Opposition will neue Aufsichtskultur

Grüne, FDP und Linke reichen Antrag für Untersuchungsausschuss zu Wirecard ein - Start im Oktober

Opposition will neue Aufsichtskultur

Grüne, FDP und Linke haben einen Untersuchungsausschuss zum Bilanzskandal beim Zahlungsdienstleister Wirecard beantragt. Ergebnisse werden im Juni 2021 und damit kurz vor der Bundestagswahl vorliegen. Die Reform der Finanzmarktaufsicht soll aber noch in der laufenden Wahlperiode vorankommen. sp Berlin – Der Untersuchungsausschuss zum Bilanzskandal beim mittlerweile insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard, den die Grünen zusammen mit FDP und Linke gestern beantragt haben, soll nach dem Wunsch der Initiatoren die Grundlagen für eine neue Aufsichtskultur in Deutschland schaffen, ohne aber notwendige Reformen zu verzögern. “Es geht um Aufklärung, es geht um Verantwortung und es geht um Vertrauen nicht nur in den Bankenstandort, sondern in den Finanzplatz Deutschland insgesamt”, sagte der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Danyal Bayaz, in Berlin. Im Untersuchungsauftrag stehe aber nirgendwo, dass sich das Finanzministerium schlafen legen solle, bis die Ergebnisse vorliegen, ergänzte Fabio Di Masi, finanzpolitischer Sprecher der Linken. “Es gibt überhaupt kein Arbeitsverbot und auch noch Zeit in dieser Wahlperiode, Dinge umzusetzen und zu ändern”, betonte FDP-Finanzexperte Florian Toncar, warnte gleichzeitig aber vor Aktionismus in den Reformbemühungen. Gemeinsam verfügen die drei Oppositionsparteien über die nötigen Stimmen, um den Untersuchungsausschuss einzusetzen.”Diejenigen, die möglicherweise verantwortlich auch für Fehler in der Aufsicht sind, gehen in so einer Situation gerne her und sagen, es war ein Mangel an Befugnissen, und dann müssen sie natürlich auch irgendwas vorschlagen, um sich selbst zu entlasten”, sagte Toncar. Diese Strategie sei bei Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bereits sehr klar erkennbar. Nur eine gründliche Ursachenanalyse führe aber zu den richtigen Schlussfolgerungen, sagte Toncar.Scholz will den Untersuchungsausschuss unterstützen, nicht aber die Ergebnisse abwarten. “Was nicht passieren darf: dass der Reformeifer ausgebremst wird mit dem Hinweis, man müsse jetzt erst mal abwarten, bis der Ausschuss seine Untersuchung abgeschlossen hat – denn dann ist das Fenster für Reformen zu”, sagte er diese Woche der Nachrichtenagentur Reuters.”Wir erwarten, dass da etwas passiert, und werden das natürlich auch unabhängig von einem Untersuchungsausschuss begleiten”, erklärte Di Masi zu Reformschritten. Natürlich würden sich aus der Untersuchung Erkenntnisse für nötige Reformen etwas der Finanzaufsichtsbehörde BaFin ergeben. “Aber man kann da durchaus parallel arbeiten.” Gerade im Bereich der Wirtschaftsprüfung gebe es Reformbedarf und ein politisches Gelegenheitsfenster, das so in sechs bis neun Monaten womöglich nicht mehr vorhanden sein werde, ergänzte Bayaz.Der Untersuchungsausschuss soll laut des Untersuchungsauftrags in dem von Grünen, FDP und Linke eingebrachten Antrag in erster Linie Versäumnisse der Bundesregierung und ihrer Behörden aufzeigen. Dazu will die Opposition unter anderem Dokumente aus dem Kanzleramt und interne Papiere der BaFin einsehen. Eine konkrete Zeugenliste liegt noch nicht vor, könnte aber auch Angela Merkel enthalten. “Ich hielte es durchaus für angemessen, auch die Bundeskanzlerin persönlich mal zu konfrontieren mit ihrer Rolle”, sagte Di Masi. Auch der ehemalige Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der sich im Kanzleramt für Wirecard verwendete, worauf Angela Merkel sich bei einer China-Reise im September 2019 für das Unternehmen einsetzte, könnte geladen werden. Der Ausschuss soll bereits im Oktober an den Start gehen und bis Juni 2021 Ergebnisse vorlegen. – Wertberichtigt Seite 6