Neuer Blick auf Software hilft Banken

Aufwand muss künftig nicht unbedingt von Kapitalquote abgezogen werden - Deutsche Bank profitiert

Neuer Blick auf Software hilft Banken

Die EU-Regulierung wertet Banken-Software als Vermögenswert auf. Gemäß der künftigen Eigenmittelverordnung CRR II müssen Institute entsprechenden Aufwand nicht mehr vom harten Kernkapital abziehen. Heben wird dies vor allem die Kapitalquoten von Nordea, Deutscher Bank, Lloyds und Barclays. bn Frankfurt – Die Deutsche Bank dürfte neben Barclays, Lloyds und Nordea zu den Gewinnern gehören, wenn Banken gemäß der künftigen EU-Eigenmittelverordnung CRR II Software-Investitionen nicht mehr vom harten Kernkapital abziehen müssen. Dies geht aus einer Studie der Kreditanalysten der Commerzbank hervor. Demnach können diese vier Großbanken auf eine Verbesserung ihrer harten Kernkapitalquote im jeweils dreistelligen Basispunkte-Bereich rechnen (siehe Grafik). Mit der Beendigung des Kapitalabzugs wollen die Regulierer dem Umstand gerecht werden, dass Software für Banken einen zunehmend wichtigen Vermögenswert darstellt.Diese Perspektive ist besonders für die Deutsche Bank verlockend, um die vor dem Hintergrund offenbar anstehender Restrukturierungen im Investment Banking erst dieser Tage wieder Gerüchte einer Kapitalerhöhung kreisten. Im Interview der Börsen-Zeitung Ende Mai hatte der Finanzvorstand James von Moltke das Thema denn auch plakatiert: “Das heißt für uns, dass wir etwa 100 Basispunkte mehr an Kernkapital zur Verfügung haben – so wie heute schon zahlreiche unserer Wettbewerber etwa aus der Schweiz oder den USA, wo IT-Investitionen den dortigen Regeln zufolge nicht vom Eigenkapital abgezogen werden”, erklärte er. “Das heißt umgekehrt auch, dass unsere Kapitalkalkulation heute um 100 Basispunkte konservativer als die unserer Wettbewerber in der USA oder der Schweiz ist.”Zwei Haken hat die Sache freilich: Zum einen hilft die Reform der EU-Eigenmittelverordnung dem Institut derzeit wenig, da die Änderungen erst 2021 greifen dürften. Und zum anderen muss die Aufsicht den Software-Aufwand jeweils als hartes Kernkapital anerkennen. Dabei hängt das Ergebnis unter anderem von der Einschätzung ab, inwieweit die Bewertung der IT einen Zusammenbruch des Instituts überstehen würde. “Wir werden also vermutlich nicht die kompletten 100 Basispunkte anerkannt bekommen, aber doch einen Teil davon”, sagt daher von Moltke. Er setzt das maximale Potenzial konservativer an als die Commerzbank-Analysten, die auf Basis von 4,4 Mrd. Euro aktivierter Software-Assets sowie Risikoaktiva von 350 Mrd. Euro rechnerisch ein Aufwärtspotenzial von 126 Basispunkten für die harte Kernkapitalquote errechnet haben. Die Commerzbank selbst äußert sich auf Anfrage nicht zum Effekt der CRR II auf ihre Quote. Große UnsicherheitAuch die Analysten der Bank aber sprechen von großer Unsicherheit mit Blick auf die Art, wie die Behörden den nachhaltigen Wert bilanziell aktivierter Software bestimmen werden: “Wir glauben, dass nur ein Teil des Bilanzwertes als permanent im Falle einer Abwicklung angesehen und der momentane Abzug vom Eigenkapital daher reduziert, aber nicht vollkommen wegfallen wird”, heißt es in der Studie. Jeglicher Anstieg der harten Kernkapitalquote würde die Kreditqualität somit nicht wesentlich verbessern.Sollte eine Bank eine verbesserte Eigenkapitalquote nutzen, ihre Ausschüttungsquote oder ihre Risikoaktiva zu erhöhen, wäre das aus Gläubigersicht sogar negativ, wie es heißt: “Aus einer Kreditrisiko-Perspektive sehen wir diesen Wechsel eher als optisch denn als fundamental an.” Doch selbst wenn nur ein Teil des momentanen Abzugs revidiert würde, könnte dies für Banken wie Nordea, Deutsche Bank, Lloyds und Barclays gleichwohl einen Unterschied machen, wird festgestellt.Dass das Quartett zu den größten Nutznießern der Neuerung wird, hat einen schlichten Grund: In Relation zu ihrer Bilanzsumme haben diese Häuser am fleißigsten Entwicklungsaufwand und zugekaufte Software nicht als Kosten ins Ergebnis gebucht, sondern als immateriellen Vermögenswert aktiviert. Dies stützt kurzfristig das Ergebnis, zieht auf Sicht aber Abschreibungen und Wertberichtigungstests nach sich.So hatte Barclays Ende 2018 von ursprünglich 6,2 Mrd. Pfund Software-Kosten 3,6 Mrd. aktiviert und die übrigen 2,6 Mrd. bereits abgeschrieben, wertberichtigt oder veräußert, was der Commerzbank zufolge allein 2018 mit 719 Mill. Pfund zu Buche schlug. Deutsche-Bank-Finanzvorstand von Moltke: “In jedem Quartal bewerten wir die als Anlage aktivierte Software sowie entsprechende Anwendungen neu und nehmen bei Bedarf kleinere Abschreibungen vor, manchmal beschleunigen wir sie auch.”