GASTBEITRAG

Nur Qualität schafft Vertrauen in Finanzberatung

Börsen-Zeitung, 27.2.2020 Die Interessensvertreter der Finanzanlagenvermittler sind derzeit in Aufruhr. Einen "starken Anstieg der Bürokratie" und eine "erhebliche Erhöhung der Aufsichtskosten" prophezeit etwa der Bundesverband Finanzdienstleistung...

Nur Qualität schafft Vertrauen in Finanzberatung

Die Interessensvertreter der Finanzanlagenvermittler sind derzeit in Aufruhr. Einen “starken Anstieg der Bürokratie” und eine “erhebliche Erhöhung der Aufsichtskosten” prophezeit etwa der Bundesverband Finanzdienstleistung (AfW) für den Fall, dass ab 2021 – wie derzeit von der Berliner Koalition geplant – die Aufsicht über die rund 38 000 in Deutschland registrierten Vermittler auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) übergeht. Die Behörde, so sieht es der Bundesverband Finanz-Planer, sei damit “organisatorisch überfordert”, und die Prüfung von rund 38 000 Einzelfirmen widerspreche ohnehin “Aufgabe und Ausrichtung einer Institutsaufsicht”.Die Aufregung erscheint übertrieben und in der Sache wenig begründet. Die Notwendigkeit, das Regulierungsniveau für Finanzanlagenvermittler in Deutschland anzuheben, entspringt der Umsetzung der Mifid II. Die in der bisherigen Finanzanlagenvermittler-Verordnung geregelten Anforderungen reichen dazu nicht aus. Dass Vermittler künftig eine Vielzahl neuer und komplexer Vorschriften beachten müssen, ist sicherlich für die Branche eine Herausforderung. Sie hat aber nichts mit der Frage zu tun, wer künftig für die Aufsicht zuständig ist. Es braucht FachaufsichtDie Übertragung dieser wichtigen Aufgabe auf die BaFin ist jedoch ordnungspolitisch konsequent und ein richtiger Schritt zur Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer, welche als Banken, Sparkassen oder große Finanzvertriebe Geldanlageprodukte vermitteln. Nur so kann Konsistenz in der Aufsicht sichergestellt werden. Es ist darüber hinaus im Sinne der Qualität im Markt notwendig, dass auch Vermittler von einer Fachaufsicht beaufsichtigt werden – und nicht wie bisher von Gewerbeämtern oder den lokalen Industrie- und Handelskammern (IHKs).Die Gegenargumente überzeugen dagegen nicht. Warum der BaFin pauschal unterstellt wird, mit der Aufsicht überfordert zu sein, während die IHKs ebenso pauschal zum führenden Kompetenzträger für Finanzanlagethemen stilisiert werden, bleibt – bei allem Respekt für die Arbeit der IHKs – ein Geheimnis. Natürlich muss die Behörde ausreichende Ressourcen schaffen und bereithalten, um ihrer neuen Aufgabe nachkommen und den zeitlichen sowie finanziellen Aufwand für Prüfungen auf ein akzeptables Maß zu begrenzen. Aber in dieser Hinsicht geht es den freien Vermittlern nicht anders als den Banken. MLP hat mit seiner eigenen Bank im Konzern bereits seit Jahren Erfahrung mit der Beaufsichtigung durch die BaFin.Und es gibt einen guten Grund, die BaFin nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu sehen. Dazu darf man die geplanten Umbrüche nicht nur unter dem Aspekt von Aufwand und Kosten betrachten, sondern sollte die Perspektive des Kunden einnehmen: Das Attribut “BaFin reguliert” ist für viele Kapitalanleger eine Art Gütesiegel in einer Finanzdienstleistungsbranche, in der Vertrauen der Kunden heute mehr denn je die Grundlage für jegliche Form von Beratung ist.Wer das Vertrauen seiner Kunden gewinnen will, muss Qualität bieten. Dies hat viel damit zu tun, die Beratung in Geld- und Vermögensfragen sowie die Vermittlung von Finanzprodukten als eine wirkliche Profession aufzufassen, für die Berater weitaus mehr bieten müssen als geordnete Vermögensverhältnisse und eine ausreichende Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden. Es geht um bestmögliche Qualifizierung und ständige Weiterbildung in einer immer komplexeren globalisierten Finanzwelt. Und es geht um die Bindung an ein Wertesystem, das im Sinne eines Standeskodex klare Regeln definiert, um integres Verhalten im Kundeninteresse sicherzustellen. Die in Deutschland etablierte Weiterbildung zum Certified Financial Planner (CFP) beispielsweise, für die die MLP Corporate University als eine von bundesweit drei Einrichtungen akkreditiert ist, fußt unter anderem auf einer entsprechenden Säule: der Einhaltung ethischer Regeln. Auch Unternehmen können sich ein solches Regelwerk geben.Entscheidend ist, dass Finanzberatung nicht nur kompetent und unabhängig erfolgt, sondern zugleich wertegebunden ist. Selbst wenn es manche nicht gerne hören: Auch Regulierung zahlt auf diesen Anspruch ein. Es ist sicherlich richtig, dass die Regulierungswut in Brüssel und Berlin so manche Vorschriften hervorgebracht hat, deren praktischer Nutzen fraglich ist und die im Verhältnis der Kunden zu ihren Beratern eher Misstrauen als Vertrauen fördern. Derlei Übertreibungen sind im Übrigen auch bei der Umsetzung der Mifid-II-Richtlinie auf Finanzanlagenvermittler zu beobachten: Die Verpflichtung, telefonische Beratung selbst bei einfachsten Geldanlageprodukten im Rahmen einer umfassenden, ansonsten nicht aufzuzeichnenden Finanzberatung immer wieder mitzuschneiden, schießt über das Ziel hinaus. Hier gab es bereits praktikablere Dokumentationen. Gleiche Regeln wichtigEines sollte jedoch unstrittig sein: Jeder, der Kunden bei Geld- und Vermögensangelegenheiten und damit oftmals in Lebensfragen berät und Finanzprodukte vermittelt, sollte nach den gleichen Regeln spielen und unter die gleiche Aufsicht fallen. Deswegen ist es richtig, freie Finanzanlagenvermittler nicht länger den IHKs und schon gar nicht den örtlichen Gewerbeämtern zu überlassen. Es ist nicht auszuschließen, dass die geplanten Umbrüche zu einer Neuordnung von Vertriebsnetzen und zu einer weiteren Konsolidierung in der Vermittlerbranche führen werden. Dies muss indes aus Kundensicht keine schlechte Entwicklung sein, solange dies der Qualität der Profession zuträglich ist und das Vertrauen in die Finanzberatung fördert. Uwe Schroeder-Wildberg, Vorstandsvorsitzender der MLP SE