Studie zu Klimaschutz

Netto-Null-Versprechen sagt wenig aus

Seitdem sich die Finanzbranche Klimaschutz auf die Fahnen schreibt, zeigen auch wirtschaftskritische Organisationen mehr Interesse an der Kapitalanlage. Eine Studie zeigt nun, dass die „Net Zero“-Allianzen wenig aussagen.

Netto-Null-Versprechen sagt wenig aus

jsc Frankfurt

Der Aufschwung von Klimaschutzinitiativen in der Finanzbranche lässt bislang kaum Rückschlüsse auf das tatsächliche Abstimmungsverhalten von Investoren zu: Denn unabhängig davon, ob sich Geldgeber hinter das Versprechen einer Nullemissionswirtschaft stellen oder nicht, stimmen sie auf Hauptversammlungen mittlerweile in der Mehrzahl der Fälle für Klimaschutzanliegen, zeigt eine von der australischen Nichtregierungsorganisation Sunrise Project beauftragte Studie.

Die Investoren hinter einer heutigen Net-Zero-Initiative haben zwar in früheren Jahren häufiger für Klimaschutzanliegen gestimmt als vergleichbare Anleger, doch das war mehrere Jahre bevor 2019 die ersten „Net Zero“-Allianzen geschmiedet wurden. Die Gesellschaften waren also rückblickend Vorreiter, schreiben die Autorinnen und Autoren der Universitäten in Edinburgh, Belfast und Dublin. Doch in jüngerer Vergangenheit, also seit dem Unterzeichnen der Initiative, sei kein statistischer­ Unterschied erkennbar. Die Mitgliedschaft in einer Initiative­ signalisiere somit weniger einen tatsächlichen Sinneswandel, sondern sei eher eine Bestätigung der bisherigen Abstimmungspraxis. Andere Investoren, die nur die allgemeineren Ziele der Principles for Responsible Investment (PRI) unterzeichnet haben, stimmen ähnlich häufig für Klimaschutzvorhaben.

„Mangel an Transparenz“

Allerdings krankt die Studie daran, dass nur wenige Investoren untersucht wurden: Weil es an Abstimmungsdaten mangelt, stellt der Bericht lediglich jeweils neun Finanzadressen nebeneinander. Eine umfassende Bewertung sei nicht möglich, räumt die Organisation Urgewald ein, die bei der Studie eingebunden war und in der Branche einen „eklatanten Mangel an Transparenz“ ausmacht. Die Studie empfiehlt Investoren, ihr Abstimmungsverhalten transparent darzustellen.

Hinzu kommt, dass die Studie die Mitgliedschaft in verschiedenen Initiativen nicht auseinanderhält. Denn untersucht wurde der Effekt der Mitgliedschaft in der Net-Zero Asset Owner Alliance, die Kapitalsammelstellen umfasst, also Pensionskassen und Versicherer. Doch die Studie wertete unter anderem auch Allianz Global Investors, Axa Investment und Aviva Investors aus – dabei sind die Fondstöchter anders als ihre Muttergesellschaften Allianz, Axa und Aviva nicht Mitglied der Initiative, sondern lediglich im Pendant für Fondsgesellschaften, der Net Zero Asset Management Initiative, organisiert.

Die verschiedenen Net-Zero-Allianzen, die auch Initiativen speziell für Banken, weitere Finanzdienstleister, Investment Consultants und erneut Versicherer umfassen, sind teils mit Unterstützung der Vereinten Nationen seit 2019 aufgetaucht. Die Unterzeichner der Net-Zero Asset Owner Alliance stellen sich damit öffentlich hinter das Ziel, dass die Anlageportfolios im Jahr 2050 einer Wirtschaft entsprechen, die unterm Strich keine weiteren Treibhausgase ausstößt. Dieses politische Versprechen sollen die Teilnehmer alle fünf Jahre mit einem Fahrplan mit konkreten Zielen untermauern. Neben weiteren Punkten zählt auch ein Engagement gegenüber Unternehmen zu den erklärten Zielen.

Nicht immer aber zeigen sich Investoren einig, wie streng die Klimavorgaben für Unternehmen sein sollten. Ein Antrag auf der Hauptversammlung von Shell, der vom Management verbindliche Reduktionsziele einforderte und aus den Reihen engagierter Aktionäre stammte, fand im Mai nur bei einem Teil der Investoren Zustimmung – Allianz Global Investors, das Assetmanagement der Axa und der US-Pensionsfonds Calpers lehnten den Vorstoß laut Bericht ab. Während der Plan knapp ein Drittel der Stimmen erreichte, stimmte eine deutliche Mehrheit der Aktionäre stattdessen für den Plan des Managements, der wiederum von verschiedenen NGOs als nicht hinreichend kritisiert worden war. Es sei unklar, ob die Net-Zero-Unterzeichner eine „ausreichend konsistente Sicht“ verträten, hält das Autorenteam fest.

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