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Nubank und Revolut führen den Siegeszug der Neobanken an

Nubank und Revolut zeigen den Erfolg von Neobanken. Beide verzeichnen starkes Wachstum und Profitabilität, mit globalen Expansionsplänen.

Nubank und Revolut führen den Siegeszug der Neobanken an

Nubank und Revolut führen den Siegeszug der Neobanken an

Fintech-Start-ups erobern einen Markt nach dem anderen. Die Phase der Hyperskalierung untermauert hohe Bewertungen und die globalen Ambitionen.

Von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt

Vor rund zehn Jahren wurden die meisten Neobanken gegründet. Nicht alle wurden Erfolgsgeschichten. Und man wusste anfangs nicht so genau: Was davon ist Hype und was können die Herausforderer der traditionellen Geschäftsbanken wirklich erreichen? Heute weiß man: mitunter eine ganze Menge.

Das veranschaulichen mit Nubank und Revolut die beiden wohl erfolgreichsten Neobanken am besten. Beide sind auch durch schwierige Zeiten gegangen. Sie haben heute aber die Kurve gekriegt hin zu einem extrem skalierbaren Geschäftsmodell. Gute Eigenkapitalrenditen könnten die Folge sein. Mit einer (annualisierten) EK-Rendite von 30% hat Nubank per Ende September das schon gezeigt. Revolut ist immerhin wohl nachhaltig profitabel geworden.

Der lange Marsch durch Europa

Die Ausgangsbedingungen der beiden Neobanken sind aber auch unterschiedlich. Während die von David Vélez geführte Nubank sich zunächst voll und ganz auf Brasilien konzentrierte, musste Revolut-CEO Nik Storonsky mit Gründung 2015 den langen Marsch durch Europa unternehmen, um nach und nach aufsichtliche Erlaubnisse einzusammeln. Los ging es mit einer Lizenz in Litauen, wobei sich Revolut von da aus mittels Passporting nebst nationaler Notifizierungen über ganz Europa ausbreitete. Bis zuletzt hatte man sich als Londoner Fintech aber die Zähne ausgebissen an der schon lange beantragten britischen Banklizenz. Aber auch da gab es Ende Juli einen Durchbruch: Revolut erhielt die vorläufige Banklizenz und wäre dann mit Absolvierung der sogenannten „Mobilisierungsperiode“ bei Komplettierung aller internen Bankprozesse voll zugelassen, was den Weg öffnet für eine Ausweitung auf das Einlagen- und Kreditgeschäft.

Kleine Anfänge

Nubank hingegen widmete sich mit Gründung 2013 ausschließlich der Erschließung des brasilianischen Marktes. Anfänglich hatte Nubank lediglich eine Kreditkarte, die über eine Mobile App gesteuert wird. So haben viele Fintechs angefangen. Von da aus wurde dann die Service-Palette ausgerollt. Heute hat die Neobank alles vom Girokonto über Investment-Produkte bis hin zu Versicherungen. Damit ist Nubank das, was man gemeinhin unter einer „Super App“ versteht, also eine Plattform für alles rund um Banking mit Anknüpfungsmöglichkeiten für weitere Dinge des digitalen Lebens.

Wendepunkt Ende 2022

Während sich Kundenzahl und Umsatz in der Zeit bis 2018 nur moderat nach oben bewegten, so ging es über die vergangenen fünf Jahre (mit Ausbau der Produktpalette um Kredite etc) stetig und beschleunigt nach oben: Pro Quartal kommen verlässlich 4 bis 6 Millionen neue Kunden hinzu, sodass Nubank per Ende September 2024 beeindruckende 110 Millionen erreicht hat. Der Wendepunkt hin zur Profitabilität wurde mit dem vierten Quartal 2022 vollzogen, wurde da doch die mit der Cost-Income-Ratio vergleichbare „Effizienzquote“ erstmals unter 50% gedrückt. Heute steht diese Kennziffer bei 31,4% und Nubank erzielt bei einem Quartalsumsatz von 2,9 Mrd. Dollar einen Nettogewinn von 553 Mill. Dollar.

Dabei trifft Nubank in Brasilien durchaus auf starke Konkurrenz – das Land ist keinesfalls „underbanked“ – aber wohl vom dortigen Kreditsektor nicht ausreichend mit günstigen digitalen Finanzdienstleistungen versorgt worden. Selbst eine vorwiegend regional tätige staatliche Bank wie die Caixa Econômica Federal kommt auf 150 Millionen Kunden. In drei bis vier Jahren könnte Nubank schon zu diesem Konkurrenten aufgeschlossen haben.

Raue Zeiten bei NYSE-Listing

Die vorläufige Krönung der Nubank-Story war Ende 2021 der Börsengang an der NYSE. Das Listing gelang gerade noch, bevor Fintech in Ungnade fiel. Das Investment von Warren Buffett Mitte 2021 dürfte als Vertrauensanker hilfreich gewesen sein. Aber auch die Nubank-Aktie schmierte dann ab, was den Job für CEO Vélez nicht leichter machte. Weniger als 15 Mrd. Dollar war Nubank im Frühjahr 2022 wert, heute sind es 67 Mrd. Dollar. Zugeteilt wurde beim IPO zu 9 Dollar je Aktie. Das brachte Nubank einen Erlös von 2,6 Mrd. Dollar. Damit wurde die weitere Expansion finanziert sowie regulatorisches Kapital hinterlegt. Heute notiert die Aktie bei Kursen um 10 Dollar.

Ein Land nach dem anderen

Wie dieser Tage bekannt wurde, beabsichtigt die börsennotierte Nubank Holding einen Wechsel der Briefadresse: Bislang auf den Cayman Islands registriert, will die Holding ihren Sitz nach London verlagern – was dann auch einen Vorstoß nach Europa begleiten könnte. Vorerst ist das Management um Vélez aber damit beschäftigt, in Latein- und Mittelamerika einen Markt nach dem anderen zu erschließen. Mexiko und Kolumbien sind angelaufen – für Vélez als gebürtigen Kolumbianer ein Heimspiel. Was Nubank als Basis braucht, das sind digitale Infrastrukturen inklusive einer top-skalierten Zahlungsverkehrs-Infrastruktur, so wie sie in Brasilien mit dem Instant-Payment-Scheme Pix besteht. Alternativ kann es in manchen Ländern über die Mobilfunk-Infrastruktur gehen. Vélez will punktuell auch über Zukäufe wachsen.

Erster Exit für Altaktionäre

Das ist für Revolut-CEO Storonsky keine Option. Die Maschine läuft auf Hochtouren, Mitte November 2024 wurden 50 Millionen Kunden erreicht. Allein 2024 kamen mehr als 10 Millionen Neukunden hinzu. Und dabei wächst Revolut zusehends profitabler: 2023 erwirtschaftete die Bank bei Erlösen von 2,2 Mrd. Dollar einen Vorsteuergewinn von 545 Mill. Dollar. Investoren mit Einblick in die aktuelle Entwicklung zeichneten Revolut-Aktien im Rahmen einer Secondary-Transaktion zu einer Bewertung von 45 Mrd. Dollar. Anteile im Volumen von 500 Mill. Dollar sollen dabei im August 2024 gehandelt worden sein – und Ende November folgte ein zweiter Secondary-Deal, bei dem sich Altinvestoren von Aktien im Wert von 300 Mill. Dollar trennten. Vor allem vermögende Kunden von Goldman Sachs sollen zugegriffen haben.

Die nächsten Meilensteine

Storonsky hat längst die nächsten Ziele ausgerufen: Man verfolge „aggressive Pläne“, um die Kundenzahl auf 100 Millionen auszuweiten, so der Revolut-Chef im November. Konkret in Arbeit ist der Start in Indien, auch der Sprung in die USA steht nun auf der Agenda. Die Revolut-Maschine ist 2024 so richtig ins Rollen gekommen, der Gründer wird mutiger. Zehn Wachstumsprojekte köcheln die Londoner immer parallel und gleisen dann auf, was sich als umsetzbar erweist. Dieses Tempo ist mit dem bloßen Auge kaum noch nachvollziehbar: Investiert wurde in Payment-Terminals für den Handel, bislang eine Domäne für Spezialisten wie SumUp. Neuartige Bargeldautomaten sollen über KI-Gesichtserkennung funktionieren und Sprengversuchen Stand halten – eine Nische, an die man bei einer Neobank wahrlich nicht denkt.

All diese Initiativen münden in eine Vielzahl von Zuflüssen in den Haupt-Umsatzstrom. Revolut und Nubank zeigen, wie Neobanken profitabel wachsen können, sobald sie die kritische Masse erreicht haben. Für Storonsky sind jetzt schon J.P. Morgan und Nubank die Konkurrenten in seinen globalen Ambitionen.

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