"Nicht die notwendigen Lehren gezogen"

Kirsch: Europa bei Krisenaufarbeitung hintendran

"Nicht die notwendigen Lehren gezogen"

sto Frankfurt – Der Chef der DZ Bank, Wolfgang Kirsch, ist mit seinen Mitbewerbern in Europa hart ins Gericht gegangen. “Zu groß ist die Anzahl der Institute, die immer noch an der Krisenbewältigung arbeiten und aus der Finanzkrise bisher nicht die notwendigen Lehren gezogen haben”, sagte der Vorstandsvorsitzende des genossenschaftlichen Zentralinstituts in einer Rede vor der German-British Chamber of Industry & Commerce in London. Der erforderliche Kulturwandel sowie die notwendigen Anpassungen der Strategie und Strukturen seien zu inkonsequent angegangen worden. Den europäischen Instituten sei es unter anderem deswegen im Gegensatz zu den US-Häusern noch nicht gelungen, an die Erfolge der Vorkrisenzeit wieder anzuknüpfen.Während die meisten Geldhäuser Europas nur auf einstellige Renditen kommen, sind die US-Großbanken wie Goldman Sachs auf 15 % zurückgekommen. Allerdings kann auch die DZ Bank eine Eigenkapitalrendite von 17 % vorweisen. Die Schwäche der europäischen Institute zeigt sich Kirsch zufolge auch im Preis-Buchwert-Verhältnis, das bei 1,1 liegt, während die US-Konkurrenz auf 1,4 kommt.Zwei Dinge hält der Chef der DZ Bank für entscheidend, damit die europäische Bankenbranche wieder zu alter Stärke zurückfindet: die Rückbesinnung auf das Kerngeschäft und die aktive Gestaltung der Digitalisierung. Während jeder Anbieter für sich selbst sein Kerngeschäft definieren müsse, verlange die Anpassung an das Internet von den Banken eine “stärkere Innovationskultur”, mahnte Kirsch. Das Aufeinandertreffen einer jungen, digital ausgebildeten Generation auf eine traditionell ausgebildete Generation in den Banken stelle “bestehende Prozesse, Strukturen und Hierarchien auf den Prüfstand”.Mit Blick auf die Regulierungsflut infolge der Finanzkrise zeigte sich Kirsch verhalten optimistisch, dass Aufsicht und Politik künftig etwas weniger Druck ausüben könnten. “In der Tat stimmen erste vorsichtige Zeichen – sowohl auf nationaler wie auf internationaler Ebene – hoffnungsvoll, dass eine Art regulatorischer Pragmatismus eingesetzt hat.” Vor allem die EZB als zentrale Bankenaufsicht könnte womöglich erreichen, dass die vielen “teilweise unabgestimmten, parallelen Vorhaben der verschiedenen involvierten Institutionen” künftig besser koordiniert werden könnten.