Offene Fragen zur Abtrennung von Kunden-Assets

Finanzmarktverband Afme kritisiert inkoheränte Regulierung - Was muss wie separiert werden?

Offene Fragen zur Abtrennung von Kunden-Assets

Von Dietegen Müller, FrankfurtAsset Segregation – also die bilanzielle Abgrenzung von Vermögenswerten von Kunden bei einem Finanzinstitut – beschäftigt die Regulierer seit langem. Seit der Pleite der US-Investmentbank Lehman oder dem Madoff-Betrugsfall ist es ein Anliegen der Aufsicht, Guthaben oder Wertpapiere, die einem Kunden gehören, zu schützen, sollte die Bank oder der Vermögensverwalter, mit welchem der Kunde die Geschäftsbeziehung hält, pleitegehen. Die Vermögenswerte sollen rasch dem Kunden zugeordnet werden, handelbar bleiben und nicht plötzlich in der Insolvenzmasse verschwinden. EU-Insolvenzrecht fehltDas Thema nimmt wieder Fahrt auf, weil die Umsetzung in der Praxis für die Finanzdienstleister nicht ganz einfach ist, da die Vernetzung zunimmt, auch über steigende Volumen an hinterlegten Sicherheiten (Collateral), und zugleich aber der Kostendruck bei den Banken zunimmt. Damit steigt der Wunsch nach möglichst einfachen, aber effektiven und sicheren Prozessen. Allerdings fehlt dafür ein europaweites Insolvenzrecht, ist in der Branche zu hören. Die zahlreichen regulatorischen Vorgaben, die sich mit dem Schutz von Kundeneinlagen befassen, sind zudem nicht immer aufeinander abgestimmt. Die Association for Financial Markets (Afme), in der internationale Kapitalmarktteilnehmer zusammengeschlossen sind, kritisierte deshalb in einer Mitteilung den “Flickenteppich der Regulierung” und rief zu einer größeren Harmonisierung in Europa auf. Asset Segregation fehle Kohärenz und schaffe einen Grad an Unsicherheit und Konfusion in der Finanzindustrie, sagte Werner Frey, Managing Director für den Bereich Post Trade der Afme. Deswegen habe die Vereinigung Prinzipien erarbeitet, die eine “holistische Sicht” auf die Abtrennung von Vermögenswerten gebe.Gerade in langen Verwahrketten zeigen sich potenziell Schwierigkeiten. Wenn etwa ein deutscher Bankkunde bei einer kleinen deutschen Privatbank kanadische Wertpapiere hält, die dann letztlich bei einem kanadischen Sub-Custodian, der Mitglied des kanadischen Zentralverwahrers ist, liegen, muss einerseits die Segregation über die ganze Verwahrkette hinweg klar geregelt sein, sie sollte aber andererseits nicht zu komplex organisiert sein.Zu den Prinzipien, wie sie die Afme in einer Arbeitsgruppe von Großbankenvertretern formulierte, gehört etwa, dass “interne Konten” voll abgegrenzt werden sollen und den unmittelbaren Kunden identifizieren, für den die Vermögenswerte gehalten werden. Eigenhandelsbestände sind also etwa davon zu trennen. Bei externen Konten sollte ebenfalls zwischen Eigenbeständen und den Vermögenswerten von Wertschrifteneignern eine Abgrenzung erfolgen. Auch sei über die Verwahrkette eine Due Diligence auf Ebene jedes Depot-Anbieters durchzuführen. Gegebenenfalls seien Maßnahmen zu ergreifen, wenn der Schutz der Kundenvermögen nicht gewährleistet zu sein scheine. Darüber soll der Kunde transparent informiert werden. Im Omnibus oder nicht?Die Afme konzentrierte sich in ihren Prinzipien auf Wertpapiere und nicht Bargeld oder Derivate. Sie stößt aber in etwa ins gleiche Horn wie die Vereinigung der europäischen Zentralverwahrer (ECSDA), die schon 2015 einen Bericht über die Asset-Segregation-Umsetzung in der Praxis von Zentralverwahrern veröffentlicht hatte. In diesem wies die ECSDA darauf hin, dass durch die Einführung der europaweiten Settlementplattform T2S der Europäischen Zentralbank auch die Verbreitung von Sammelkonten, so genannten Omnibus-Accounts, zunimmt. Diese aggregieren Kundenpositionen und stellen aus Sicht der Bank einen Effizienzgewinn dar, da Kapital freigesetzt wird. Demgegenüber sehen aber, so die ECSDA, gewisse EU-Vorgaben wie die Derivate-Verordnung Emir oder die Alternative-Investment-Richtlinie (AIFMD) eine stärkere Segregation etwa auf der Stufe der Depotbanken vor. Auch stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Aufseher von den Zentralverwahrern eine stärkere Segregierung verlangen. Die ECSDA weist darauf hin, dass ohne EU-Insolvenzrecht eine Segregation auf Stufe Zentralverwahrer mehr Aufwand, aber keine höhere Sicherheit bringen würde. Die Frage der Harmonisierung der Asset Segregation ist auch im Europäischen Nachhandelsforum (EPTF) der EU ein Thema.Davon unabhängig findet auch im Bereich Clearing bei den Zentralen Kontrahenten (CCP) eine Diskussion über die Segregation von Positionen für Sicherheitsmargen statt. Die EU will im vierten Quartal einen Vorschlag für die Abwicklung von zentralen Gegenparteien vorlegen.