Nachbeben am Bondmarkt

Dividendenstopp sät Zweifel an Coco-Kupons - Rabobank verunsichert Anleger

Nachbeben am Bondmarkt

Behalten die Banken die für 2019 geplanten Ausschüttungen ein, trifft das zunächst nur die Aktionäre. Wie die steigenden Risikoaufschläge zeigen, sorgen sich auch die Inhaber von Hybridanleihen um ihr Geld. Dazu beigetragen hat ein Missverständnis um die Rabobank, substanzlos ist die Befürchtung jedoch nicht.Von Anna Sleegers, FrankfurtDie nachdrückliche Empfehlung der Bankenaufsicht, während der Corona-Pandemie auf Dividendenausschüttungen zu verzichten, sorgt am Bondmarkt für Unruhe. Insbesondere bei den dem Hybridkapital (Additional Tier 1, AT1) zugerechneten Schuldpapieren von Banken zogen die Risikoaufschläge zu Wochenbeginn an, während erstrangige Bankanleihen gefragt waren.Offenbar fürchten einige Anleger, dass der Dividendenstopp auch die Auszahlung der Kupons dieser Finanzinstrumente gefährdet. Daran änderte auch ein Interview der “Financial Times” wenig, in dem der oberste Bankenaufseher Andrea Enria beteuerte, dass der empfohlene Dividendenstopp ohne Auswirkungen auf die Zinszahlungen von Hybridanleihen bleibe.Mitverantwortlich für die Turbulenzen war offenbar eine Mitteilung der niederländischen Rabobank. Das Genossenschaftsinstitut kündigte am Montag an, dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) und der niederländischen Notenbank empfohlenen Dividendenstopp Folge zu leisten, indem sie die für März, Juni und September vorgesehenen Zahlungen an die Inhaber von Rabobank-Zertifikaten vorerst zurückhält.Nun dürften sich die meisten Inhaber der Rabobank-Zertifikate darüber im Klaren sein, dass es sich bei diesen Papieren weder um Hybrid- noch um Fremdkapital handelt, sondern um Eigenkapital. Anderen Marktteilnehmern, die in die noch relativ junge Anlageklasse der sogenannten Contingent-Convertible- oder Coco-Bonds anderer europäischer Banken investiert sind, war dies offenbar nicht klar. Sie missinterpretierten die Mitteilung dahingehend, dass die Niederländer die in den Anleihebedingungen ihrer Coco-Bonds vereinbarten Zinszahlungen aussetzen mussten, weil bestimmte Anforderungen an die Kapitalausstattung unterschritten wurden. “Es war also nicht das Kreditrisiko der Banken, sondern dieses technische Merkmal, das für Unruhe im immerhin über 300 Mrd. Euro schweren Marktsegment gesorgt hat”, sagt Andreas Meyer von Aramea Asset Management.Ganz von der Hand zu weisen ist die Gefahr jedoch nicht, dass es angesichts der schwer abzuschätzenden wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und der staatlichen Gegenmaßnahmen irgendwann auch zu Kuponausfällen kommt, deren regulatorischer Zweck die Konstruktion der Coco-Bonds schließlich ist. Auch diese Einsicht dürfte die EZB den Anlegern vor Augen geführt haben mit der Empfehlung an die Banken, ihr Kapital zusammenzuhalten. Unerwünschte NebenwirkungGoldman Sachs rechnet damit, dass der Konjunktureinbruch den europäischen Banken in den kommenden drei Jahren Gewinneinbußen von 120 Mrd. Euro bescheren wird. Vor diesem Hintergrund könnte der Dividendenstopp unerwünschte Nebenwirkungen haben. So formuliert Scope die Befürchtung, dass die Einbehaltung die “Investierbarkeit” der europäischen Banken unterminiert. Das könne die Branche und damit auch die Volkswirtschaften empfindlich treffen – etwa wenn sich ausgerechnet in dem näher rückenden historischen Konjunktureinbruch die Refinanzierungskosten der Banken in die Höhe schrauben und die Kreditvergabe lähmen.