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Pfandbrief-Harmonisierung - bitte mit Augenmaß

Börsen-Zeitung, 17.2.2017 Der europäische Markt für gedeckte Schuldverschreibungen soll homogener, transparenter und attraktiver für Investoren und Emittenten werden. Zugleich soll die regulatorische Privilegierung von Covered Bonds, die zu den...

Pfandbrief-Harmonisierung - bitte mit Augenmaß

Der europäische Markt für gedeckte Schuldverschreibungen soll homogener, transparenter und attraktiver für Investoren und Emittenten werden. Zugleich soll die regulatorische Privilegierung von Covered Bonds, die zu den wichtigsten langfristigen Finanzierungsinstrumenten in Europa gehören, dauerhaft abgesichert werden. Hierzu strebt die Europäische Kommission bereits seit längerem eine stärkere Harmonisierung der zahlreichen nationalen Covered-Bond-Regime in den Mitgliedstaaten an. Diese scheint nun näher gerückt zu sein, nachdem die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA kurz vor Weihnachten ihren Bericht zur EU-weiten Harmonisierung der entsprechenden Regelwerke vorgelegt hat, der bereits zum Jahresende in einer Gesetzesinitiative der Kommission münden könnte. Assetklasse wird gestärktDie Harmonisierung der zahlreichen nationalen Rahmenwerke soll die Assetklasse als Ganzes in der Wahrnehmung der Investoren weiter stärken. Außerdem würde die Einführung einheitlich hoher Qualitätsstandards eine wichtige Grundlage für die dauerhafte regulatorische Privilegierung der erwiesenermaßen krisenresistenten Covered Bonds in der internationalen Finanzmarktregulierung legen. Allein: So sehr die nun vorgelegte Empfehlung der EBA im Grundsatz zu begrüßen ist – in Teilen schießt sie über das Ziel hinaus. Der Vorschlag der Behörde präzisiert ihren zuvor bereits angekündigten dreistufigen Ansatz: In der ersten Stufe soll eine europäische Basis-Richtlinie die Kernelemente und Mindeststandards für die Qualität von Covered Bonds definieren und alle produktspezifischen Grundsätze weitgehend in europäischem Recht regeln. Auf der zweiten Stufe sollen die bewährten Regeln des Artikels 129 der Eigenkapitalverordnung CRR geschärft werden, um so die hochqualitativen Covered Bonds von Produkten der Stufe 1 trennscharf abzugrenzen. Dies wäre eine wesentliche Voraussetzung dafür, die privilegierte Behandlung der traditionellen Qualitätsprodukte wie dem Pfandbrief zu erhalten. Schließlich wird in Stufe 3 eine weitere freiwillige Konvergenz nationaler Covered-Bond-Gesetze in Bereichen angeregt, in denen eine verbindliche Harmonisierung aktuell nicht möglich oder wünschenswert erscheint. Rückhalt für “Ring Fencing”Die Einführung qualitativ hochwertiger Mindeststandards mit dem Ziel eines “Ring Fencing” des Produkts wird von den Pfandbriefbanken uneingeschränkt unterstützt. Geht es um systemisch relevante Vorgaben, die ein Mehr an Sicherheit des Produkts bedeuten oder eine noch bessere Wahrnehmung seitens der Investoren ermöglichen, ist eine einheitliche Regelung auf EU-Ebene zielführend. Hierbei sollte man sogar noch einen Schritt weitergehen und zulässige Deckungswerte von Covered Bonds bereits auf Stufe 1 zumindest grundsätzlich auf langfristige Assets beschränken, die über verwertbare Sicherheiten verfügen. So könnten Anleger und Emittenten bereits bei diesen Produkten auf das traditionelle Qualitätsversprechen von Covered Bonds vertrauen.Jenseits dessen gehen die Vorschläge der EBA aber – entgegen den ursprünglichen Erwartungen der Fachwelt – an etlichen Stellen deutlich über einen prinzipienbasierten Harmonisierungsansatz hinaus. Viele der Empfehlungen an den europäischen Gesetzgeber beispielsweise in Bezug auf die Behandlung der Deckungswerte in der Insolvenz der Bank oder das Halten von Liquiditätsreserven sind inhaltlich so detailliert, dass auch verfahrenstechnische Einzelheiten wie etwa Dokumentations-, Kommunikations-, Beratungs- und Zustimmungserfordernisse wohl auch auf Richtlinienebene geregelt würden. Nationaler SpielraumWenn die Harmonisierung von Covered Bonds auf europäischer Ebene Erfolg haben soll, dann müssen solche technischen Fragen nach wie vor in der Verantwortung der nationalen Gesetzgeber bleiben. Denn nur so bleibt sichergestellt, dass erfolgreichen Covered-Bond-Regimen wie etwa dem Pfandbriefgesetz ausreichend Spielraum für die Berücksichtigung jahrzehntelang bewährter nationaler Praktiken bleibt. Und letztlich kann nur so gewährleistet werden, dass die europäische Covered-Bond-Harmonisierung, wiewohl im Grundsatz unstrittig, konsensfähig bleibt.Schließlich stellt sich auch die Frage, ob die dritte Stufe des Harmonisierungsvorschlags der EBA unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität europäischer Gesetzgebung überhaupt notwendig ist oder ob die dort aufgeführten Themen nicht ohnehin schon über die auf Stufe 1 verankerten Transparenz- und Informationspflichten gegenüber Investoren abgedeckt sind. Die Pfandbriefbanken bezweifeln, dass in den in Stufe 3 vorgesehenen Bereichen eine europäische Regulierung einen Mehrwert gegenüber bestehenden nationalen Vorschriften bietet.Dass sich eine Harmonisierung positiv auf das Produkt und dessen Verwendung auswirken kann, steht außer Frage. Aus diesem Grund sollte das Projekt auch unbedingt weiter vorangetrieben werden – allerdings mit Augenmaß beim Eingriff in bestehende, erfolgreiche Märkte. Würde allzu großer Ehrgeiz zu einem Scheitern des Projekts führen, wäre dies für alle Beteiligten misslich. Garant für QualitätAus deutscher Sicht heißt das insbesondere: Der Pfandbrief, der sich über alle Krisen hinweg als stabile und verlässliche Refinanzierungsquelle von Banken erwiesen hat, darf nicht durch die europäische Hintertür geschwächt oder verwässert werden. Und das Gesetz, das seine Qualität garantiert, darf nicht durch überflüssige Detailregelungen aus Brüssel unterminiert werden. Wenn dies sichergestellt ist, steht einer erfolgreichen Harmonisierung nichts im Weg.—-Jens Tolckmitt ist Hauptgeschäftsführer des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (VDP).In dieser Rubrik veröffentlichen wir Kommentare von führenden Vertretern aus der Wirtschafts- und Finanzwelt, aus Politik und Wissenschaft.——–Von Jens TolckmittDer krisenfeste Pfandbrief als stabile Refinanzierungsquelle von Banken darf nicht durch die Hintertür der EU geschwächt werden.——-