Moderne Stadtquartiere liefern Lösungsansätze

Passen Lage und Anforderungen, gelten Quartiere als attraktive Nutzungsart

Moderne Stadtquartiere liefern Lösungsansätze

Klimaschutz, Digitalisierung, demografischer Wandel – diese Schlagworte prägen unsere Zeit und stellen uns vor neue Herausforderungen. In den Ballungszentren trifft Wohnungsnot auf knappe Ressourcen. Strukturelle Veränderungen in der Wohn- und Arbeitswelt, wie wir sie zum Teil auch durch die Corona-Pandemie erleben, schaffen neuen Spielraum für integrative Konzepte. Die neueste Studie der Deutschen Hypo zeigt: Moderne Stadtquartiere liefern Lösungsvorschläge.Die Idee hinter der Quartiersentwicklung ist nicht neu. Bereits im Mittelalter waren in europäischen Städten Quartiersbildungen zu beobachten – ihre Bedeutung hat sich jedoch im Laufe der Zeit wesentlich gewandelt. Gab es zu Beginn noch funktionsräumliche und soziale Trennungen, sind diese Abgrenzungen heutzutage unerwünscht. Im Zuge des Wandels hin zu einer Globalisierung der Dienstleistungsgesellschaft festigte sich in den 1970er Jahren schließlich ein neues Leitbild, das uns bis heute erhalten geblieben ist: die Stadt der kurzen Wege. Sie vereint eine zunehmende Verdichtung und Nutzungsmischung städtischer Areale zwecks Kostenreduktion mit der Schaffung von Effizienzvorteilen in der Flächennutzung. Von zentraler Bedeutung ist hierbei ein durchdachtes Mobilitätskonzept durch eine gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), gepaart mit neuen Mobilitätsservices und Mobilitätstechnologien.Eine einheitliche Definition gibt es für die Quartiersentwicklungen bisher nicht. In unserer Studie “Moderne Stadtquartiere – Integrative Konzepte mit Zukunft” kommen wir jedoch zu folgendem Konsens: Ein Quartier entsteht aus einem Mix privater und öffentlicher Gebäude unterschiedlicher Nutzungsarten auf mehreren Grundstücken. Diese eigenständigen, aber zusammenhängenden Planungsräume müssen dabei stets mithilfe ausgefeilter, ganzheitlicher Konzepte in bereits vorhandene urbane Strukturen integriert werden. Zunehmende VerstädterungMit Blick auf die Stadtentwicklung begegnet man einer Vielzahl von urbanen Megatrends. Die wohl größten Herausforderungen bringt dabei die zunehmende Verstädterung mit sich. Experten prognostizieren für Europa bis 2050 einen Anstieg der urbanen Bevölkerung auf durchschnittlich 85 bis 90 %. Unsere Städte werden also weiterhin wachsen, während wir schon jetzt mit einem Mangel an Wohnraum zu kämpfen haben. Hier könnten Quartiersentwicklungen zunehmend eine Rolle spielen, indem sie die Verdichtung in Städten ermöglichen und dabei attraktive Lebensräume schaffen.Auch bei der Gestaltung von Konversionsprojekten ermöglichen Quartierskonzepte zum einen eine lebendige Gestaltung der zu beplanenden Flächen, aber auch die Ergänzung um Nutzungsarten sowie Infrastruktur, die bisher im angrenzenden städtischen Raum fehlen. Mit dem geringen Angebot an Wohnraum gehen steigende Mieten einher, Quartiere können – und sollten – vor diesem Hintergrund Wohnraum für einen breiten Querschnitt der Gesellschaft vorsehen. Positiv für den VerkehrDie steigenden Wohnkosten im urbanen Raum gepaart mit dem herrschenden Wohnungsmangel führen zu einem Anstieg der Einpendler. Für den Arbeitsweg nutzen rund 68 % dieser Pendler einen Pkw – eine enorme Belastung für den Verkehr. Durch integrative Konzepte, die die unterschiedlichen Nutzungsarten Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Gastronomie, medizinische Versorgung etc. vorsehen, können Quartiere nicht nur die Wohnsituation, sondern auch die Verkehrssituation entspannen. Darüber hinaus führt eine gute Anbindung der Quartiere an die bestehende Verkehrsinfrastruktur zu einer langfristigen Entlastung kompletter Verkehrsnetze. Hier sind innovative Mobilitätslösungen gefordert, die gemeinschaftliche Ansätze – Stichwort Sharing Mobility – fördern und die Schadstoff- und Lärmbelastung nachhaltig regulieren. Aspekte, die keineswegs vernachlässigt werden dürfen. Klimawandel allgegenwärtigDie Problematik des Klimawandels ist allgegenwärtig, und unsere Gesellschaft legt zur Erreichung der Klimaziele immer stärkeren Wert auf Nachhaltigkeit. Durch bewusst gesetzte Frei- und Grünflächen entsteht darüber hinaus ein grüneres Stadtbild. Um einem zusätzlichen Flächenverbrauch entgegenzusteuern, bieten sich Quartiere optimal für die Konversion von bestehenden Brachflächen an. Insbesondere ehemalige Produktionsstätten, Krankenhäuser oder Kasernen eignen sich hervorragend für die Quartiersentwicklung. So wird nicht nur zusätzlicher Wohn- und Arbeitsraum geschaffen, sondern durch moderne Bauweisen auch eine ressourcenschonende und flächeneffiziente Stadtentwicklung vorangetrieben – Brownfield-Entwicklung: ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit.Trotz eines wachsenden Umweltbewusstseins florieren die Verkaufszahlen des Online-Handels: Die Paketsendungen haben sich zwischen 2008 und 2018 mehr als verdoppelt. Die Bewältigung des erhöhten Sendungsaufkommens, teils auch kleinteiliger Sendungen, stellt urbane Räume vor neue Herausforderungen. Der coronabedingte Anstieg der Online-Bestellungen treibt das Paketaufkommen weiter in die Höhe. Quartiere mit zentral eingerichteten Paketannahmestellen können hier Abhilfe schaffen und die städtische Infrastruktur zusätzlich entlasten. Städte der ZukunftDie Digitalisierung schreitet nicht nur im privaten sowie im Arbeitsumfeld voran, sondern auch in unseren Städten. Grundlage für diese sogenannten Smart Cities sind digitale Netze wie 5G, da diese es ermöglichen, in der Stadt verteilte Sensoren zu vernetzen und zum Beispiel Verkehrsströme optimiert zu steuern oder Beleuchtung im öffentlichen Raum kosteneffizient zu gestalten. Mit Hilfe von Big-Data-Konzepten und Künstlicher Intelligenz (KI) werden Datenmengen erfasst und ausgewertet, um beispielsweise die Bedürfnisse der Bevölkerung vorherzusagen und intelligente Verkehrsinfrastruktursysteme zu entwickeln. Für die Quartiersentwicklung gilt es hier, am Puls der Zeit zu bleiben und die digitale Transformation der Städte voranzutreiben sowie entsprechend technische Grundvoraussetzungen gemeinsam mit den Städten vorausschauend einzuplanen. Individuelle KonzepteQuartiersentwicklungen bieten einen ganz bestimmten Vorteil: Für jedes Quartier besteht die Möglichkeit, einen optimalen Standortmix zu entwickeln. Die Nutzungsarten erhalten ihre Berechtigung durch ihr individuelles Gesamtkonzept. Dies geht jedoch mit einem hohen Planungsaufwand einher. Faktoren wie geografische Lage, Bevölkerungsstruktur und -entwicklung spielen bei der Quartiersentwicklung eine entscheidende Rolle, ebenso soziale Strukturen wie die Akteursstruktur der Region und die bestehende funktionale Struktur der jeweiligen Stadt. Der wirtschaftliche Erfolg eines jeden Quartiers hängt ferner entscheidend davon ab, in welchem Maße sich die Nutzer mit dem jeweiligen Quartier identifizieren. Rentable InvestitionIm Kontext der urbanen Herausforderungen tragen moderne Stadtquartiere maßgeblich zu einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung deutscher Großstädte bei. Es findet eine Verzahnung von Wohnen, Leben und Arbeiten statt, moderne Grün- und Freiflächen bleiben erhalten oder werden geschaffen. Durch effiziente Bauweise und Gebäude sowie nachhaltige Mobilitätskonzepte leisten Quartiere gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz. Gemischt genutzte Immobilien zählten bereits im Jahr 2019 in Bezug auf das Transaktionsvolumen zu den Gewinnern. Zukünftig entstehen weitere gemischt genutzte Quartiere und prägen das Stadtbild deutscher Großstädte. Sofern Lage und quartiersspezifische Anforderungen erfüllt werden, gelten Quartiere als höchst attraktive Nutzungsart und als nachhaltig rentable Investition für Investoren. Sabine Barthauer, Vorstandsmitglied der Deutschen Hypothekenbank (Actien-Gesellschaft)