Mit passiven Strategien Volatilität nutzen
Zu Beginn des Jahres gerieten Aktienmärkte in den Fokus der Anleger. Der Dax schoss in weniger als vier Monaten von etwa 9 500 auf über 12 000 Punkte und der Euro Stoxx 50 stieg um 27 % an. Nach der Zuspitzung der Griechenlandkrise und der Diskussionen um ein drittes Hilfspaket sowie der Kurskorrektur chinesischer A-Aktien haben die Kurse wieder deutlich nachgegeben. Die Volatilität hat zuletzt stark zugenommen. So erreichte der Volatilitätsindex für den Euro Stoxx 50, der VStoxx, im August sein Jahreshoch mit über 41 %. Für Anleger stellen sich in dieser Marktsituation zwei entscheidende Fragen: Wie kann ich mein Portfolio gegen Kursschwankungen absichern? Und: Welche Renditechancen bietet die aktuelle Lage?Eine Möglichkeit, das Portfolio abzusichern und gleichzeitig von der Marktlage zu profitieren, ist die Beimischung von Volatilität als eigene Anlageklasse. Denn die Volatilität verhält sich in der Regel umgekehrt zur Marktentwicklung. Die negative Korrelation zeigte sich beispielsweise im Falle der Abwertung des Yuan durch die chinesische Zentralbank im August: Während der Euro Stoxx 50 innerhalb von zwei Tagen um fast 6 % nachgab, stieg der VStoxx von 18 auf 25 % und in der Folge auf 41 % an. Das Portfolio lässt sich daher mit einer Position in Volatilität wirksam diversifizieren und gegen Kursstürze absichern. Wer seinem europäischen Aktienportfolio im August eine Position in Volatilität beigemischt hatte, konnte die Wertentwicklung glätten und eine erhebliche Outperformance gegenüber einem reinen Aktieninvestment erzielen. Mit verschiedenen Indizes auf Volatilität und entsprechenden Indexprodukten lässt sich dies einfach umsetzen. Besonderheiten beachtenAllerdings gibt es bei dieser Art des Investments mehrere Besonderheiten zu beachten. So schwankt die Volatilität langfristig um einen Mittelwert, weshalb sich Volatilität vor allem für taktische Investments und eine kurzfristige Absicherung des Portfolios eignet. Zudem müssen Anleger auf Rollkosten achten. Indexprodukte auf Volatilitätsindizes werden mit Hilfe von Futures umgesetzt. Die zusätzlichen Kosten entstehen dann, wenn ein auslaufender Future gegen einen neuen, länger laufenden ausgetauscht wird. Das ist bei allen ETF und ETN auf Volatilitätsindizes notwendig, weil die Laufzeit der Terminkontrakte stets auf wenige Monate begrenzt ist.Das Problem dabei: Meist liegt der Kaufpreis des neuen, länger laufenden Futures etwas über dem Verkaufspreis des auszutauschenden Kontrakts. Zudem ist zwischen der historischen und der erwarteten, impliziten Volatilität zu unterscheiden. Die historische Volatilität misst die Marktschwankungen anhand der realisierten historischen Wertentwicklung und reagiert deshalb zeitverzögert auf sich verändernde Marktsituationen. Die implizite Volatilität beschreibt hingegen die Erwartungen der Marktteilnehmer, wie sie sich aus den Preisen an den liquiden Optionsmärkten ergeben. Sie reagiert unmittelbar auf neue Marktbedingungen und eignet sich besonders gut zur Absicherung des Portfolios. Bekannte Beispiele für implizite Volatilitätsindizes sind der VDax und der VStoxx. Indexprodukte auf den Euro Stoxx 50 Investable Volatility Index ermöglichen eine einfache Partizipation an Marktschwankungen in der Eurozone.In einem Marktumfeld mit hoher Volatilität gewinnen zudem Optionsstrategien an Attraktivität. Denn sie bieten Möglichkeiten, sich gegen Downside-Risiken abzusichern beziehungsweise einen Puffer gegen fallende Kurse in ein Investment zu integrieren. Im Euroraum können Anleger aktuell die BuyWrite-Strategie mit Indizes umsetzen.Ähnlich den bekannten Discount-Zertifikaten wird bei der BuyWrite-Strategie der Kauf eines Basiswerts mit dem gleichzeitigen Verkauf der Call-Option kombiniert. So erzielt der Anleger zusätzliche Einkünfte in Form der Optionsprämie und partizipiert bis zum Ausführungspreis an Kursgewinnen. Bei hoher Volatilität ist dies aus zwei Gründen attraktiv: Zum einen steigen die Optionsprämien, wodurch die Einnahmen steigen. Gleichzeitig mildert die Prämie bei fallenden Kursen den Verlust im Basiswert. Bei sich seitwärts bewegenden und leicht steigenden Märkten erhöht die vereinnahmte Prämie die Rendite des Basiswerts.Die passive Umsetzung der Strategie ist mit dem Euro Stoxx 50 BuyWrite Index möglich. Er verbindet den Kauf einer Long-Option des europäischen Leitindex mit dem Verkauf der Call-Option. Diese wird monatlich gerollt. Das bedeutet, jeden dritten Freitag im Monat wird eine neue Call-Option mit der Fälligkeit von einem Monat verkauft. Der sogenannte Strike, der Ausrichtungspreis, bis zu dem der Anleger von einem positiven Kursverlauf profitiert, liegt jeweils 5 % über dem aktuellen Basiswert des Euro Stoxx 50. Notiert der Basiswert bei Optionsverfall – nach einem Monat – über dem Strike, kann der Halter der Call-Option sein Recht ausüben und den Basiswert zum Ausübungspreis einfordern. So zahlt sich die Strategie in Bullenmärkten bis zu einem monatlichen Kursgewinn von 5 % aus. Erfolgreich in KrisenjahrenDer Euro Stoxx 50 BuyWrite weist in der historischen Wertentwicklung besonders in fallenden und seitwärts tendierenden Marktphasen eine Outperformance auf. Die Entwicklung überzeugt vor allem in den Krisenjahren 2008, 2010 und 2011 sowie in 2014, als der europäische Markt leicht anstieg. In den vergangenen 15 Jahren hat der Index so eine höhere Rendite als der Basiswert erzielt – und das bei geringerem Risiko. Der Euro Stoxx 50 BuyWrite hat gegenüber seinem Basiswert seit dem Jahr 2000 eine Outperformance von 44,5 % generiert. Die jährliche Volatilität liegt aktuell bei 17,5 gegenüber 20,5 % beim zugrunde liegenden Index.Im Vergleich zu Discount-Zertifikaten auf den Euro Stoxx 50 eignen sich Indexprodukte auf die BuyWrite-Variante vor allem für langfristige Anleger. Denn für die Umsetzung ist kein aktives Management nötig. Der Index erneuert monatlich strikt regelbasiert die Call-Option, während die Long-Position erhalten bleibt. So muss sich der Investor nicht mit den Auslaufdaten seiner Zertifikate befassen und kann auch in längeren Seitwärtsphasen eine positive Rendite erzielen. Die Indexvariante bietet selbst Privatanlegern bereits mit geringem Einsatz zu geringen Kosten den Zugang zu einer professionellen Anlagestrategie, ohne den hohen Zeitaufwand für die aktive Umsetzung zur erfordern.Gerade im aktuellen Umfeld mit hoher Volatilität finden Investoren in Indexlösungen verschiedene Möglichkeiten, sich gegen Kursverluste abzusichern und zusätzliche Renditechancen zu nutzen. Investitionen in die Anlageklasse Volatilität bieten eine direkte und kurzfristige Möglichkeit, um von Marktschwankungen zu profitieren. Passive Optionsstrategien überzeugen ebenso in Krisenzeiten wie auch langfristig. Der Euro Stoxx 50 BuyWrite Index zeigt in der historischen Betrachtung eine deutliche Outperformance. Die hohe Volatilität kann daher ein sinnvoller Anlass sein, die Ergänzung des Portfolios um Optionsstrategien zu überprüfen.—Christian Bahr, Head of Product Development bei Stoxx