Off-Market-Deals sind stark im Kommen
Von Thomas List, FrankfurtOff-Market-Deals sind für Käufer und Verkäufer besser als Bieterverfahren. “Immer weniger Investoren sind bereit, an Bieterverfahren für Einzelimmobilien oder Portfolien teilzunehmen”, sagte John Amram, Geschäftsführer und Gründer des Investmentdienstleisters HPBA, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Viele Anleger seien bei solchen Verfahren nicht zum Zug gekommen, mussten aber erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen aufwenden. “Bei mehreren Bieterrunden und großvolumigen Transaktionen können sechs- oder sogar siebenstellige Prüfungskosten anfallen.” Direkte AnspracheAmram setzt mit seinem fünfköpfigen Team stattdessen auf die direkte Ansprache eines einzelnen Investors oder eines kleinen Kreises möglicher Erwerber. “Dann haben sie eine ehrlichere Chance, zum Zuge zu kommen. Verkäufer profitieren dagegen von einem qualifizierteren Kreis an Investoren.” Gute Erfahrungen hat er mit Family Offices gemacht. “Sie machen aufgrund ihrer begrenzten Kapazitäten und aus Diskretionsgründen oftmals nicht bei Bieterverfahren mit.” Family Offices rechneten häufig anders als Institutionelle, die ihren Anlegern bestimmte (Rendite-) Versprechungen gemacht haben. “Sie agieren flexibler und haben keine starren Ankaufprofile. Beispielsweise können Wohnungsprivatisierungen für den Business Case einbezogen werden, oder die Planung wird langfristiger angelegt.” Verhandlungen einfacherAußerdem seien Vertragsverhandlungen mit Family Offices häufig einfacher. Das gelte beispielsweise für Haftungsfragen. “Daran sind einige Transaktionen mit Institutionellen noch in letzter Minute gescheitert”, berichtet Amram aus seiner Praxis.Family Offices seien in den vergangenen Jahren in ihrem Anlageverhalten immer dynamischer geworden. “Jahresankaufbudgets von 50 Mill. Euro sind inzwischen keine Seltenheit mehr.” Ihre Immobilienquoten lägen häufig bei 20 bis 30 %. “Direktinvestments nehmen deutlich zu. Mit zunehmender Erfahrung gehen Family Offices auch mehr Risiken ein und greifen auch bei Fachmarktzentren und Assetklassen jenseits von Wohn- und Geschäftshäusern zu.”Einige Bestandshalter haben spezielle Gründe, sich gegen ein offenes Bieterverfahren auszusprechen. “Manche wollen ihre Wettbewerber nicht stärken, andere wollen ihre Position in laufenden Verhandlungen mit Mietern nicht schwächen, wenn bekannt würde, dass sie das Objekt verkaufen wollen.”Wie intensiv Investoren am deutschen Markt nach Immobilien suchen, zeigt sich nach Amrams Ansicht auch an der steigenden Zahl von Share Deals. “Heute sind viel mehr dazu bereit als noch vor wenigen Jahren, selbst bei latenten Steuerthemen. Gekauft werden inzwischen auch Zweckgesellschaften mit Personal. Früher war das kaum denkbar.”Die Preise sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. “Wir haben vor einigen Jahren ein Wohnportfolio platziert, das kürzlich zum nahezu doppelten Preis verkauft wurde.” HPBA sei bei Portfolien zwischen 100 und 300 Mill. Euro unterwegs, bei Einzelobjekten gehe es vom einstelligen bis in den dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Amrams Blick auf die Zukunft des deutschen Immobilienmarkts ist unverändert optimistisch. “Solange die fundamentalen Zahlen des Businessplans okay sind, ist es sinnvoll zu kaufen. Wenn man aber Wertsteigerungen einrechnen muss, damit der Business Case funktioniert, ist Vorsicht geboten.” Solche spekulativen Geschäfte beobachtet Amram in seiner Praxis vermehrt.Ausländische Investoren seien am deutschen Markt durchaus aktiv, aber bei weitem nicht in dem Ausmaß wie im vorherigen Boom 2005/2006. Der Immobilienspezialist nennt vor allem (Multi) Family Offices und (sehr vermögende) Privatiers, aber auch Investoren aus China, Hongkong und dem Mittleren Osten. “Wir werden verstärkt von Hedgefonds und Mezzanine-Kapitalgebern angesprochen, die hierzulande nach Anlagemöglichkeiten suchen.” Alle Assetklassen gefragtGefragt seien praktisch alle Assetklassen: von Wohnen über Büro und Fachmarktzentren bis hin zu Einzelhandel in den Top-Einkaufsstraßen. “Gesucht sind aber auch Nischen wie Pflegeimmobilien und studentisches Wohnen. Das sind allerdings kleine Märkte mit einem sehr geringen Angebot.” Die Renditeerwartungen liegen bei Wohnen in den Top-7-Standorten bei 4 %, in B- und C-Städten seien auch 6 bis 7 % möglich. “Auch bei Büros in besseren Lagen gehen Anleger von 4 % Rendite aus.”