Paris lanciert Verbriefungsvorschläge
Europäische Kapitalmarktunion
Paris lanciert Verbriefungsvorschläge
Expertengruppe legt im Auftrag des Finanzministeriums Bericht vor
wü/fed Paris/Frankfurt
In der von Europas Regierungschefs und Finanzministern befeuerten Debatte über die Wiederbelebung des Verbriefungsmarktes hat Frankreich konkrete Vorschläge vorgelegt. Der Bericht einer Expertenkommission im Auftrag von Finanzminister Bruno Le Maire und unter Führung des früheren Präsidenten der Banque de France, Christian Noyer, wird vor allem in Brüssel aufmerksam registriert. Denn in der EU-Kommission laufen Vorarbeiten für eine Novelle der EU-Verbriefungs-Verordnung im nächsten Jahr. In Frankfurt und Berlin trifft der Noyer-Bericht ebenfalls auf Interesse, da auch in Deutschland Finanzwirtschaft und Politik demnächst gemeinsame Vorstellungen erarbeiten wollen.
Regeln sind zu streng
Den nach der Finanzkrise in Europa eingebrochenen Verbriefungsmarkt wiederzubeleben ist nach Ansicht Noyers das beste Mittel, um die Kreditkapazität der Banken zu erhöhen. Der frühere Notenbankchef sieht in den im Vergleich vor allem zu den USA viel strengeren Regeln einen Grund für den Niedergang des Verbriefungsmarktes in Europa. „In diesem Zusammenhang ist es erforderlich, den Rechts- und Aufsichtsrahmen für Verbriefungen zu korrigieren“, heißt es in seinem Bericht. Dabei müsse die Wiederherstellung der Investorenbasis oberste Priorität haben.
Wie erwartet legt der Noyer-Report den Schwerpunkt auf drei Elemente: Erleichterungen bei den aufsichtsrechtlichen Anforderungen (etwa Kapitalvorgaben) an Versicherungen und Banken, Lockerung der Transparenz- und Sorgfaltspflichten und Aufbau einer paneuropäischen Plattform. Konkret empfiehlt Noyers Expertenkommission, den Aufsichtsrahmen für Versicherungen zu überarbeiten und verbriefte Vermögenswerte als Liquiditätspolster anzuerkennen. Daneben müssten die Transparenzregeln vereinfacht werden, um Emissionen und Akquisitionen von Verbriefungen zu erleichtern, urteilen sie.
Europaweite Verbriefungsplattform
Kreditinstitute beklagen aktuell gesetzlich verlangte, überflüssige Due-Diligence-Anforderungen, weil sich Investoren ohnehin auf anderem Wege Transparenz und Überblick verschafften. Die aufsichtlichen Anforderungen an die Banken müssten ebenfalls gelockert werden, so wie es andere Volkswirtschaften, allen voran die USA, bereits täten, meint die Noyer-Kommission. Alle erforderlichen Maßnahmen zur Überarbeitung des Rechts- und Aufsichtsrahmens seien bekannt. „Das einzige, was fehlt, ist ein Kalender für die schnelle Umsetzung.“ Als Ergänzung zu den Regelanpassungen regt der Bericht eine europaweite Verbriefungsplattform an.
In ihrem 90 Seiten langen Bericht empfehlen die Fachleute zudem die Entwicklung von langfristig orientierten europäischen Sparprodukten nach dem Vorbild des französischen Rentensparplans und der deutschen Betriebsrente unter einem gemeinsamen Label, um die für die Energiewende und Digitalisierung notwendigen Investitionen zu finanzieren.
Reform der Aufsicht
Die Noyer-Kommission rät auch zu einer integrierten Finanzmarktaufsicht, einer damit einhergehenden Reform der Führung der europäischen Finanzmarktaufsicht ESMA und der Ausweitung ihrer Kompetenzen, damit sie mit der amerikanischen Finanzmarktaufsicht SEC mithalten kann.