Verkauf oder Abwicklung?

Nord/LB will bald über Rückzug aus der Flugzeugfinanzierung entscheiden

Die Nord/LB will voraussichtlich im zweiten Quartal über den Ausstieg aus der Flugzeugfinanzierung entscheiden. Derweil zahlt die Bank auch nach dem besten Geschäftsjahr seit acht Jahren keine Dividende – und legt sich im Sommer die Karten für die künftige Ausrichtung.

Nord/LB will bald über Rückzug aus der Flugzeugfinanzierung entscheiden

Nord/LB will bald über Rückzug aus der Flugzeugfinanzierung entscheiden

Bank prüft Verkauf oder Abwicklung von 3-Mrd.-Euro-Portfolio – Auch nach bestem Geschäftsjahr seit acht Jahren keine Dividende – Neue Strategie im Sommer

Von Carsten Steevens, Hamburg

Die Nord/LB steht kurz vor einer Entscheidung über die Zukunft ihres Geschäfts mit Flugzeugfinanzierungen. Vorstandschef Jörg Frischholz teilte am Freitag in der Bilanzpressekonferenz der Landesbank in Hannover mit, man befinde sich „in einem weit fortgeschrittenen Prozess“. Ein Beschluss, wie mit dem rund 3 Mrd. Euro schweren Portfolio verfahren werde, sei „in naher Zukunft“ zu erwarten. Derzeit würden Optionen ausgelotet.

Im Raum stehen der Verkauf oder Teilverkäufe des Flugzeugkreditportfolios sowie eine Abwicklung in Eigenregie. Dem Vernehmen nach liegen verbindliche Offerten auf dem Tisch, als interessiert gelten Private-Equity-Firmen, Banken und Leasingunternehmen. Man sehe unter Risiko-Rendite-Gesichtspunkten andere Geschäftsfelder für die Nord/LB als attraktiver an, erklärte Frischholz. Im „Aviation“-Bereich habe die Bank in den vergangenen Jahren „recht wenig Geld verdient“.

Vorsorge aufgelöst

Im Segment Flugzeugfinanzierungen weist die Nord/LB, die das Firmenkundensegment, Spezialfinanzierungen im Energie- und Infrastruktursektor sowie die Finanzierung von Gewerbeimmobilien über die Marke Deutsche Hypo als Kerngeschäftsfelder ansieht, Erträge von 19 (i.V. 55) Mill. Euro für das vergangene Geschäftsjahr aus. Für alle anderen Segmente stehen höhere Erträge zu Buche. Das Segmentergebnis vor Steuern von 15 (184) Mill. Euro profitierte von Auflösungen von Risikovorsorge, die während der Corona-Pandemie und der Einschränkungen im weltweiten Flugverkehr gebildet worden war.

Bankchef Frischholz erklärte, der Blick auf das „Aviation“-Segment werde durch Aufwendungen für bestehende Garantien des Mehrheitseigentümers Niedersachsen getrübt, die gegen das Zinsergebnis gebucht würden. Lasse man den Effekt im Zusammenhang mit den Garantien, die etabliert wurden, um im Verlauf der Corona-Pandemie potenzielle Risiken abzufedern, außen vor, sei die Flugzeugfinanzierung „mit positiven Deckungsbeiträgen unterlegt“. Dennoch habe die Nord/LB andere Möglichkeiten in ihrem Geschäftsmodell, „die uns ein besseres Risk-Return-Verhältnis geben“.

Defensiv bei Neugeschäft

Die Landesbank sieht sich mit der Entscheidung nicht unter Druck. Es gebe keine Not, schnell reagieren zu müssen. Auch eine selbst organisierte Abwicklung des Portfolios zieht die Nord/LB in Betracht. Den erwarteten Zeitraum für einen solchen „Run-down“ umriss der Bankchef mit „kleiner als fünf Jahren“.

Die Flugzeugfinanzierung ist ein weiteres Geschäftsfeld, aus dem sich die Landesbank zurückzieht. Infolge milliardenhoher Wertberichtigungen auf notleidende Schiffskredite, die zu Rekordverlusten und Ende 2019 zu Kapital- und Garantiehilfen der Altträger und der Sparkassengruppe über insgesamt 3,6 Mrd. Euro geführt hatten, verabschiedete sich das Institut bereits von der Schiffsfinanzierung. Bis Ende 2023 war das Kreditportfolio den Angaben zufolge bis auf einen überwiegend ebenfalls von Landesgarantien gesicherten Restbestand von 130 Mill. Euro abgebaut.

Bei Schrumpfkurs vor Ziel

Das der Rettung vor gut vier Jahren folgende Transformationsprogramm „Nord/LB 2024“, das mit einer Schrumpfung und Neuausrichtung einherging, sieht die Bank auf der Zielgeraden. Seit 2016 – kurz bevor die durch faule Schiffskredite in Not geratene Tochter Bremer Landesbank übernommen wurde – sank die Bilanzsumme um 36% von 175 Mrd. auf 112 Mrd. Euro, die Mitarbeiterkapazitäten um 38% von 6.000 auf 3.700 und die Abbauportfolios um 79% von fast 17 Mrd. auf 3,5 Mrd. Euro. Die Qualität ihres Kreditportfolios hält die Nord/LB für weiterhin hoch, auch wenn sich der Anteil ausfallgefährdeter Engagements (NPL) 2023 auf 1,1 (0,7)% erhöhte. 2016 lag die NPL-Quote bei 5,5%.

Gleichwohl blieben auch am Freitag Fragen offen – etwa die nach der Zukunft der Braunschweigischen Landessparkasse im Konzern der Nord/LB. Bis Jahresende soll ein Gutachten vorliegen, auf dessen Basis die Träger der Bank beraten wollen, ob die Sparkasse herausgelöst und möglicherweise an Kommunen verkauft werden kann. Auch ist noch nicht absehbar, wann die Nord/LB Dividenden zahlen wird. Der Weg bis zur Ausschüttungsfähigkeit sei, so Frischholz, mit Unsicherheiten behaftet, aber man spreche hier „nicht mehr über Fünfjahreszeiträume“. Mit einem Ergebnis wie 2023 komme man dem Ziel einen großen Schritt näher.

Niedrigeres Ergebnis 2024

Im abgelaufenen Geschäftsjahr verbuchte die Nord/LB ein auf 271 (104) Mill. Euro gesteigertes Vorsteuerergebnis. Zwar verwies Frischholz auf das beste Geschäftsjahr der Bank seit acht Jahren. Ein Rekordergebnis, wie es derzeit andere Landesbanken zeigen, erreichte die Nord/LB aber nicht. Weitere Verbesserungen könnten 2024 ausbleiben: Mit Verweis auf eine im zweiten Halbjahr erwartete EZB-Zinssenkung sowie auf Investitionen sei „ein etwas niedrigeres“ Vorsteuerergebnis zu erwarten, so der Bankchef.

Im vergangenen Jahr legte das Zinsergebnis aufgrund eines als „erfreulich“ bezeichneten Neugeschäfts sowie der allgemeinen Marktzinsentwicklung um gut ein Fünftel auf 1,08 Mrd. Euro zu. Frischholz bezifferte das Neugeschäft mit 17,5 Mrd. Euro vor Tilgungen – ein Volumen, das auch im laufenden Jahr angestrebt wird. Gerald Heere, als Finanzminister von Niedersachsen Nord/LB-Aufsichtsratschef, bezeichnete die Entwicklung der Bank 2023 als „äußerst erfreulich“. Sie bestätige den eingeschlagenen Kurs auf dem Weg zu einer profitablen und zugleich risikoarmen Bank. Wie sich der Vorstand den weiteren Kurs der Landesbank konkret vorstellt, soll im Sommer dieses Jahres mit einem neuen Mehrjahresprogramm definiert werden.

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