Marktumbrüche erfolgreich meistern

Fortschritte bei Impfstoff beflügeln Märkte - Potenzial für Umbrüche bleibt hoch

Marktumbrüche erfolgreich meistern

Während sich die Konjunktur kurz vor Jahresende auf Grund des Teil-Lockdowns noch einmal etwas abschwächen dürfte, beflügeln die Aussichten auf eine wirksame Impfung die Finanzmärkte. Tatsächlich dürfte auch das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr wieder deutlich anziehen. Anleger sollten in diesem Umfeld trotzdem nicht mit vollem Einsatz ins Risiko gehen, da die nächsten Markterschütterungen nicht weit entfernt sein könnten.Die Erholung dürfte auch nach der Überwindung der Pandemie sehr ungleichmäßig und nicht ohne Rückschläge verlaufen. Es wird ein weiter und beschwerlicher Weg sein, bis die Wirtschaftsleistung wieder das Niveau von vor der Pandemie erreicht. Vor allem aber wirken auch in Zukunft weitere disruptive Faktoren fort. Dazu zählen vor allem der wirtschaftliche Aufstieg Chinas und die daraus resultierende Rivalität mit den USA, der nach wie vor vorhandene Populismus, der Klimawandel und rapide technologische Veränderungen. Diese tragen dazu bei, dass die Konjunktur und die Märkte auf absehbare Zeit häufiger Phasen des Umbruchs durchschreiten dürften. Diese gehen meist mit erhöhter Volatilität und einer starken Differenzierung von Gewinnern und Verlieren einher. Gefahr disruptiver PhasenAus Investorensicht und insbesondere aus Sicht der Anleiheinvestoren gerieten die Märkte bereits aus einer schwierigen Ausgangsposition in die Coronakrise. Mit ihrer Null- bzw. Negativzinspolitik verbunden mit massiven Wertpapierkäufen hatten die Notenbanken bereits seit Jahren die Anleihenrenditen immer tiefer getrieben und die Risikoprämien schmelzen lassen. Damit drängten die Notenbanken die Anleger in den vergangenen Jahren immer weiter aus den sichersten Anlagen hinaus in die äußeren Bereiche des Risikospektrums wie Aktien, Reits oder Private Equity. Im Zug der Krise drehte sich dieser Trend schlagartig und Investoren drängten mit aller Macht zurück ins sichere Zentrum: in Liquidität und in erstklassige Staatsanleihen, deren Renditen noch weiter sanken. Auf nahezu alle anderen Anlagen stiegen die Risikoprämien steil an. Zwar sind diese seitdem wieder deutlich gesunken, doch die Ereignisse dieses Jahres haben exemplarisch aufgezeigt, welche Risiken in den riskanteren Bereichen des Anlagespektrums lauern.Angesichts der Bewertungsniveaus und der Risiken weiterer disruptiver Phasen sollte unserer Meinung nach der Erhalt des angelegten Kapitals im Vordergrund stehen. Die sorgfältige Analyse von möglichen Gewinnern und Verlierern wird zudem noch stärker über den Anlageerfolg entscheiden. In Bereichen wie Unternehmensanleihen oder Schwellenländern sollten Anleger nicht blind auf den Gesamtmarkt setzen, sondern selektiv sein.Bei entsprechendem Vorgehen bieten unserer Meinung nach qualitativ hochwertige Unternehmensanleihen durchaus interessante Renditechancen, auch wenn wir noch einige Downgrades erwarten. Zugleich werden die Unternehmensgewinne und damit die Dividenden auf Aktien in absehbarer Zeit deutlich geringer ausfallen, was auf der Aktienseite zu Enttäuschungen führen dürfte. Unternehmensanleihen können hier für Stabilität sorgen. Allerdings ist wie gezeigt die Titel- und Sektorauswahl wichtig: Pharma-, Versorgungs- oder Telekommunikationsunternehmen haben zum Beispiel auf Grund ihrer Ausrichtung im aktuellen Umfeld deutlich stabilere Geschäftsmodelle. Auch Anleihen aus dem Finanzsektor sind interessant. Die Bankenbranche hielt sich dank stärkerer Bilanzen und Risikovorsorge deutlich besser als etwa im Jahr 2008. Zudem dürften auch die Banken von der Unterstützung durch die Notenbanken und Aufsichtsbehörden profitieren.Auch bei Anleihen aus Schwellenländern sehen wir selektiv sehr attraktive Investmentmöglichkeiten sowohl bei Hartwährungs- als auch bei Lokalwährungsanleihen.Im Bereich illiquider Anlagen wie Private Debt oder Distressed Credit bieten sich gerade in Phasen erhöhter Marktverwerfungen sehr attraktive Gelegenheiten für Investoren, die das Know-how und die Ressourcen haben, mit solchen Anlagen umzugehen und entsprechende Liquiditäts- und Komplexitätsprämien abzuschöpfen.Langfristig besteht das Risiko, dass die steigende Staatsverschuldung in Kombination mit der extrem expansiven Zentralbankpolitik zu einem Anstieg der Inflation führen könnte. Die Absicherung etwa über inflationsindexierte Anleihen ist aber gerade dann günstig, wenn die Inflationssorgen noch gering sind, wie es zurzeit der Fall ist. Hier bietet sich daher ein frühzeitiger Aufbau eines Realertrag-Portfolios an.Letztlich sind mit der kräftigen Zinssenkung der US-Notenbank Federal Reserve die Währungabsicherungskosten für Euro-Anleger deutlich zurückgegangen. US-Dollar-Anleihen sind damit unterm Strich wieder attraktiver für europäische Investoren geworden. Eine interessante Alternative stellen im Dollarraum zum Beispiel US-Hypothekenanleihen dar, bei denen zwischen den staatlich unterstützten Agency-MBS und den Non-Agency-MBS zu unterscheiden ist, die jedoch beide zurzeit attraktiv erscheinenInsgesamt gibt es also trotz gebotener Vorsicht angesichts potenzieller Marktumbrüche weltweit noch viele interessante Investitionsmöglichkeiten, die man mit entsprechender Expertise und Analyse erfolgreich nutzen kann. Frank Witt, Leiter Pimco D/A/CH, Osteuropa, Benelux & Skandinavien