Mehr Zinsüberschuss im Zinstief

Deutschlands Genossenschaftsbanken steigern 2018 ihr Betriebsergebnis vor Bewertung - Boom der Sichteinlagen bringt Risiken mit sich

Mehr Zinsüberschuss im Zinstief

Im Gegensatz zu den 384 Sparkassen in Deutschland haben die 875 Genossenschaftsbanken ihren Zinsüberschuss 2018 trotz einer ultralockeren Geldpolitik ausgebaut, wenn auch nur leicht. Im Einlagengeschäft zieht die Präferenz der Kunden für Sichteinlagen unterdessen erhöhte Zinsänderungsrisiken nach sich. bn Frankfurt – Mehr Zinsüberschuss im Zinstief: Dank eines kräftig gesunkenen Zinsaufwandes haben Deutschlands Genossenschaftsbanken ihren Zinsüberschuss im vergangenen Jahr ungeachtet der ultralockeren Geldpolitik heraufgefahren. Wie der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) am Dienstag in Frankfurt bekannt gab, stieg dieser Posten um 0,6 % oder 104 Mill. Euro auf 16,6 Mrd. Euro. Im Falle der 384 deutschen Sparkassen ist der Zinsüberschuss in der Ergebnisrechnung 2018 hingegen um 3,5 % gefallen, wie der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) wenige Tage zuvor mitgeteilt hatte. Während der Zinsertrag der 875 Genossenschaftsbanken trotz einer beinahe 6-prozentigen Ausweitung des Kreditgeschäfts um 3,3 % abnahm, reduzierte sich der Zinsaufwand um insgesamt nicht weniger als 770 Mill. oder 20,4 %, so der BVR weiter.Altverträge mit hohen Zinszusagen seien ausgelaufen, erklärte BVR-Vorstandsmitglied Andreas Martin. Die Deutsche Bundesbank hatte schon im September vergangenen Jahres prognostiziert, dass 2018 der Ergebnisbeitrag aus der Fristentransformation das Zinsergebnis der deutschen Banken erneut stützen dürfte, auch weil die Zinskosten für Sichteinlagen privater Haushalte nochmals leicht gefallen seien. Andererseits müssen Banken derzeit 0,4 % Strafzinsen zahlen, um überschüssige Liquidität bei der Europäischen Zentralbank zu parken. Diese dürften die genossenschaftlichen Banken und deren Zentralinstitut DZ Bank 2018 rund 100 Mill. Euro gekostet haben, wie es am Dienstag hieß. Um Umschichtungen bemühtDerzeit sprächen die Institute mit ihren Kunden verstärkt über Umschichtungen von Liquiditätsbeständen in langfristige Anlagen, zum Beispiel Sparpläne, sagte Martin. Solche Umschichtungen liquider Bestände in länger laufende Produkte verbessern die Bilanzstruktur. Denn insgesamt nimmt der Anteil flüchtigerer Einlagen am genossenschaftlichen Depositenbestand kontinuierlich zu. Inzwischen entfallen dort nicht weniger als 66 % der Einlagen von insgesamt 697 Mrd. Euro auf liquide Depositen.Mit Blick auf ähnliche Werte auch andernorts hatte die Bundesbank im September gewarnt, die mit dieser Bilanzstruktur eingegangenen Zinsänderungs- und Liquiditätsrisiken dürften sich im Falle eines Zinsanstiegs “mit hoher Wahrscheinlichkeit materialisieren und sich dann negativ auf die Ertragslage auswirken”. Nach aufsichtlicher Definition wiesen derzeit 63 % der Kreditgenossenschaften und 42 % der Sparkassen “erhöhte Zinsänderungsrisiken auf”, hieß es.Sichteinlagen zeigten schon seit Jahren das stärkste Wachstum im Einlagenbestand, erklärte BVR-Vorstandsmitglied Martin. Darin drücke sich letztlich die Präferenz der Kunden aus. Damit verbundene Zinsänderungsrisiken habe man im Blick und überwache diese. Die Institute rechneten ihre Zinsänderungsrisiken durch. Zugleich sei es ein Zeichen von Stärke, wenn ihnen Depositen zuflössen. Im Einlagengeschäft haben die Genossenschaftsbanken nach BVR-Angaben ihren Marktanteil 2018 um 0,4 Prozentpunkte auf 18,5 % ausgebaut, im Kreditgeschäft um 0,2 Prozentpunkte auf 16,9 %.Da sich im vergangenen Jahr zugleich der Provisionsüberschuss der Genossenschaftsbanken um gut 300 Mill. Euro erhöhte, hat das Betriebsergebnis vor Bewertung trotz höherer Personal- und Sachkosten um gut 500 Mill. Euro angezogen (siehe Tabelle). Ein Bewertungsaufwand von 1,2 Mrd. Euro, den der Verband mit Abschreibungen auf Wertpapiere infolge erhöhter Marktvolatilität Ende 2018 sowie auf die Bildung von Vorsorgereserven erklärt, ließ das Ergebnis nach Bewertung sowie den Jahresüberschuss vor Steuern am Ende trotzdem sinken. Vor Wochenfrist hatten bereits die Sparkassen über 1,4 Mrd. Euro an “marktbedingten Wertkorrekturen” berichtet.Ungeachtet des Zugewinns an Marktanteilen und der Ergebnisverbesserung vor Bewertung setzen sich die Konzentrationstendenzen im Sektor fort. Wie BVR-Präsidentin Marija Kolak erklärte, haben Genossenschaftsbanken im Verband derzeit 35 Fusionen angemeldet. Damit dürften sich die 2019 anstehenden Zusammenschlüsse auf dem Niveau des vergangenen Jahres bewegen, als 40 Institute von der Bildfläche verschwanden. Die Girocard läuftEine positive Bilanz zog Martin mit Blick auf die Digitalisierung des Geschäfts. So habe die VR-Banking -App mit 800 Millionen Log-ins das klassische Online-Banking inzwischen eingeholt. 2017 seien es noch 300 Millionen Log-ins gewesen. Das Volumen der mit der genossenschaftlichen Girocard getätigten Transaktionen hat unterdessen um 18,5 % auf knapp 50 Mrd. Euro zugelegt, was Martin vor allem auf die Umstellung auf kontaktlose Technologie zurückführte.Mit Apple befinden sich die Kreditgenossen den Angaben zufolge in Gesprächen über ein Angebot von Apple Pay. Martin zeigte sich zuversichtlich, “den Kunden noch in diesem Jahr eine Lösung anbieten zu können”. Eine Kooperation mit den ebenfalls in Verhandlungen mit Apple stehenden Sparkassen lehnte Martin jedoch ab. Die Genossen seien in dieser Frage als Organisation gefordert, sich eine eigene Meinung zu bilden und sich im Wettbewerb zu positionieren. “Da sehen wir nicht die Möglichkeit, uns abzustimmen”, erklärter er.