Neue Beipackzettel für Finanzprodukte kommen später
ahe Brüssel
Die Anpassungen der Priips-Standards und insbesondere der Infoblätter für Finanzprodukte sollen nun doch erst am 1. Juli 2022 und damit sechs Monate später in Kraft treten als eigentlich vorgesehen. Dies kündigte EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness in einem Brief an den Econ-Ausschuss im Europaparlament sowie an die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft an.
In dem Schreiben, das der Börsen-Zeitung vorliegt, verweist sie darauf, dass die EU-Kommission die neuen Standards im Juni beschließen werde. Durch die noch notwendigen Übersetzungen und Überprüfungszeiten würden diese aber frühestens im vierten Quartal im offiziellen Amtsblatt der EU veröffentlicht werden und damit in Kraft treten können. Damit bliebe Unternehmen, Beratern und Aufsichtsbehörden nur noch wenig Zeit, die neuen Regeln umzusetzen. Ursprünglich sollten die neuen Infoblätter schon ab Januar 2022 eingesetzt werden.
Hintergrund der Verzögerungen ist ein Streit zwischen den drei europäischen Finanzregulierungsbehörden (ESAs), der Kommission, dem EU-Parlament sowie den betroffenen Branchen über den Umgang mit den Performance-Szenarien in den Informationsblättern und insbesondere den Umgang mit historischen Daten in den Anlegerinfos. Die ESAs hatten erst im Februar gemeinsame Vorschläge für neue Priips-Standards an die EU-Kommission geschickt, nachdem diese lange blockiert waren.
Der Kompromiss – der nun erst in gut einem Jahr umgesetzt wird – sieht vor, dass die Beipackzettel auch in Zukunft nur vorausschauende Performance-Szenarien enthalten, aber die Anbieter von Finanzprodukten die historische Entwicklung auf ihrer Website veröffentlichen und in den Anlegerinformationen darauf verweisen können.
Die Verzögerungen bei den neuen technischen Standards für Anlegerinformationen hat allerdings auch Auswirkungen auf die Publikumsfonds. Denn die ihnen gewährte Ausnahme, auf einen Priips-Beipackzettel verzichten zu können, ist eigentlich auch nur bis Ende 2021 datiert. Auch diese Frist will die EU-Kommission nun um ein halbes Jahr verlängern.
McGuinness kündigte in ihrem Brief, der an die Econ-Vorsitzende Irene Tinagli und den derzeitigen Ecofin-Vorsitzenden, den portugiesischen Finanzminister João Leão ging, an, diese Änderungen über Eilverfahren, sogenannte Quick Fixes, umzusetzen. Zugleich soll auch die OGAW-Richtlinie angepasst werden, um doppelte Offenlegungspflichten zu vermeiden, wie es hieß. McGuinness rief die beiden europäischen Mitgesetzgeber dazu auf, möglichst bis Ende 2021 eine Einigung für diese Vorschläge zu finden.
Eines stellte die irische Finanzmarktkommissarin allerdings auch klar: Eine inhaltliche Überprüfung der Priips-Regulierung beziehungsweise auch der OGAW-Richtlinie ist damit nicht verbunden. Die umfassende Überprüfung der Priips-Verordnung bleibt für die EU-Kommission eine Priorität, werde aber erst im ersten Halbjahr 2022 als Teil einer umfassenden Retail-Investment-Strategie angegangen, bekräftigte McGuinness.
Dabei solle dann auch sichergestellt werden, dass die europäischen Anlegerschutzregeln, einschließlich der Offenlegungspflichten, „über alle Rechtsinstrumente hinweg kohärent“ seien. Hierzu will die Brüsseler Kommission in Kürze auch noch eine öffentliche Konsultation starten.
BVI: Pragmatische Lösung
Der deutsche Fondsverband BVI zeigte sich zufrieden damit, dass Publikumsfonds die wesentlichen Anlegerinformationen nun erst ab Juli 2022 ersetzen sollen. Die EU-Kommission ermögliche damit eine „pragmatische Einführung“ der Priips-Infoblätter für Fonds, sagte BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter auf Nachfrage.
„Damit gibt die EU-Kommission den Fondsgesellschaften ausreichend Zeit, um die neuen Vorgaben sorgfältig umzusetzen.“ Zudem entstehe keine Verwirrung bei Anlegern und Beratern, da es kein Nebeneinander von Priips- und OGAW-Anlegerinformationen für einen Fonds mit unterschiedlichen Informationen gebe.