Metzler eine Wertpapierleihe ohne Vorabbesicherung durchgeführt werden. „Verfügen beide Handelspartner über die entsprechenden Wertpapierbestände, kann der Handel in Form von ‚Lieferung gegen Lieferung‘ erfolgen – die üblichen Absicherungen sind nicht mehr nötig. Das reduziert Kontrahentenrisiken und den Abstimmungsaufwand zwischen den Handelsparteien“, sagt der bei Metzler für Capital Markets zuständige Partner Mario Mattera.

Der Clou dabei: Die Überträge finden direkt zwischen den Depotbanken statt, ohne die Wertpapiere auf Ebene der Zentralverwahrerkonten zu bewegen, erklären die beiden Wertpapierexperten. Dafür sei weder eine Tokenisierung erforderlich, noch müssten die traditionellen Verwahrketten der jeweiligen Institute angepasst werden. Die Deka-Plattform nutze bestehende Prozesse und Mechanismen der teilnehmenden Institute und lasse sich in deren bestehende Infrastruktur integrieren, so der Tenor. Mittlerweile ist ein Volumen von 450 Mill. Euro über Swiat bzw. das DCP-Modul abgewickelt worden. „Vor ein paar Jahren war es noch unvorstellbar, dass ‚Lieferung gegen Lieferung‘ möglich ist – wir können jetzt schon unter Beweis stellen, welche Kosten- und Liquiditätsvorteile sich daraus ergeben“, sagt Müller.

Es sei wichtig, dass die Banken diese Chance jetzt ergreifen, denn der Einsatz der Blockchain in der Wertpapierabwicklung werde als exponentielle Entwicklung stattfinden. Die dezentrale Struktur sei geeignet, um die Banken bei ihren angestammten Aufgaben in den Prozessen der Wertpapierindustrie zu unterstützen, ergänzt Mattera. „Der Kontext Blockchain und Finanzmarkt beschäftigt uns schon seit Jahren in unserer Digitalmanufaktur. Wir halten die Blockchain-Technologie für disruptiv. Und wir wollen nicht nur darüber reden, wie manch anderer Marktteilnehmer, sondern schnell in die Umsetzung kommen, um die entsprechenden Erfahrungen zu sammeln.“ Als Testlauf habe sich die Wertpapierleihe angeboten. Mit der DekaBank habe Metzler einen Partner gefunden, der über das technologische Wissen und die notwendige Infrastruktur verfüge.

Die Frage, ob es technologisch möglich ist, Wertpapierprozesse auf der Blockchain effizient und rechtssicher abzubilden, sei längst beantwortet, zeigt sich Müller sicher. „Alle Arten von Asset-Transfer sind möglich über Swiat, weil fragmentierte Strukturen durch gemeinsame Standards abgelöst werden.“ Die DekaBank ist schon seit 2016 in Blockchain aktiv. Finledger wurde als erstes Projekt für Schuldscheine mit Partnern aufgebaut, gefolgt vom Digital Collateral Protocol als Ausgangspunkt für Swiat. Am Anfang habe die Frage gestanden, warum der Repo-Markt so ineffektiv ist, und an dem Punkt ging die DekaBank in der Innovation von null auf hundert.

 „Es gibt viele Blockchain-Initiativen, aber Swiat läuft schon. Wir haben damit die Riesenchance, aus Deutschland heraus die kollaborativen Standards für die internationale Wertpapierabwicklung zu prägen“, stellt Müller heraus. Swiat sei eine Zentralisierung mit dezentralen Teilnehmern. So gebe es bereits viele individuelle Schuldschein-Plattformen, die an Swiat andocken könnten. Auf diese Weise laufe alles auf einem Standard. Das neu entwickelte System entspreche dem modernen Verständnis von Finanzarchitektur wie in den heutigen modularen Kernbankensystemen, illustriert Mattera.

Er ergänzt, es gebe einen starken legislativen Rückenwind in Deutschland mit der Gesetzgebung zum E-Wertpapier und dem Fondsstandortgesetz. „Das ist selten der Fall. Diesen legislativen Vorsprung müssen wir nutzen. Das ist eine große Chance für den Finanzplatz Deutschland.“ Mattera geht davon aus, dass auf EU-Ebene mit dem geplanten Kryptoregelwerk Mica und der Weiterentwicklung der Richtlinie MifidII ab 2022/23 eine Harmonisierung für digitale Assets besteht. „Dass wir säulenübergreifend zusammenarbeiten, ist ein Signal an die Banken und eine Einladung, eine gemeinsame Plattform zu entwickeln. Unsere Glaubwürdigkeit ist unser Trumpf. Weder Investoren noch Emittenten möchten sich wie bislang mit einem fragmentierten Ökosystem auseinandersetzen müssen.“ Gegenüber den Fintechs hätten die Banken den Vorteil, dass sie diese lizenzierungspflichtigen Geschäfte schon betrieben und ihr Interbanken-Netzwerk einbringen könnten.

Müller blickt voraus: „Die Logik der Blockchain wird die Bankenwelt in den kommenden fünfzehn Jahren prägen. Dafür müssen wir selbst Plattformen konstruieren, indem wir einen Base Layer als standardisierten Anknüpfungspunkt schaffen, wie Swiat einer ist. Sonst setzt sich die Fragmentierung auch in der neuen Welt fort.“ Deshalb werde die Weiterentenwicklung der Plattform mit ihrem Anspruch als internationales Drehkreuz mit Tempo vorangetrieben. „Wir sprechen mit einer großen Anzahl Marktteilnehmern, die sich für eine Integration auf Swiat interessieren.“ Die Gespräche verliefen „sehr erfolgversprechend“, denn es gebe bereits den Fingerzeig, dass das System funktioniere.“

Cash-on-Chain ist möglich

Die Aktie fehle allerdings noch auf der Plattform, merkt Mattera an. „Ich gehe aber davon aus, dass die Regulatoren und der Gesetzgeber die Eigenkapitalseite auf dem Schirm haben.“ Außerdem sei bereits über Swiat eine Cash-on-Chain mit der Trigger-Lösung der Bundesbank umsetzbar, sagt Müller mit dem Blick auf mögliche Formen einer digitalen Zentralbankwährung im Wholesale-Bereich. 

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