Fachkräftemangel im Bankensektor

Nord-Sparkassen bauen erstmals seit 2000 Personal auf

Das Sparkassenlager in Schleswig-Holstein hat 2023 infolge des raschen Notenbankzinsanstiegs das beste operative Ergebnis aller Regionalverbände verbucht. Die Stützungsfälle aus der Zeit der Finanzkrise sind abgehakt. Fusionen sind derzeit kein Thema, wohl aber Stellenaufbau. Erstmals seit langem.

Nord-Sparkassen bauen erstmals seit 2000 Personal auf

Nord-Sparkassen bauen erstmals seit 2000 Personal auf

Zinsanstieg sorgt in Schleswig-Holstein für bestes Ergebnis aller Regionalverbände – Gruppe sieht nach Einbruch von Kreditneugeschäft Boden erreicht

Das Sparkassenlager in Schleswig-Holstein hat 2023 infolge des raschen Notenbankzinsanstiegs das beste operative Ergebnis aller Regionalverbände verbucht. Die Stützungsfälle aus der Zeit der Finanzkrise sind abgehakt. Fusionen sind derzeit kein Thema, wohl aber Stellenaufbau. Erstmals seit langem.

ste Kiel

Zum ersten Mal seit fast einem Vierteljahrhundert haben die schleswig-holsteinischen Sparkassen in einem Geschäftsjahr unter dem Strich wieder Stellen aufgebaut. Wie Oliver Stolz, Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes für Schleswig-Holstein (SGVSH), am Dienstag vor der Presse in Kiel mitteilte, erhöhte sich die Beschäftigtenzahl der elf Mitgliedsinstitute in dem Zweiküstenland um 58 auf 6.188.

„Attraktiv für junge Leute“

Erstmals seit dem Jahr 2000, als damals noch 30 Sparkassen in Schleswig-Holstein mit insgesamt 10.222 Mitarbeitern auf die höchste Beschäftigtenzahl seit 1990 kamen, habe man 2023 bei der Personalstärke zugelegt. „Das kann man schon als bemerkenswert ansehen in der heutigen Zeit“, sagte der Sparkassenpräsident. Mit Blick auf den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel fügte er hinzu, den Häusern gelinge es aktuell, eine steigende Zahl von Ausbildungsplätzen gut zu besetzen. „Das spricht grundsätzlich dafür, dass wir für junge Leute attraktiv sind.“ Man gewinne auch viele Quereinsteiger.

Verbandsgeschäftsführer Harald Weiß erklärte, das Thema stehe „sehr stark im Fokus“ der schleswig-holsteinischen Sparkassen. Die Gruppe habe „ein attraktives Vergütungssystem“ und „eine hohe Arbeitgeberattraktivität“. Damit müsse man aber im Wettbewerb um Personal „ein bisschen selbstbewusster“ auftreten. Für den weiteren Jahresverlauf planen die Sparkassen eine Kampagne.

Keine Vier-Tage-Woche

Um für mehr Bewerbungen zu sorgen, wollen sie aber dem Vernehmen nach auf die Einführung der Vier-Tage-Woche verzichten, wie sie im Verbandsgebiet etwa die Eckernförder Bank aus dem genossenschaftlichen Bankenlager von Mai an zunächst für ein Jahr plant. Man biete flexible Arbeitszeitmodelle an, so Sparkassenpräsident Stolz. Die Vier-Tage-Woche sei kein generelles Ziel, um Personal zu gewinnen. Es gehe darum, jede Arbeitskraft optimal einzusetzen und eher mehr Arbeitskraft zu aktivieren.

Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete am Dienstag über eine Untersuchung des Berliner Personalmarktspezialisten Index Gruppe. Demnach habe die deutsche Bankenbranche im ersten Quartal mit fast 40.000 freien Stellen 4% mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum ausgeschrieben. In der Gesamtwirtschaft sei die Zahl der öffentlich ausgeschriebenen Stellen um 9% gesunken.

Zinsanstieg treibt Ergebnis

Der Stellenaufbau der Sparkassen in Schleswig-Holstein ging 2023 mit einer kräftigen Ergebnissteigerung wie bundesweit in anderen Regionen einher. Infolge des rasanten Anstiegs der EZB-Zinssätze erreichte die Gruppe, die im vergangenen Jahr 200 (i.V. 204) personenbesetzte Filialen sowie 145 (144) SB-Stellen zählte, ein um fast 70% auf 738,5 Mill. Euro verbessertes Betriebsergebnis vor Bewertung. Mit 1,48 (0,86)% der Durchschnittsbilanzsumme (DBS) sei das Ergebnis das beste aller Sparkassenregionalverbände.

„Wenn man bedenkt, dass wir vor ein paar Jahren noch von hinten gegrüßt haben, zeigt das auch, dass die Sparkassen viel gelernt und unglaublich gut gearbeitet haben", betonte der Verbandspräsident. Das Sparkassenlager hatte im Zuge der Finanzkrise drei schleswig-holsteinische Häuser stützen müssen. Die Schieflagen seien überwunden, Restriktionen bestehen Stolz zufolge nicht mehr. Das Ergebnis 2023 sei auf gute Vorsorge in der Vergangenheit sowie starkes Engagement und hohen Marktanteil im Firmenkundenkreditgeschäft zurückzuführen.

„Momentaufnahme“

Verbandsgeschäftsführer Weiß sprach mit Blick auf den um 43% auf 1,1 Mrd. (775 Mill.) Euro oder 2,22 (1,56)% der DBS gestiegenen Zinsüberschuss von einer „Momentaufnahme“. Er verwies auf Einmaleffekte infolge der raschen Zinssteigerung. Mögliche Zinssenkungen der EZB im Verlauf dieses Jahres lassen Kiel für 2024 von einer „Normalisierung“ der wichtigsten Ertragsquelle in Richtung des Durchschnittswerts der vergangenen zwei Jahrzehnte von 1,96% der DBS ausgehen. Zuletzt hatte der Zinsüberschuss 2005 mit 2,24% ein höheres Niveau als im vorigen Jahr.

Während der Verband nach dem Rückgang der Darlehenszusagen im vergangenen Jahr um 41% auf 3,8 Mrd. Euro von einer „Bodenbildung“ ausgeht, wird 2024 zugleich mit einer weiter steigenden Kreditrisikovorsorge gerechnet. Zahlen wurden nicht genannt. Für künftige Risiken seien die Sparkassen gut gerüstet, hieß es.

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