Nachfolger für Familienunternehmen sind heute dringend gesucht

Möglichst frühzeitig für eine Lösung sorgen - Dann bleiben viele Gestaltungsmöglichkeiten

Nachfolger für Familienunternehmen sind heute dringend gesucht

Von Klaus NeuhausVorstandsvorsitzender NRW.BankKaum eine Entscheidung im Leben eines Unternehmers ist derart von Emotionen geprägt, wie die Weitergabe des eigenen Betriebs. Gerade deshalb sollten Familienunternehmen möglichst frühzeitig die Nachfolge regeln. Die richtige Finanzierung ist Dreh- und Angelpunkt jeder Unternehmensübernahme.Bei rund 135000 deutschen Familienunternehmen steht bis zum Jahr 2018 die Regelung der Nachfolge an, schätzt das Institut für Mittelstandsforschung Bonn. In welche Hände diese Unternehmen gehen werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Entscheidend ist die Attraktivität des Unternehmens. Diese gilt es zu steigern, denn lediglich 8 % aller Gründer übernehmen dem KfW Gründungsmonitor 2015 zufolge ein bereits bestehendes Unternehmen.Auch laut DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2013 wird die Nachfolgersuche immer schwieriger. Denn es gibt immer weniger Kandidaten für immer weniger Unternehmen. Kamen im Jahr 2010 auf jeden von der IHK beratenen Alt-Inhaber noch 1,6 Nachfolgekandidaten, so ist diese Relation im Jahr 2012 auf nahezu 1 gesunken.Immer weniger Nachfolger kommen aus dem Familienkreis. Diese Zunahme familienexterner Lösungen hat viele Gründe. Zum einen sind die Geburtenzahlen seit den 1960er Jahren in Deutschland zunächst stark gesunken und verharren derzeit auf einem niedrigen Niveau, wodurch generell weniger Familienmitglieder als potenzielle Nachfolger zur Verfügung stehen. Sind Unternehmerkinder vorhanden, haben diese nicht immer für eine Fortführung prädestinierende Berufe erlernt oder sie entscheiden sich für eine aus ihrer Sicht attraktivere berufliche Alternative. Und schließlich sind heute mehr Unternehmerkinder als früher zum Zeitpunkt der Übergabe zur Nachfolge zu jung, da die Familiengründung häufig in ein höheres Alter verlagert wird.Oftmals fehlt dem Nachwuchs aber auch die familiäre Bindung für die Unternehmensübernahme. Von 100 Studenten, deren Eltern ein Familienunternehmen besitzen, wollen 74 nicht in die Fußstapfen der Eltern treten, ergab eine Studie des Center for Family Business der Universität St. Gallen, die in Kooperation mit der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young im Jahr 2012 durchgeführt wurde. Nur 4 % der befragten deutschen Studenten wollen direkt nach dem Studium die Nachfolge im elterlichen Betrieb antreten. Damit liegt Deutschland im internationalen Vergleich auf einem der letzten Plätze.Steht niemand aus der Familie zur Verfügung, bieten sich eine oder mehrere bereits im Unternehmen tätige Führungskräfte für einen Management Buy-out an – externe Manager für einen Management Buy-in. Vor allem bei gut im Markt aufgestellten Firmen kommen oft auch Kaufangebote von Lieferanten, Abnehmern oder Konkurrenten. Der Alt-Unternehmer ist über Unternehmervereinigungen vernetzt – oft gibt es auch aus diesem Kreis Interessenten.Möglichkeiten, einen Nachfolger zu finden, gibt es also. Zu den großen Hürden in der Nachfolgeregelung zählt jedoch die hohe emotionale Bindung des Inhabers an sein Lebenswerk. Der scheidende Patriarch kann von der Macht nicht lassen und ist überzeugt, dass kein Nachfolger jemals so gute Entscheidungen wie er selbst treffen kann. Der sogenannte “Prince-Charles-Effekt” ist die Folge, bei dem der potenzielle Nachfolger viele Jahre in den Startlöchern ausharren muss. Und diese Haltung ist durchaus verständlich – hat der Alt-Unternehmer und Ursprungsgründer doch oftmals jahrzehntelang nur für seinen Betrieb gelebt, alle Geschicke selbst gelenkt. Dennoch ist sie nicht zielführend. Hier braucht es Beratung und Unterstützung – sowie auch die Bereitschaft, diese zuzulassen.Das Nicht-loslassen-Können ist aber nur ein Grund für das möglicherweise allzu lange Hinauszögern einer Nachfolgeregelung. Auch unterschiedliche Preisvorstellungen können die Übergabe verhindern ebenso wie Qualifikationsdefizite seitens des neuen Existenzgründers und unterschätzte Anforderungen an eine Betriebsübernahme. Insgesamt finden nach IHK-Erfahrungen 40 % der Senior-Unternehmer nicht den passenden neuen Chef und sogar 46% der potenziellen Übernehmer nicht das passende Unternehmen.Dabei ist die Palette der Möglichkeiten, die Nachfolge zu regeln, sehr breit: vorweggenommene Erbschaft, Schenkung, die Gründung einer Stiftung oder der Verkauf des Unternehmens, sogar eine Verrentung des Verkaufspreises sind Varianten.Auf die Agenda wird das Thema Nachfolge häufig von den Rechtsanwälten oder Steuerberatern des Unternehmens gesetzt. Im Rahmen einer Bankberatung kommt es bei Gesprächen über das Rating des Unternehmens zur Sprache, denn fehlt eine Nachfolgeregelung, so wirkt sich das negativ auf dessen Kreditwürdigkeit aus. Da eine klare Nachfolgeregelung viel über die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens aussagt, fließt sie genauso wie Bilanzzahlen, Geschäfts- und Marktentwicklung in das Rating ein. Zudem ist bei inhabergeführten Unternehmen der Kopf des Unternehmens im Ratingverfahren die entscheidende Stellschraube.Wichtig ist, so früh wie möglich damit anzufangen – dann bleiben viele Gestaltungsmöglichkeiten.Einer der wichtigsten Bausteine in der Nachfolgelösung ist die Finanzierung. Deshalb sollte die Hausbank rechtzeitig in den Übergabeprozess mit einbezogen werden. In der Regel fallen bei einem Unternehmenskauf der ausgehandelte Kaufpreis sowie Transaktionskosten in Höhe von etwa 5 % des Kaufpreises an. Wird das Unternehmen an ein Familienmitglied übertragen, ist zudem zu prüfen, ob etwaige Erbansprüche anderer Familienmitglieder zu berücksichtigen sind. Außerdem sollte der zukünftige Unternehmer bereits beim Kauf bedenken, dass das Unternehmen über ausreichend Betriebsmittel und Mittel für Ersatz- und Neuinvestitionen verfügt, um den Geschäftsbetrieb nachhaltig zu sichern.Finanzieren kann der Übernehmer dies, indem er Fremdkapital aufnimmt und dies zum Erwerb des Unternehmens nutzt. Hier kommt ein Akquisitionsdarlehen in Frage, das von Banken zur Finanzierung des Unternehmenskaufpreises ausgegeben wird und für gewöhnlich in eine Tilgungstranche und eine endfällige Tranche strukturiert ist.Zur Stärkung der Eigenkapitalbasis besteht die Möglichkeit, externes Beteiligungskapital über eine offene Minderheitsbeteiligung aufzunehmen. Der Beteiligungsgeber tritt dabei im Außenverhältnis als weiterer Gesellschafter des Unternehmens auf, im Innenverhältnis kann die Übernahme von unternehmerischen Rechten und Pflichten individuell vereinbart werden. Auch die Nutzung einer stillen Beteiligung bietet sich an. Hierbei leistet der stille Gesellschafter eine Einlage in das Unternehmen, wird aber im Außenverhältnis nicht als Gesellschafter ausgewiesen. In der Regel sind die Einflussmöglichkeiten eines stillen Gesellschafters auf die Geschäftsführung des Unternehmens zudem deutlich zurückgenommen.Eigenkapital und eigenkapitalähnliche Mittel sollten idealerweise insgesamt in der Größenordnung von rund 50 % des Transaktionsvolumens vorliegen.Auch Förderbanken wie die NRW.Bank bieten Lösungsmöglichkeiten zur Nachfolgefinanzierung. Die Bank unterstützt Übernahmen durch Existenzgründer mit dem NRW.Bank.Gründungskredit oder dem NRW.Bank.Universalkredit. Reichen die Sicherheiten des Übernehmers nicht aus, kommt möglicherweise eine Bürgschaft der Bürgschaftsbank NRW infrage.Über den NRW.Bank.Mittelstandsfonds und die Kapitalbeteiligungsgesellschaft in NRW (KBG) steht Eigenkapital in Form von stillen Beteiligungen oder individuellem Mezzanine-Kapital zur Verfügung. Ziel der Förderbank ist es, dadurch die Wirtschaftskraft des Landes zusätzlich zu stabilisieren und auszubauen. Ist die Übernahme geglückt und dem Unternehmen geht es nach einigen Jahren gut, steigt die Eigenkapitalgeberin wieder aus. So bleiben die mittelständischen Strukturen in der Wirtschaft erhalten.