Fintechs

Neobanken fehlt die Profitabilität

Die Neobanken haben beim Brutto-Kundenwachstum zwar ge­glänzt, dafür aber bei anderen Dingen geschlampt. Daten von Simon-Kucher zufolge arbeiten fast alle Neobanken defizitär, was nach Jahren mit Fokus auf Skalierung grundsätzlich keine Sünde ist; aber es werden doch einige Mängel diagnostiziert.

Neobanken fehlt die Profitabilität

bg Frankfurt – Dem „Global Neobanking Radar“ von Simon-Kucher & Partners zufolge arbeiten nur zwei der global 25 größten Neobanken kostendeckend. Einer Mitteilung vom Dienstag zufolge schaffen es weniger als 5% von den insgesamt rund 400 Neobanken über die Gewinnschwelle. Der Grund: Ein Großteil der Institute erwirtschaftet im Jahr weniger als 28 Euro Umsatz pro Kunde. Und Simon-Kucher weist genüsslich darauf hin, dass „dieses finanzielle Dilemma“ auch renommierte Neobanken betreffe – und das ein Jahrzehnt nach dem Start des Neobanking-Hypes.

Mit dem Global Neobanking Radar will Simon-Kucher weltweit das Potenzial für nachhaltiges Wachstum von Neobanken bewerten. Diese kommen den Daten zufolge auf fast eine Milliarde Kundenkonten – nur eben mit geringen Umsätzen. Neobanken zählen meist auch nur regis­trierte Kunden in den Bruttozahlen mit, um insgesamt größer zu wirken, was wiederum den Umsatz pro Kunde verwässern würde. Neobanken setzen auf volldigitale Kundenbeziehungen und werden in privaten Finanzierungsrunden hoch bewertet. In Deutschland gibt es Simon-Kucher zufolge 13 „Native Neobanks“ – ein Begriff, der diese abgrenzt zu Ausgründungen von Banken, die mit modularen Konzepten ins reine Digitalbanking drängen.

Erfreulich ist, dass der Unternehmergeist im Sektor durch die schwache Umsatzentwicklung nur leicht gebremst wird. Wurden 2020 global 94 Neobanken gegründet, kamen 2021 noch 59 neue hinzu, heißt es in der Mitteilung. Dabei setzen viele Newcomer auf Banking-as-a-Service-Dienstleister wie die Solarisbank und Rapyd, um neben Cloud-Banking-Ressourcen auch die Banklizenzen im Hintergrund zu nutzen. Das begrenzt zwar die Höhe des anfänglichen Aufwands, kostet über die Zeit aber stetig Gebühren – und das bei noch geringen Deckungsbeiträgen.

Die Speedboote kommen

Bei jeder dritten Neugründung im Sektor handelt es sich Simon-Kucher zufolge um sogenannte „Innovation Speedboats“ oder reine Digitalbanken, gegründet von Finanzdienstleistungskonzernen oder konventionellen Banken. Ein Trend, der sich den Experten zufolge weiter verstärken wird. Vor allem, da etablierte Banken nach Optionen suchen, neue Märkte und Segmente zu erreichen, wie es zur Begründung heißt.

Aber wie können Neobanken profitables Wachstum erzielen? Die Experten geben den Start-ups dafür Handlungsempfehlungen an die Hand, denn spätestens im siebten Betriebsjahr steige das Risiko des Scheiterns exponentiell. Das fängt damit an, dass Neobanken zunächst einmal zwei Fehler unterlassen sollten: Zum einen wird die geografische Expansion zu früh beschleunigt, was Managementkapazitäten und liquide Mittel bindet. Man denke nur an N26 und den Exit aus Märkten wie Großbritannien und den USA. Zum anderen setzten die Start-ups zu wenig ihre Fähigkeit ein, Trends jenseits ihres Kernangebotes zu erkennen – wenn man nur Konto und Payment anbietet und den Aktienhandel ausklammert. Zudem fehle es an Monetarisierungsstrategien, wenn man mit einem gebührenfreien Produkt angefangen habe. Das hat zur Folge, dass sich die Neobanken mit den Kernangeboten Konto und Kartenzahlungen sehr ähnlich seien – somit fehlt es an Differenzierung. Beide Produkte stehen zwar für 70% der Neobanken-Erlöse, sind Simon-Kucher zufolge aber „Loss Leaders“. Um das zu ändern, bieten sich den Experten zufolge vier potenzielle Cash-Cows an: Buy Now Pay later (BNPL) und Embedded Finance, Digitale Investments, Kryptowährungen und digitale Immobilienkredite bzw. allgemeines Kreditgeschäft.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.