Neuerungen durch Mifid II
Prof. Dr. Peter BalzerPartner bei Sernetz Schäfer Rechtsanwälte Partnerschaft mbBZum 3. Januar 2018 haben sich mit der Umsetzung von Mifid II zahlreiche Neuerungen insbesondere für die Anlageberatung und die Vermögensverwaltung ergeben. Allerdings ist auch fast ein Jahr später noch immer eine deutliche Verunsicherung der Marktteilnehmer über den Regelungsinhalt einzelner Vorgaben festzustellen, zumal sich die BaFin bislang nur vereinzelt zu Auslegungsfragen geäußert und Umsetzungsdefizite beanstandet hat. Eingegriffen hat die Aufsicht u. a. bezüglich der neu geschaffenen Pflicht zur Ex-ante-Kostentransparenz. So ist die BaFin zum einen der verbreiteten Praxis, die Zuwendungen bei den Produktkosten auszuweisen, entgegengetreten. Die Aufsicht fordert einen gesonderten Ausweis der Zuwendungen bei den Dienstleistungskosten, ohne dass sich hieraus aber Auswirkungen auf die dem Kunden mitzuteilenden Gesamtkosten ergeben würden.Als problematisch erweist sich die Umsetzung der Ex-ante-Kostentransparenz insbesondere dann, wenn der Kunde aus eigenem Antrieb einen telefonischen Auftrag erteilen will. Da die Verpflichtung nicht an eine Kaufempfehlung anknüpft, ist dem Kunden auch in diesem Fall die entsprechende Information auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Es genügt daher nicht, das Telefonat mit dem Kunden, das sich auch auf die Kosteninformation erstreckt, aufzuzeichnen. Die zulässige Einstellung der Kosteninformation in ein elektronisches Postfach wird zwar vermehrt angeboten, aber noch längst nicht von allen Kunden nachgefragt. Dies hat zur Folge, dass das Institut den Auftrag nicht entgegennehmen und ausführen darf, solange dem Kunden die Kosteninformation nicht zur Verfügung gestellt worden ist. Den Überlegungen der Branche, in diesen Fällen den Kunden auf standardisierte und ihm bereits im Zuge der Umsetzung von Mifid II übersandte allgemeine Kosteninformationen zu einzelnen Anlagenklassen zu verweisen, ist die BaFin entgegengetreten, da der erforderliche Bezug zu einem konkreten Finanzinstrument fehlt. Unklarheiten bei der Anwendung der neuen Verhaltenspflichten bestehen auch bei der Vermögensverwaltung. Hintergrund ist, dass verschiedene Vorschriften auf Beratungssituationen und eine eigenverantwortliche, produktbezogene Anlageentscheidung des Kunden zugeschnitten sind, so dass sie auf die Vermögensverwaltung nicht ohne Weiteres übertragen werden können. Dies gilt z. B. für das Zielmarktkonzept, bei dem bislang nicht abschließend geklärt ist, inwieweit hierbei nicht nur auf die mit dem Kunden vereinbarten Anlagerichtlinien abzustellen ist, sondern auch die einzelnen Aufträge, die der Verwalter in Umsetzung der Anlagestrategie tätigt, noch zu berücksichtigen sind. Da die Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV), mit der die durch Mifid II neu gefassten Verhaltenspflichten des WpHG auf die mehr als 37000 freien Vermittler mit einer gewerberechtlichen Erlaubnis übertragen werden, bislang nicht in einer überarbeiteten Fassung vorliegt, gilt für diese Vermittler noch immer die frühere Rechtslage. Eine zeitnahe Umsetzung der Mifid II-Vorgaben durch die neue FinVermV ist allerdings zwingend geboten. Dies gilt zum einen deshalb, weil der europäische Gesetzgeber einen den Bankberatern vergleichbaren Pflichtenstandard als Voraussetzung für eine Erlaubnisfreiheit der Finanzanlagenvermittler fordert. Es erscheint zudem zwingend, dass diese Vermittler, soweit sie bei ihrer Tätigkeit mit der Kreditwirtschaft konkurrieren, auch identischen Pflichten unterworfen werden. Vor diesem Hintergrund wäre auch die im Koalitionsvertrag vorgesehene Unterstellung der freien Vermittler unter die Aufsicht der BaFin ein zu begrüßender Schritt bei der Schaffung eines effektiven und einheitlichen Anlegerschutzes.