Mangelware Fondspersonal
Von Silke Stoltenberg, Frankfurt
Von wegen Sommerflaute: Die Personalsuche im Assetmanagement läuft auf Hochtouren – und dies trotz der jüngsten Rückschläge an den Börsen, was für Assetmanager zwangsläufig mit abschmelzenden Vermögen und zumeist auch gewissen Nettoabflüssen einhergeht. „Das Personalkarussell läuft derzeit in einem irrsinnigen Tempo, wobei dies nicht der Ausdruck eines Wachstumsmarktes ist, die sehr rege Personalsuche spiegelt vielmehr den Transformationsprozess der Fondsbranche wider“, sagt Karin Schambach, Gründerin und Geschäftsführerin des Personalvermittlers Indigo Headhunters, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Es gebe aktuell drei wichtige Veränderungen für Assetmanager. Dies sei erstens der Trend zu nachhaltigen Produkten, zweitens die zunehmende Digitalisierung und drittens das verstärkte Interesse der Kunden an illiquiden Assets. All dies sorge dafür, dass im Assetmanagement bestimmte Positionen besetzt werden müssten, was nicht zwangsläufig mit Personalaufbau einhergehe, sondern vielmehr mit einer Personalveränderung. Mit einer Ausnahme: Im illiquiden Bereich werde noch ganz klassisch Personal aufgestockt, um diesen neuen Geschäftszweig aktiv zu besetzen, so Schambach.
Die Frage, ob spezielle Fähigkeiten oder Funktionen derzeit im Mittelpunkt des Personalkarussells der Assetmanager stünden, verneint Schambach: „Es werden derzeit wirklich alle Positionen gesucht, es gibt dabei keine Schwerpunkte, wobei diejenigen besonders gute Aussichten haben, die Erfahrungen in der Transformation eines Unternehmens mitbringen.“
Kaum Bewerbungen
Dabei kristallisiere sich heraus, dass es immer mühseliger werde, offene Stellen zu besetzen, da die demografische Entwicklung Nachwuchskräfte rarer werden lasse. Der allseits beklagte Fachkräftemangel kommt nun also auch in der Fondsbranche an. „Der Assetmanagement-Sektor wandelt sich zu einem Bewerbermarkt – auf Stellengesuche gibt es derzeit nur noch ganz wenige Bewerbungen. Und es rückt für die Anbieter immer mehr die Sorge in den Mittelpunkt, dass sie für ihr zukünftiges Wachstum nicht mehr genügend Personal finden.“
Angesichts wenig jüngerer Bewerber laufe auch der übliche Ansatz, Teams zu verjüngen, immer häufiger ins Leere. „Wir werden die gesamte Altersspreizung nutzen müssen, um die Vakanzen zu besetzen – in spätestens fünf Jahren werden insbesondere die Menschen im Alter von 55 bis 60 Jahren, also die geburtenstarken Jahrgänge mit viel Erfahrung, gefragt sein, erste Anzeichen, dass sich die Personalsuche in höhere Altersgruppen hin orientiert, sind schon jetzt erkennbar.“
Trotz der Rückschläge an den Kapitalmärkten, des Zinsanstiegs, des Kriegs in der Ukraine und der vielfältigen anderen Bedrohungen für die Konjunktur sei die Stimmung der Bewerber im Vergleich zum Ausbruch der Pandemie eine ganz andere. Die ersten Monate nach dem Ausbruch von Corona waren alle sehr vorsichtig gewesen und Gedanken an einen Stellenwechsel hinten angestellt worden. In der jetzigen Krise gebe es aber keine Scheu, sich umzuorientieren, so Schambach. „Eine wichtige Motivation, sich anderweitig zu orientieren, ist die Positionierung der einzelnen Gesellschaften, wer also auf längere Sicht die besten Chancen als Anbieter hat im Vergleich zu den Wettbewerbern.“
Insofern ist es nicht überraschend, dass aktuell das Personal von DWS und Allianz Global Investors angesichts ihrer jeweiligen Skandale um Greenwashing beziehungsweise die Structured-Alpha-Fonds unter Headhuntern als sehr wechselwillig gilt. Eine starke Bindung an das eigene Haus wird den Mitarbeitern von Union Investment nachgesagt, die seit vielen Jahren erfolgreich unterwegs ist. Grundsätzlich eher wackelig gilt die Bindung der Beschäftigten an die DekaBank, da das öffentlich-rechtliche Haus als sehr bürokratisch wahrgenommen wird. „Erstaunlich ist, dass die Commerzbank trotz ihres langen Niedergangs auf kultureller Ebene nach wie vor punktet. Auch wer das Unternehmen verlässt – und die Zahl derer ist hoch –, empfindet in der Regel eine hohe Loyalität gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber“, unterstreicht Schambach.
Angesichts der Mühen für die Fondsgesellschaften, neue Mitarbeiter anzuwerben, bleibt auch der Druck bestehen, die Gehälter im Assetmanagement weiter anzuheben (siehe Tabelle). Das kontrastiert natürlich mit den schrumpfenden Nettovermögen der Anbieter.
Einsparpotenziel wird daher anderweitig gesucht. Einfache Tätigkeiten im Massengeschäft werden zunehmend digitalisiert oder in die telefonische Beratung verschoben. Dagegen bleibt der Berater für die gehobene Klientel, die angesichts immer ausgefeilterer Investmentstrategien vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase komplexe Unterstützung benötigt, weiterhin stark gefragt.
US-Häuser bremsen
Mit Blick auf die Provenienz der Fondsanbieter hat Schambach bei den US-Anbietern im Vergleich zu den deutschen und europäischen Häusern Zurückhaltung bei Neueinstellungen beobachtet. US-Finanzdienstleister wie auch amerikanische Unternehmen sind in Krisenzeiten viel schneller dabei als europäische Wettbewerber, auf die Bremse zu treten. Andersherum sind sie auch in Boomzeiten wagemutiger in der Ausweitung von Personal. Die US-Fondsdienstleister, die in Deutschland aktiv seien, hätten derzeit teilweise im Vertrieb einen Stellenstopp verhängt beziehungsweise würden ihren geplanten Personalabbau etwas einschränken, berichtet Schambach.
Gehälter im Assetmanagement-Vertrieb | |||||
Retail/Wholesale Sales | Institutional Sales | ||||
Position | Basisgehalt (€) | Variable Vergütung (%) | Basisgehalt (€) | Variable Vergütung (%) | |
Senior Level (+10 Jahre) und/oder Führung | 140 – 200 000 | 25 – 150 | 180 – 250 000 | 70 – 150 | |
Senior Level (7–10 Jahre) | 120 – 160 000 | 25 – 100 | 150 – 200 000 | 50 – 100 | |
Mid Level (+/5 Jahre) | 90 – 130 000 | 30 – 60 | 110 – 140 000 | 30 – 60 | |
Junior Level (+2 Jahre) | 70 – 90 000 | 10 – 20 | 70 – 90 000 | 10 – 20 | |
Einfluss auf die Vergütung haben neben individuellen Faktoren u. a. folgende Parameter:Provenienz des Assetmanagers– Deutscher Assetmanager: häufig deutlich niedrigere, dafür konstante variable Vergütung– Europäischer Assetmanager: die gesamte Bandbreite abdeckend– Globaler/US-Assetmanager: häufig hohes, stark erfolgsabhängiges Bonuspotenzial | Größe/Bekanntheit des Assetmanagers im Markt– Markteinführung: Plus– Etablierter Player: MinusWachstumspotenzial/Profitabilität des AssetmanagersBörsen-Zeitung |