Nachprüfung für EU-Regeln

EU-Parlament fordert Bestandsaufnahme nach sechs Jahren eiliger Regulierung

Nachprüfung für EU-Regeln

Das Europäische Parlament bereitet einen Initiativantrag vor, damit die seit 2009 in Reaktion auf die Finanzkrise unter hohem Zeitdruck entstandenen EU-Verordnungen und Richtlinien noch einmal überprüft werden. Dabei ist aber nicht beabsichtigt, in großem Rahmen beschlossene Gesetze wieder aufzuheben, stellt der federführende Europaabgeordnete Burkhard Balz klar.fed Brüssel – Das EU-Parlament hat jetzt den – von Balz ausgearbeiteten – vorläufigen Vorschlag für einen Initiativantrag veröffentlicht. Ziel ist es, diesen Text, nachdem er von den Abgeordneten diskutiert und entsprechend geändert und angepasst worden ist, noch vor Ende des Jahres im Plenum des EU-Parlaments zu verabschieden. “Es geht nicht darum, großflächig Regulierung zurückzunehmen”, betont der CDU-Politiker im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Vielmehr werde eine Bestandsaufnahme angestrebt, um nach sechs Jahren krisenbedingt eiliger Finanzmarktregulierung zu sondieren, wo Regelungen besser aufeinander abgestimmt werden müssen oder über das Ziel hinausschießen. Proportionalität bedeutsamKonkret schlägt Balz in seinem Entwurf deshalb zweierlei vor: Erstens werden die EU-Kommission und die europäischen Aufsichtsbehörden (EBA, ESMA, EIOPA) aufgefordert, “regelmäßig (mindestens jährlich) die Stimmigkeit (,coherence`) und Folgerichtigkeit (,consistency`) der Gesetzgebung zu überprüfen, sowohl durch eine Querschnitts- als auch durch eine Einzelbetrachtung einzelner Regelungen”. Ein besonderes Augenmerk soll dabei der Frage gelten, ob bei den Vorgaben in ausreichendem Maß das Prinzip der Verhältnismäßigkeit (“proportionality”) berücksichtigt wurde, insbesondere was die Anforderungen an kleine und mittlere Marktteilnehmer angeht. An anderer Stelle wirbt der Antragsentwurf noch einmal ausdrücklich für einen risikobasierten Ansatz nach dem Motto: Gleiche Regeln für gleiches Risiko. Balz geht damit auf Distanz zum Prinzip, alle Banken, Fonds, Versicherer oder Unternehmen regulatorisch über einen Kamm zu scheren. Ganz im Gegenteil gebe ein solcher “One-size-fits-all-Ansatz Anlass zur Sorge, dass kleine und nur auf dem nationalen Markt tätige Anbieter benachteiligt würden, beispielsweise im Rahmen der einheitlichen Bankenaufsicht”. Kumulative EffekteZweitens hebt der – bislang ja noch vorläufige – Antrag des EU-Parlaments hervor, dass sich die Auswirkungen einzelner Gesetze deutlich von den kumulativen regulatorischen Effekten unterscheiden – dass also individuelle Maßnahmen oft im Zusammenspiel mit anderen Vorgaben unerwünschte Folgen haben. Deshalb enthält der Entwurf die Forderung, die EU-Kommission möge gemeinsam mit allen europäischen Aufsichtsbehörden und dem Systemrisikorat ESRB “alle fünf Jahre eine umfassende qualitative und quantitative Auswirkungsstudie der Finanzmarktregulierung auf Ebene der EU und der Mitgliedsstaaten erstellen” – und zwar erstmals nächstes Jahr. Der Vorschlag korrespondiert – zumindest teilweise – mit Ansagen und Planungen von EU-Finanzmarktkommissar Jonathan Hill. Denn der Brite hat ohnehin vor, die mit heißer Nadel gestrickte Regulierung seines Vorgängers Michel Barnier einem General-Check zu unterziehen. Ansatzweise hat Hill damit bereits begonnen, etwa durch die im Frühsommer gestartete Konsultation in Sachen Kapitalanforderungen. Im Verlauf des Jahres werden weitere Anfragen unter Marktteilnehmern erwartet, um zu erfahren, welche Brüsseler Vorgaben als besonders unangemessen empfunden werden.Balz macht in seinem Entwurf schließlich den zuletzt gewachsenen Unmut der Abgeordneten über die manchmal die EU-Vorgaben sehr offensiv auslegenden Aufsichtsbehörden deutlich. Daher enthält der Entwurf an mehreren Stellen die Aufforderung an EBA, ESMA und Co., ihre Mandate nicht zu überschreiten und den Auftrag, Leitlinien zu formulieren, nicht politisch zu dehnen.