Mehr Akzeptanz für die Kapitalmarktunion

Expertengruppe rät zu mehr Bürgernähe - Bessere Bedingungen für Sparer und Investoren

Mehr Akzeptanz für die Kapitalmarktunion

wf Berlin – Bei der weiteren Entwicklung der europäischen Kapitalmarktunion sollen die Bedürfnisse der Bürger und gezielte Investitionen in die Real- und Digitalwirtschaft sowie die nachhaltige Wirtschaft im Mittelpunkt stehen. Dazu rät eine hochrangige Expertengruppe in ihrem Bericht, den sie in Luxemburg den EU-Finanzministern übergeben hat. Die Fachleute konstatieren in ihrer Bestandsaufnahme, das Vertrauen der Bürger in den Finanzsektor sei seit der Krise noch nicht wieder voll zurückgekehrt. Die Kapitalmarktunion sollte deshalb besser erklärt und bekannt gemacht werden. Neuer NameEU-Rat, Kommission und Parlament könnten diese Neuorientierung nach Auffassung der Fachleute durch eine neue Namensgebung unterstreichen. Die Kapitalmarktunion würde demnach künftig “Union des Sparens und nachhaltigen Investierens” (Savings and Sustainable Investment Union) heißen. Zwei zentrale Ziele legen die Experten der europäischen Führung nahe: Der Kapitalmarkt sollte darauf hinentwickelt werden, Sparprodukte für die Bedürfnisse der Bürger anzubieten und die Kapitalallokation in die reale, innovative und nachhaltige Wirtschaft zu lenken. Außerdem solle ein integrierter, wettbewerbsfähiger, tiefer und liquider europäischer Kapitalmarkt aufgebaut und gestärkt werden, um die EU als eines der beiden Top-Finanzzentren in der Welt zu bewahren.Konkret rät die Expertengruppe dazu, vier Felder auszubauen: Langfristiges Sparen und Investitionsmöglichkeiten sollen erweitert werden. Unter anderem sollen sich dazu passive Sparer in aktive Anleger zu verwandeln – flankiert durch wirksamen Anlegerschutz und Kostentransparenz. Institutionelle Investoren sollen aktiv die neue EU-Regulierung für nachhaltige Finanzen implementieren.Ein zweiter Punkt zielt darauf, den Eigenkapitalmarkt deutlich auszubauen. Venture Capital müsse beflügelt, der Zugang für kleine und mittlere Unternehmen zu öffentlichen Märkten erweitert und der Anreize für institutionelle Investoren über angepasste Vorgaben für Versicherer (Solvency II) und Bilanzierungsstandards (IFSR 9) verbessert werden. Drittens raten die Experten dazu, die Finanzflüsse zwischen den europäischen Marktplätzen zu stärken, etwa durch ein kohärentes EU-Aufsichtsrecht. Schließlich soll der Anleihe-, Kredit und Währungsmärkte entwickelt werden, um den Euro als internationale Reservewährung zu stärken. Dazu empfehlen die Experten unter anderem eine grüne öffentliche Anleihe als Flaggschiffprodukt des EU-Kapitalmarkts etabliert werden.Die Expertengruppe war fünf Jahre nach dem Start des Projekts einer EU-Kapitalmarktunion auf Initiative der Finanzminister der Niederlande, Frankreichs und Deutschlands Mitte Juni eingesetzt worden. Die Empfehlungen sollen in den weiteren Fahrplan für die Kapitalmarktunion einfließen. Aus Deutschland war KfW-Vorstand Joachim Nagel in der Gruppe vertreten. Mit der Kapitalmarktunion soll der stark fragmentierte europäische Markt zusammengeführt und die Abhängigkeit von der Bankenfinanzierung verringert werden. Bisherige Projekte sind der grenzüberschreitende Vertrieb von Investmentfonds, eine Verordnung für ein paneuropäisches privates Altersvorsorgeprodukt (Pepp) sowie ein Aktionsplan für Sustainable Finance, der Finanzströme in nachhaltige Anlagen lenkt.