BREXIT UND DIE AUSWIRKUNGEN

Londoner Investmentbanken brauchen Mifid II

Zugang in die EU für ausländische Institute

Londoner Investmentbanken brauchen Mifid II

kb Frankfurt – Das in einem Volksentscheid geforderte Ausscheiden Großbritanniens aus der EU (Brexit) erfüllt dort ansässige ausländische Investmentbanken mit Sorge. Der Zugang zum einheitlichen europäischen Finanzmarkt erfolgt etwa für US-amerikanische oder Schweizer Institute über einen “EU-Pass” durch eine eigene Niederlassung in London. Doch dieser über London genutzte EU-Pass dürfte nach dem Brexit wegfallen, und die Institute wären gezwungen, ihre Niederlassung oder zumindest Aktivitäten in den EU-Raum zu verlegen.Nun weist J.-P.-Morgan-Analyst Kian Abouhossein in seinem Research-Bericht “Global Investment Banks” auf eine Möglichkeit hin, wie ausländische Investmentbanken doch weiterhin mit ihrer Londoner Niederlassung Geschäfte in der EU betreiben könnten. Ein Schlupfloch dafür könnte die ab Anfang 2018 anzuwendende europäische Finanzmarktrichtlinie Mifid II liefern. In der “Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente” (Mifid II) sind für Abouhossein besonders Artikel 46 und 47 interessant, sollte im Zuge der Verhandlungen über die Modalitäten des Brexit der bisher gängige EU-Pass wegfallen. Diese Passagen in Mifid II bieten einen Weg für in Großbritannien basierte, nicht aus der EU stammende Investmentbanken, weiterhin quasi wie mit einem “EU-Pass” auf dem Kontinent tätig zu sein, indem Großbritannien von der EU als “Drittstaat” anerkannt wird. Artikel 46 zufolge müssten diese Institute dann keine Niederlassung in einem EU-Land unterhalten, so Abouhossein.Allerdings besteht nach seiner Einschätzung durchaus die Gefahr, dass die entsprechenden Artikel von Mifid II noch geändert werden. Schließlich sei Mifid II eine Direktive, die die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority, ESMA) ermächtigt, Regularien zu entwickeln, die von der EU-Kommission sowie dem EU-Parlament nach deren Zustimmung abgesegnet werden.Solange die Modalitäten des Brexit im Zuge der anstehenden Verhandlungen mit der EU noch unklar sind, bedeute dies für ausländische Investmentbanken mit Basis in London eine relativ lange Zeit der Unsicherheit. Der Ausgang der Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU sei “extrem schwer einzuschätzen”, schreibt Abouhossein, wie die jüngsten politischen Kommentare, das Clearing von Euro-Derivaten sollte nicht mehr in London erlaubt sein, zeigten. Zugang zum ErlöspoolGleichwohl würden die Investmentbanken derzeit nicht sofort ihre Geschäfte in den EU-Raum verlagern, würden aber auch nicht den formalen Brexit abwarten können, da eine Verlagerung von Aktivitäten zeitaufwendig sei und sie sich Zugang zum EU-weiten Erlöspool erhalten müssten. Die Branche werde jedenfalls schnellstens Klarheit über die Mifid-Artikel 46/47 verlangen und dafür höchstens sechs bis zwölf Monate Zeit geben. Bei Änderungen der Regeln würden die Institute sich auf Alternativen zu London stürzen, um dann dort günstige Immobilien (Madrid, Frankfurt, Paris) und gegebenenfalls Mitarbeiter zu sichern. Auf eine Alternative zu London legt sich Abouhossein nicht fest, zumal weitere Kriterien wie hohes Länderrating, Größe der Volkswirtschaft bis hin zur Besteuerung zu berücksichtigen seien.