EXCHANGE TRADED FUNDS

Nur für den langen Atem

Infrastrukturbranche mit enormem Potenzial. Wenige fokussierte Indexfonds.

Nur für den langen Atem

Von Anna-Maria BorseDer Ausbau der Infrastruktur rund um den Globus gilt als milliardenschwerer Markt. Einer vor anderthalb Jahren publizierten Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC und des Forschungsinstituts Oxford Economics zufolge werden bis 2025 voraussichtlich rund 78 Bill. Dollar in Straßen, Eisenbahn-, Kommunikations- und Versorgernetze sowie Häfen und Flughäfen investiert werden. Damit setzt sich der Trend der vergangenen Jahre fort: “Die schnelle Entwicklung und Verstädterung in vielen Emerging Markets, zusammen mit dem steigenden Druck in Industrieländern, die Infrastruktur zu erneuern oder auszubauen, hat zu einer Vervielfachung von Projekten geführt”, erklärt Gregory Guerrand, ETF-Experte von BNP Paribas. Allerdings haben sich die Zuflüsse zuletzt verlangsamt: 2015 waren es dem wichtigen Branchenbericht Preqin Global Infrastructure Report zufolge von Investorenseite 349 Mrd. Dollar nach 439 Mrd. 2014 und 446 Mrd. 2015. “Das ist aber immer noch ein hohes Niveau”, bemerkt Eric Wiegand, ETF Strategist EMEA bei der Deutschen Asset Management. Im Preqin-Report werde zudem aufgeführt, dass Infrastrukturinvestoren noch 108 Mrd. Dollar vorhielten. “Da mit Infrastrukturprojekten unverändert attraktive Renditen möglich sind, wird der Sektor weiter Kapital anziehen.”Infrastrukturanlagen versprechen einige Vorteile: So heißt es zumindest, dass die Korrelation zu anderen Anlageklassen gering sei. Da die Unternehmen häufig monopolartige Stellungen innehätten, seien sie auch gegenüber Konjunkturzyklen weniger empfindlich. “Nach Berechnungen von S&P haben Infrastrukturindizes in den vergangenen zehn Jahren per Ende September 2015 höhere Renditen und geringere Schwankungen als der breite Aktienmarkt gezeigt”, erklärt Wiegand. Überschaubares AngebotNach Berechnungen des Analysehaus Absolut Research verwalten in Europa 50 Assetmanager 7 Mrd. Euro in 70 Listed-Infrastructurure-Fonds. Neben aktiv gemanagten Fonds gibt es eine Reihe von Exchange Traded Funds (ETF), allerdings ist das Angebot überschaubar. An der Börse Frankfurt sind aktuell fünf Infrastruktur-Aktien-ETF gelistet: der BNP Paribas Easy NMX 30 Infrastructure Global, der DB X-Trackers S&P Global Infrastructure, der iShares Global Infrastructure, der iShares Emerging Market Infrastructure sowie der im Mai 2014 aufgelegte ETFS US Energy Infrastructure ETF (DE000A1XE2Q3). Daneben gibt es seit April 2015 auch einen Infrastruktur-Misch-ETF, den SPDR Morningstar Global Multi-Asset-Infrastructure (IE00BQWJFQ70), der jeweils 50 % Aktien und Anleihen aus dem Infrastrukturbereich verbindet. Mit Ausnahme des DB X-Trackers S&P Global Infrastructure bilden die Passivfonds den Index physisch ab, indem die Fondsgesellschaft in alle dem Index zugrunde liegenden Titel investiert. Der Indexfonds hält tatsächlich alle Aktien in seinem Bestand, die auch zu dem entsprechenden Index gehören.Bei dem DB X-Trackers S&P Global Infrastructure von Deutsche AM handelt es sich um einen synthetischen bzw. swapbasierten ETF. Dabei wird die Indexperformance über eine Derivatekonstruktion auf den Indexfonds übertragen. Dabei besteht ein sogenanntes Kontrahentenrisiko. Da der Wert des Swaps nach Maßgabe der OGAW/Ucits-III-Richtlinie nicht mehr als 10 % des Fondsnettovermögens betragen darf, liegt also das maximale Risiko bei 10 %, wenn der Swapkontrahent ausfällt. Durch eine Übersicherung mit Anleihen oder ähnlichen Pfändern kann der Anbieter das Risiko nahezu egalisieren. Mit laufenden Kosten von 0,6 % jährlich ist der swapbasierte ETF das preiswerteste Produkt am deutschen Markt. Dagegen kommen die physisch replizierenden Indexfonds auf Gesamtkosten von 0,65 % bis 0,87 % jährlich. Doch was sind Infrastrukturanlagen eigentlich? Laut Bundesverband Alternative Investments BAI gehören Infrastrukturanlagen neben Hedgefonds, Private Equity, Immobilien und Rohstoffen zu den Alternative Investments – also Anlagestrategien und -konzepten jenseits von Aktien und Anleihen, die der besseren Diversifizierung und Optimierung der Rendite-Risiko-Struktur des Portfolios dienen. Der Verband unterscheidet Infrastrukturinvestments im ökonomischen Bereich, darunter fallen die Transport- und Verkehrsinfrastruktur, die öffentlich regulierte Energie- und Wasserversorgung, die Kommunikationsinfrastruktur sowie erneuerbare Energien. Die soziale Infrastruktur umfasst unter anderem Krankenhäuser, Bildungs- und kulturelle Einrichtungen. Es gilt also, genau hinzuschauen, was sich hinter dem Begriff Infrastruktur verbirgt. Der ETF von BNP Paribas, der 2008 auf den Markt kam und bis Februar 2016 noch NMX 30 Infrastructure Global Theam Easy hieß, bezieht sich, wie der Name schon sagt, auf den NMX Infrastructure Global-Index des Schweizer Indexanbieters LPX. Dieser gibt die Entwicklung der 30 größten und liquidesten börsennotierten Infrastrukturunternehmen aus der ganzen Welt wieder. “Wichtig ist der Fokus auf repräsentative Unternehmen, die eine natürliche Monopolstellung in ihrem Bereich haben”, erläutert Guerrand.Die Branchengewichtung ist eher energielastig: 62 % des Portfolios entfallen (Anteile jeweils Ende Februar 2016) auf Unternehmen aus der Energiebranche, gefolgt vom Transportsektor mit 16 %, von der Informations- und Kommunikationstechnologie mit 17 % und Wasser mit knapp 5 %. Schwergewichte sind der britische Strom- und Gasnetzbetreiber National Grid, die beiden US-amerikanischen Öl- und Gas-Pipelinebetreiber Enterprise Products und Kinder Morgan, der Anbieter drahtloser Kommunikationsnetzwerke American Tower (USA) und der kanadische Pipeline-Betreiber Enbridge. Von der regionalen Aufteilung her liegt der Schwerpunkt mit gut 40 % bei Nordamerika, gefolgt von Europa mit knapp 32 % und Asien/Pazifik mit 27 %. Nur ein Schwellenländer-ETFDer iShares Global Infrastructure ist an den Macquarie Global Infrastructure Index gekoppelt, der mit 82 % extrem versorgerlastig ist. Regional haben auch hier die USA mit 54 % die Nase vorn, es folgt Europa mit 17 %. Den größten Anteil haben die US-Unternehmen Duke Energy, NextEra Energy, Southern Company und Dominion Resources sowie National Grid. Der DB X-Trackers S&P Global Infrastructure-Index ist ausgewogener: 43 % der Anlagen entfallen auf Versorger und 42 % auf Industriewerte, regional 36 % auf die USA, 25 % auf die Eurozone und 11 % auf Australien. Der iShares S&P Emerging Markets Infrastructure ist der einzige Schwellenländer-ETF und bezieht sich auf den S&P Emerging Markets Infrastructure Index. Er bietet Zugang zu Infrastrukturaktien aus dem Transport-, Energie-, und Versorgungssektor, die Aktien müssen in Schwellenländern registriert sein oder ihre Umsätze aus der Geschäftstätigkeit in Emerging Markets erwirtschaften. Hier haben Industriewerte mit knapp 44 % das höchste Gewicht, gefolgt von Versorgern (38 %). Investitionsschwerpunkte sind der brasilianische Öl- und Gasförderer Ultrapar, Korea Electric Power, China Merchang Holdings, Airports of Thailand und der Energieversorger Tenaga Nasional aus Malaysia. Emittenten sehen Chancen, weisen aber auch ganz klar auf die Risiken von Infrastruktur-ETF hin “Die Branche kann von den wachsenden Investitionen seitens Regierungen und Investoren profitieren”, meint Guerrand. Wiegand zufolge können Infrastruktur-ETF einen sinnvollen Beitrag zur Portfoliokonstruktion bieten. Anleger sollten aber auf jeden Fall einen langfristigen Investmenthorizont – mindestens fünf Jahre – haben. “Starke Kursübertreibungen in diesem Sektor sind auch in Zukunft nicht ausgeschlossen.” Zwar sei das Geschäft eher langfristig ausgerichtet, Infrastrukturunternehmen hätten oft sehr langlaufende Kundenverträge und regelmäßige, stetige Einnahmen. “Dennoch können die Schwankungen – wie um die Jahreswende 2015/2016 gesehen – erheblich sein.” Konservative Anleger, die keine hohen Volatilitäten aushalten könnten oder wollen, sollten andere Investmentideen suchen. Zudem macht Wiegand deutlich, dass sich die Infrastrukturbranche nicht von der grundsätzlichen Konjunkturstimmung abkoppeln kann. “Daher ist die Investitionsbereitschaft angesichts zahlreicher Herausforderungen von den Rohstoffpreisen bis zu geopolitischen Konflikten eingeschränkt.” Bei der Auswahl eines konkreten Passivfonds sollten sich Anleger den zugrunde liegenden Index ansehen und schauen, ob dieser eine ausreichende Streuung über Länder und Branchen darstelle. “Der S&P Global Infrastructure beispielsweise bildet 76 Aktien aus 18 Ländern ab.” Industrieländer aussichtsreicherGerade Infrastrukturanlagen in Emerging Markets sind nicht ohne Risiko, wie die vergangenen Jahre gezeigt haben. Politische Unruhen oder Konjunkturabschwünge können Investoren einen Strich durch die Rechnung machen. So hat sich der iShares Emerging Markets Infrastructure zuletzt auch am schlechtesten entwickelt. “Vor allem in Europa sind die Aussichten günstig, wo ein gutes Investitionsumfeld, ein transparenter rechtlicher und aufsichtsrechtlicher Rahmen und eine lange Tradition privatwirtschaftlicher Infrastruktur anzutreffen sind”, heißt es dann auch im CIO-View der Deutschen Asset Management für März. Die Vielfalt der Investment-Möglichkeiten reiche von den aufstrebenden osteuropäischen Ländern bis hin zu den größeren Volkswirtschaften Westeuropas. Auf Branchenebene halten die Experten den Energiesektor 2016 für besonders attraktiv – aufgrund struktureller Veränderungen in der Energieerzeugung. “Politische Maßnahmen gegen den Klimawandel dürften erneuerbare Energien, besonders im Vereinigten Königreich, Deutschland und Frankreich, unterstützen.”Die Risiken sind Anlegern unterdessen durchaus bewusst, so sind Infrastruktur-ETF nicht immer ein Erfolg, wie das Beispiel der UBS zeigt: Diese hat im September 2014 vier in den Jahren 2011 und 2012 aufgelegte Infrastruktur-ETF – jeweils für die Region Europa, USA, Japan und Asien ex Japan – wieder geschlossen. Das Anlagevolumen aller vier Indexfonds betrug nach Angaben des Emittenten lediglich insgesamt rund 20 Mill. Euro – zu wenig, um sich auf Dauer zu rechnen.—– 7 Mrd. Euroverwalten 50 Assetmanager in 70 passiv und aktiv gemanagten Listed-Infrastructure-Fonds in Europa. In den in Deutschland zum Vertrieb zugelassenen Indexfonds haben Investoren lediglich 680 Mill. Euro angelegt.