Moody's: Kleinere Lebensversicherer könnten zusammenbrechen

Agentur befürchtet Reputationsschaden für Branche und bewertet deren Ausblick "negativ" - Towers Watson: Regulierung belastet

Moody's: Kleinere Lebensversicherer könnten zusammenbrechen

la/tl Frankfurt – Die Ratingagentur Moody’s warnt vor Risiken für die deutschen Lebensversicherer durch das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) und Solvency II in den kommenden 12 bis 18 Monaten. Sie begründet ihren anhaltend negativen Ausblick für die deutsche Lebensversicherungsbranche mit den niedrigen Zinsen und dem im Januar verkündeten Anleihekaufprogramm der EZB, die auf die Rentabilität drückten, sowie mit der Einführung von Solvency II.Langfristig werde sich das neue Aufsichtsregime zwar positiv auf die Branche auswirken. Aktuell wiesen einige kleinere Gesellschaften aber eine zu geringe Kapitalausstattung auf, um die Anforderungen zu erfüllen, schreibt die Ratingagentur in ihrem neuen Branchenausblick. Die Unternehmen beziehungsweise die Aufsichtsbehörden müssten diesen Zustand unter Umständen noch vor Inkrafttreten der neuen Regelungen beheben. “Ein Zusammenbruch eines oder mehrerer Akteure auf dem deutschen Markt könnte einen Reputationsschaden für die gesamte Branche bedeuten”, warnt Moody’s. Andererseits könnte das Ausscheiden von Gesellschaften den Wettbewerbsdruck mindern.Die Kapitalerträge werden in diesem Jahr um 15 bis 20 Basispunkte auf branchenweit 3,3 bis 3,4 % sinken (ohne Realisierung von Bewertungsreserven). Aktuell reichten die Anlageerträge aus, um die Garantien gegenüber den Versicherten zu erfüllen, schreibt Moody’s weiter. Der Renditerückgang werde sich angesichts des im Januar verkündeten EZB-Ankaufprogramms aber weiter beschleunigen. Trotz möglicher Gegenmaßnahmen wie Kosteneinsparungen und Kürzungen bei der Überschussbeteiligung werde die Profitabilität der Versicherer in den kommenden 12 bis 18 Monaten zurückgehen, schreibt die Ratingagentur. Damit hätten die Unternehmen auch wenig Spielraum, ihre Solvenzquoten zügig zu verbessern, wie es unter Solvency II noch wichtiger sein werde als zuvor.Die Mehrheit der Versicherer beschäftigt sich aktuell eher mit den kurzfristigen Herausforderungen ihres Marktumfeldes, heißt es im Insurer Outlook Survey 2015 der Unternehmensberatung Towers Watson. Nur wenige hätten die Frage, ob ihr Geschäftsmodell auf lange Sicht tragfähig ist und sie künftig aufkommenden Risiken noch gewachsen sind, ganz vorne auf der Agenda. An der im November 2014 durchgeführten Erhebung haben 365 Entscheider weltweit teilgenommen. Die beiden größten Herausforderungen seien für die Branche die stärkere Regulierung und das anhaltende Niedrigzinsumfeld in den nächsten ein bis drei Jahren.Besonders in Europa dominiert vor allem durch Solvency II das Thema Regulierung. 82 % der Befragten hier sahen dies als wichtigste Herausforderung an. Weltweit waren es 74 %, in Nordamerika 65 %. Beim Niedrigzins ist es genau umgekehrt: Dieses Problem wird in Nordamerika von 85 % der Befragten, in Europa von nur 68 % der Befragten als besonders kritisch wahrgenommen. Vor allem die deutschen Lebensversicherer seien durch die Zinszusatzreserve, das Lebensversicherungsreformgesetz und die anhaltende Niedrigzinsphase gezwungen, sich mit der Umstellung des Geschäftsmodells zu beschäftigen, erklärt Frank Schepers, Managing Director der Versicherungsberatung von Towers Watson. Andere europäische Märkte seien hier schon weiter. Dominierende ThemenIn der Nichtlebensversicherung dominieren der Towers-Watson-Studie zufolge die Themen Digitalisierung und Demografie. 45 % der Befragten aus dieser Sparte halten es für eine Bedrohung, dass die Versicherungsindustrie mit den technischen Innovationen nicht Schritt halten kann. Dies sei für Deutschland besonders wichtig, hier hätten die Umwälzungen die Branche bisher eher langsam erfasst, so Towers Watson weiter. In den angelsächsischen Märkten hätten das Internet als Kommunikationsplattform und der Wettbewerb durch neue Anbieter wie Vergleichsportale oder Automobilhersteller die Branche bereits nachhaltig verändert.Befragt nach ihren Befürchtungen bezüglich der wichtigsten Ressourcen setzten die Versicherer effiziente und zukunftsfähige IT-Systeme auf Platz 1. Dahinter rangieren die Gewinnung von Talenten und die richtige Vergütung der Mitarbeiter.Ihre Geschäftsaussichten in den kommenden drei Jahren sehen die Gesellschaften eher verhalten. 77 % aller Befragten erwarten in den kommenden drei Jahren gleichbleibende oder sich verschlechternde Marktbedingungen. Am negativsten beurteilen die europäischen Versicherer ihre Perspektiven. Nur 18 % der Befragten sehen kurzfristig Möglichkeiten für Wachstum, in Nordamerika sind es 20 %, in Asien und Ozeanien 52 %. Weltweit erwarten die Versicherer weiter Konsolidierung. Fast 40 % gehen davon aus, dass Wachstum vor allem durch Zukäufe zu erzielen ist.