Poker um Euro-Clearing bleibt offen

Auch EU-Parlament droht britischen CCPs nach Brexit mit Lizenzentzug - Rolle der ESMA wird gestärkt

Poker um Euro-Clearing bleibt offen

Im Europaparlament herrscht große Einigkeit, dass die Rolle der Marktaufsichtsbehörde ESMA bei der Kontrolle von Clearinghäusern gestärkt werden sollte. Die Abgeordneten wollen zugleich die Möglichkeit offenhalten, Drittstaaten-CCPs die Lizenz zu entziehen, sollten sie nicht nach EU-Regeln spielen. ahe Brüssel – Der Wirtschafts- und Währungsausschuss (Econ) des EU-Parlaments hat mit breiter Mehrheit für eine Neuausrichtung der Aufsicht zentraler Gegenparteien (CCP) votiert. Fast 90 % der Econ-Mitglieder stimmten dafür, die Aufsicht für alle in der EU tätigen Clearinghäuser bei der europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA anzusiedeln und die CCPs dabei in unterschiedliche Risikoklassen einzuteilen. Einen ähnlichen Ansatz hatte auch die EU-Kommission in ihrem Gesetzesvorschlag aus dem vergangenen Juni. Wie die Brüsseler Behörde so dringen auch die Parlamentarier noch nicht auf eine Niederlassungspflicht in der EU für Drittstaaten-CCPs. Die EU will systemisch relevante Häuser aber notfalls dazu zwingen können, sollten diese ihre Lizenz behalten wollen.Eine Entscheidung, was mit dem Clearing von Euro-Kontrakten nach dem Brexit wird, bleibt damit grundsätzlich weiter offen. Das Geschäft findet heute fast überwiegend in London statt. Das Abstecken der Parlamentsposition gilt in dem Entscheidungsprozess nur als Zwischenschritt. Die Staaten der EU-27 müssen sich noch auf eine gemeinsame Position verständigen und dann gemeinsam mit dem Parlament einen Kompromiss finden. Das Thema dürfte zudem noch bei den weiteren Brexit-Verhandlungen eine Rolle spielen.”Es ist an der Zeit, die Aufsicht über die CCPs zu ändern”, betonte die federführende Berichterstatterin Danuta Hübner von der Europäischen Volkspartei. “Wir müssen die Rolle der ESMA als Aufsichtsbehörde für EU-CCPs stärken. Dies wird mehr Konvergenz und einen stärkeren europäischen Ansatz ins System bringen.” Hübner forderte ebenso wie EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis die EU-Mitgliedstaaten auf, rasche Entscheidungen zu treffen, um mit den Schlussverhandlungen beginnen zu können. Drei RisikoklassenDie Abgeordneten stimmten im Einzelnen für die Einrichtung eines neuen, aus Experten zusammengesetzten CCP-Aufsichtskomitees bei der ESMA. Nationale Aufsichtsbehörden behalten zwar grundsätzlich ihre Kompetenzen, müssen aber die ESMA in bestimmten Fragen konsultieren oder sogar vorab um Zustimmung bitten, um eine EU-weite, einheitliche Regulierung zu gewährleisten. Der Ausschuss unterstützte die Vorlage der EU-Kommission, die Drittstaaten-CCPs anhand ihres systemischen Risikos in drei Klassen einzuteilen. Er forderte die Behörde allerdings auf, die Kriterien für die einzelnen Klassen genauer zu benennen. Die ESMA soll die Einstufung von CCPs zudem ändern können.Die Anerkennung und Einstufung von Drittstaaten-CCPs soll alle zwei bis fünf Jahre überprüft werden. Nach den neuen Vorschriften könnte die ESMA im Einvernehmen mit den emittierenden Zentralbanken dann auch zu dem Schluss kommen, dass eine zentrale Gegenpartei von so großer systemischer Bedeutung ist, dass selbst die Einhaltung aller Vorschriften die finanzielle Stabilität der EU oder eines Mitgliedstaats nicht ausreichend gewährleistet ist. Dies könnte dann einen Lizenzentzug zur Folge haben. “Es muss sichergestellt sein, dass das Euro-Clearing auch nach dem Brexit nach europäischen Spielregeln erfolgt”, betonte der CSU-Abgeordnete Markus Ferber. Das sei eine Frage der Haftung. Wenn im Krisenfall die Europäische Zentralbank einspringen müsse und damit der europäische Steuerzahler hafte, müsse die EU auch bei der Aufsicht den Ton angeben. “Beim Euro-Clearing dürfen wir uns nicht allein auf das Wohlwollen der Briten verlassen.” Die Option des Lizenzentzuges für CCPs, wenn sie europäische Regeln nicht einhielten, bleibe deshalb auf dem Tisch.Die zuständige Berichterstatterin Hübner verwies darauf, die EU müsse mit den Aufsichtsbehörden aus Drittstaaten zusammenarbeiten, um Vertrauen zu schaffen. Sie stellte aber auch klar: “Wir müssen das potenzielle Risiko für systemrelevante CCPs aus Drittstaaten besser überwachen.”Aktuell werden drei Viertel der Euro-Zinsderivate in London gecleart. Ein Großteil der derzeit in Euro gehandelten Zinsswaps wird von der LCH, einer Tochter der London Stock Exchange, abgewickelt.