Maple-Händler stimmten sich eng ab
Von Anna Sleegers, Frankfurt
Mit dem Abspielen von Telefonat-Mitschnitten aus dem Handelsraum der Maple Bank hat die 24. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Montag deutlich gemacht, weshalb in dem Cum-ex-Strafprozess (Az.: 5/24 KLs 17/19) wohl eher nicht mit Freisprüchen zu rechnen ist. Hatte sich der Angeklagte Paul H. kurz nach der Eröffnung des Hauptverfahrens vor knapp einem Jahr noch darauf berufen, dass bei den über die Handelsplattform Eurex abgewickelten Wertpapiergeschäften die Anonymität gewährt sein muss, zeugen die aufgrund aufsichtsrechtlicher Vorgaben erstellten Mitschnitte von dem engen kollegialen Umgang, den die Maple-Trader mit den Leerverkäufern unterhielten. Zwar ist die Eurex bei den sogenannten Cross Trades formal die Gegenpartei der Käufer wie auch der Verkäuferseite. Von Anonymität konnte jedoch keine Rede sein. Um sicherzustellen, dass die großvolumigen Wertpapiergeschäfte nicht ins Leere liefen, telefonierte der Angeklagte Händler Frank L. mit den jeweiligen Handelspartnern. Dabei handelte es sich um Händlerkollegen bei der britischen Schwestergesellschaft MSUK und teils um Händler von beauftragten Investmentbanken.
Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt wirft den früheren Managern und Wertpapierhändlern der inzwischen insolventen Maple Bank vor, rund um den Dividendenstichtag abgesprochene Kreisgeschäfte mit Dax-Werten getätigt zu haben, um inhaltlich falsche Steuerbescheinigungen zu produzieren. Diese reichte das Bankhaus demnach beim Finanzamt Frankfurt ein, um sich auf Kosten der Steuerkasse zu bereichern. Für die Veranlagungsjahre 2006 bis 2015 ließ sich die Maple Bank insgesamt 366,6 Mill. Euro Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge erstatten, die sie nie gezahlt hat.
Schritt für Schritt
Wie genau der Maple-Händler wusste, worum es bei den Geschäften ging, wurde in einem Telefonat deutlich, das L. im März 2008 mit einem Händler von Merrill Lynch führte, der offenbar kaum Erfahrungen im Eurex-Futurehandel hatte. Schritt für Schritt erläutert der Angeklagte das Vorgehen und ermahnt ihn, den Markt permanent im Auge zu behalten. Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, dass sich kein anderer Marktteilnehmer in die Geschäfte einklinkt. Nachdem der Cross Trade im System beantragt war, warteten die Händler auf das Geheiß von L. zehn Sekunden, bevor sie die Order in den abgesprochenen Volumina platzierten.
Dann drückten beide simultan aufs Knöpfchen: „Eins – zwei – drei… done!“, hieß es in einem der Mitschnitte, in denen zum Teil der gongähnliche Signalton zu hören ist, mit denen das Handelssystem die Ausführung bestätigte. Noch bevor sie das Telefonat beendeten, überprüften die Händler, ob der Trade planmäßig verlief, was in der Regel auch der Fall war. An einem früheren Verhandlungstag hatte L. zu Protokoll gegeben, dass er erst aus der Ermittlungsakte erfahren hatte, dass in einzelnen Fällen andere Marktteilnehmer mitgemischt hatten.
Deutlich wurde am Montag auch, dass der Angeklagte Paul H. nicht so unbeleckt in steuerlichen Fragen war, wie er im vergangenen Jahr behauptet hatte. So diskutierte er in einem Telefonat mit einem Kollegen der britischen Investmentbank Barclays schon im Mai 2009 die potenziellen Folgen eines damals gerade veröffentlichten Rundschreibens des Bundesfinanzministeriums. Darin wurden die Anrechnungsvoraussetzungen für die Kapitalertragsteuer verschärft, ein Erstattungsanspruch sollte nur bestehen, wenn dem Finanzamt die Bescheinigung eines unabhängigen Berufsträgers vorgelegt würde, wonach zwischen Verkäufer und Käufer keine Absprachen über Leerverkäufe stattgefunden haben. H. sah das lukrative Geschäftsmodell dadurch vor dem Aus: „Es wird eine sehr gefährliche Sache sein, Aktien über den Dividendenstichtag zu kaufen.“ Eine Prognose, mit der er offensichtlich ins Schwarze traf.