Papierflut im Solvency-II-Endspurt

BaFin sieht Vorbereitung der deutschen Versicherer auf gutem Weg - Branche kritisiert Regelungswut

Papierflut im Solvency-II-Endspurt

Die deutschen Versicherer sind bei der Vorbereitung auf Solvency II im Plan. Größter Kritikpunkt der Branche sind die enormen Dokumentations- und Berichtspflichten.ak Bonn – Der Chefaufseher der deutschen Versicherer, Felix Hufeld, hat der Branche im Endspurt auf Solvency II eine ordentliche Leistung bescheinigt und eine positive Zwischenbilanz gezogen. “Die Richtung stimmt”, sagte der BaFin-Exekutivdirektor auf einer Tagung der Aufsicht am Donnerstag in Bonn: “Das erste Jahr der Vorbereitung haben wir ganz gut gemeistert.” Und er forderte die Branche auf: “Bitte bleiben Sie am Ball.” Die Versicherer gingen mit großer Ernsthaftigkeit und zielgerichtet an Solvency II heran. “Ich darf das sagen, ohne dass Sie das als Entspannungssignal deuten.”Die BaFin hatte vor zwölf Monaten eine zweijährige Vorbereitungsphase eingeläutet, die in 15 Themenblöcke unterteilt ist. Zu sieben davon hat die Aufsicht bereits Sachstandsabfragen vorgenommen, dazu die viel beachtete Erhebung bei den Lebensversicherern (siehe Einblocker). Die Ergebnisse der Abfragen seien sehr heterogen, sagte Hufeld. Er habe damit aber kein Problem, solange die Gesellschaften vorweisen könnten, dass sie auf dem richtigen Weg seien.Auch Vertreter der Versicherungswirtschaft zeigten sich insgesamt mit der von der BaFin orchestrierten Vorbereitung zufrieden. Scharfe Kritik gab es jedoch am Umfang des Regelungswerks und der Papierflut. “Der Dokumentationsaufwand erschlägt uns”, sagte Sabine Pelzer, Chief Risk Officer beim Run-off-Versicherer Darag stellvertretend für viele kleine Unternehmen. Peter Hemeling, Chefjustiziar von Marktführerin Allianz, hält auch den Aufwand für Konzerne mit internen Modellen für nicht vertretbar. Der Probeantrag bei der BaFin, der 36 Allianz-Gesellschaften aus etwa einem Dutzend Länder einbezog, habe im Kern 12 000 Seiten umfasst. Insgesamt seien aber 107 000 Seiten eingereicht worden. Daraus müssten alle Seiten lernen – das Unternehmen, den Antrag für ein internes Modell besser zu strukturieren, aber auch die Aufsicht, Redundanzen zu vermeiden. Die Regelungsdichte sei zu groß. “2 000 Seiten Governance sind mit 800 operativen Einheiten in einem Konzern nicht in die Wirklichkeit umzusetzen.” Vielmehr werde die Effektivität der Aufsicht beeinträchtigt, denn ob echte Probleme in so einem Dickicht erkannt würden, sei fraglich. Auch Bafin-Chefaufseher Hufeld wünschte sich weniger Komplexität. Er merkte aber auch an: “Wir werden alle in den ersten Jahren von Solvency II die eine oder andere Lernkurve erfahren.” Er berichtete, dass 337 Einzelunternehmen und 54 Gruppen nach dem jetzigen Stand in Deutschland unter Solvency II fallen werden.Vertreter von Finanzministerium und der europäischen Aufsicht EIOPA zeigten sich zuversichtlich, was den Zeitplan bis zum Start von Solvency II am 1. Januar 2016 angeht. Vor einem Jahr war auf politischer Ebene der Durchbruch nach 13 Jahren Verhandlungen erzielt worden, am 22. Mai dieses Jahres war die Omnibus-II-Richtlinie veröffentlicht worden. Sie repräsentiert Level I des Regelwerks. Seit dem 10. Oktober stehen auch die Durchführungsbestimmungen (Level II), die noch von Europäischem Parlament und Rat verabschiedet werden müssen. Auch ein erstes Paket der Technischen Standards (Level 2,5) ist auf den Weg gebracht. Der größere Teil soll bis Ende Juni 2015 folgen. Im Sommer kommenden Jahres stehen auch noch die Leitlinien von EIOPA (Level III) aus. Sie sollen nur Interpretationshilfen zu Level I und II sein, verschärfen nach Ansicht von Branchenvertretern aber zum Teil die Bestimmungen. “Die Regelungsdichte ist immens”, sagte Götz Treber vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. “Es wird immer noch eine weitere Schippe draufgelegt.”