Nachhaltigkeit wird zum "Muss"

Immer mehr Investoren wollen "grüne" Immobilien - Mehr als Energie sparen

Nachhaltigkeit wird zum "Muss"

tl Frankfurt – Das Interesse an nachhaltigen Investments steigt. Das gilt auch für Immobilien. Aber was bedeutet Nachhaltigkeit eigentlich genau? Wie sollten institutionelle Investoren vorgehen, wenn sie in Nachhaltige anlegen wollen? Mit diesen Fragestellungen beschäftigte sich die Tagung “Investments in grüne Immobilien – Umsetzung von Nachhaltigkeitskriterien im Immobilienportfolio” der Börsen-Zeitung und des Immobilien-Assetmanagers LaSalle Investment Management.Umweltfaktoren, soziale Faktoren und Aspekte der guten Unternehmensführung (Governance), kurz ESG, müssen vollumfänglich in den gesamten Investmentprozess eingebunden werden, forderte Claus Thomas, Head of Germany von LaSalle Investment Management, in seinem Eröffnungsvortrag. Zu den Umweltfaktoren gehören Energieeffizienz und die Verringerung von CO2-Emissionen, bei den sozialen Faktoren geht es um Wohlbefinden der Mieter und Mitarbeiter, aber auch die Schaffung von Arbeitsplätzen. Schließlich sind die Verhinderung von Korruption und die Transparenz des gesamten Entscheidungsprozesses Teil einer guten Unternehmensführung.Für Altersvorsorgeeinrichtungen sei mit Blick auf das langfristige Wohl der Pensionäre ESG “keine Option mehr, sondern ein fester Bestandteil der Investitionsstrategie”. Außerdem sähen die internen Richtlinien von Stiftungen und Kirchen bestimmte Anteile an “grünen” Investments vor, sagte Thomas. Wurden früher Nachhaltigkeit und Rendite häufig als Gegensätze gesehen, so gälten heute nachhaltige Immobilien als langfristig besser vermietbar und verkaufbar. Dies spiegelt sich auch in Umfragen bei Investoren wider (siehe Grafik).Regional sind Investoren an Nachhaltigkeitsthemen unterschiedlich stark interessiert. Für Europa konstatiert Thomas eine steigende Mieternachfrage nach entsprechenden Immobilien, aber auch zunehmende gesetzliche Auflagen (vor allem in Deutschland). In Asien und Australien gebe es zunehmende staatliche Anreize in diese Richtung, während in den USA das Bild sehr heterogen sei. “Einige große Pensionskassen legen großen Wert auf Nachhaltigkeit, andere wiederum sind nur an einer möglichst hohen Rendite interessiert.” Wirtschaftlicher UnsinnHagen Knaupp von LaSalle Investment Management warnte aber am Beispiel des von seiner Firma entwickelten Büroprojekts Metris in München vor wirtschaftlich unsinnigen Entscheidungen. “Wir haben eine Dreifachverglasung geprüft, dann aber verworfen, weil sie deutlich teurer ist als eine Zweifachverglasung, aber nur vergleichsweise wenig Energie einspart.”Claus Thomas berichtete von einer Ausschreibung für ein Mandat der größten französischen Pensionskasse, bei der 2008/2009 erstmals ESG-Themen von großer Bedeutung waren. “Die Gewichtung lag in der Bewertung bei 35 bis 45 %. Das war nach der Immobilienperformance der stärkste Faktor.” Den Abschlag für nachhaltige Immobilien im Vergleich zu “normalen” bezifferte LaSalle IM damals mit etwa 50 Basispunkten, das ausgeschriebene europäische Core-Portfolio hätte also 6,5 % statt 7 % Rendite abgeworfen.”Die Lösungen zur ESG-Kapitalanlage sind nicht widerspruchsfrei”, warnte Carl-Heinrich Kehr, Principal bei der Unternehmensberatung Mercer. “Einerseits können weitere Investitionen in Verbrennungsmotoren die Entwicklung alternativer Antriebe verzögern. Andererseits hilft die weitere Forschung für Verbrennungsmotoren dem Umweltschutz.” Kehr forderte Unternehmen und Investoren auf, aktiv zu werden. “Fangen Sie mit etwas an, spätere Korrekturen sind legitim.” Der öffentlich geführte Diskurs sei wichtig, um sinnvolle Nachhaltigkeitskriterien zu entwickeln.Die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) verfolgt in ihrem Zertifizierungssystem einen ganzheitlichen Ansatz. “Es geht um die Gesamtperformance eines Gebäudes beziehungsweise Quartiers und nicht um einzelne Maßnahmen”, sagte DGNB-Geschäftsführerin Christine Lemaitre. “Ökologie, Ökonomie und soziokulturelle Faktoren werden gleich gewichtet.” Ganz neu ist bei der DGNB das Zertifikat “Gebäude im Betrieb”. “Dort gibt es nur neun Kriterien – statt 43 wie bei unseren Neubau-Zertifikaten.”Als erstes Unternehmen hat die ECE, einer der großen Investoren in Einkaufszentren, dieses neue Zertifikat in ihre Unternehmensprozesse integriert.Eine Immobilie kann nur dann wirklich nachhaltig sein, wenn ihr gesamter Lebenszyklus betrachtet wird. Diese Ansicht vertrat Fabian Tacke, Vorstand der Klimagut Immobilien AG und Vorstandsmitglied des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG), in seinem Vortrag. Dazu gehöre zum Beispiel auch die Frage, woher das Geld für die Finanzierung kommt. Claus Thomas bestätigte, dass in seiner Firma der Know-your-Customer-Ansatz zur Verhinderung von Geldwäsche strikt befolgt werde. Das gelte für Kunden, aber auch bei Transaktionsentscheidungen.—– Wertberichtigt Seite 8