Politischen Risiken bei illiquiden Assets begegnen
Bei der Suche nach höheren Renditen sind nicht nur Versicherungen auf erneuerbare Energien und Infrastruktur aufmerksam geworden. Investitionen in alternative Assetklassen haben den Vorteil, dass Versicherungen ihre langfristigen Zahlungsverpflichtungen in ihrem Kerngeschäft bedecken können. Außerdem nehmen Berichte über eine marode und unzureichende Infrastruktur zu. Die öffentlichen Kassen sind klamm, was liegt also näher als die Investitionsbereitschaft der Versicherungen zu nutzen. Eine Win-win-Situation.Doch die Transaktionen kommen nur mühsam ins Rollen. Die Versicherungswirtschaft klagt über ein mangelndes und unzureichendes Angebot, und auch die Politik ist nur zögernd bereit, die Vorteile der privaten Investitionen beim Ausbau und bei der Sanierung von Infrastruktur anzuerkennen. Die Regulierungsbehörden fühlten sich aufgerufen, bestehende Investitionshemmnisse zu adressieren. Seit dem 2. April dieses Jahres gelten unter der Richtlinie Solvency II Erleichterungen in der Kapitalunterlegung bei Investitionen in erneuerbare Energien und Infrastruktur. Irreführender EindruckDie Maßnahme der Regulierungsbehörden suggeriert, die Investitionen kämen nicht in Schwung, weil die Renditeerfordernisse der Versicherungen nicht erfüllt seien. Dieser Eindruck ist irreführend. Die größten Investitionshemmnisse sind unklare Rahmenbedingungen und zu viel Bürokratie. Noch viel schlimmer sind jedoch nachträgliche und rückwirkende Eingriffe in die Eigentümerposition der Investoren. Erst werden die Investoren mit Erleichterungen gelockt, haben sie dann investiert und sind “gefangen” in ihren illiquiden Assets, werden sie geschröpft.Beispiele gibt es genügend. Spanien hat rückwirkend eine Umsatzsteuer auf die Einspeisevergütung von Strom eingeführt – ein Bruch mit Treu und Glauben. Für Investoren in erneuerbare Energien hat Italien die Vergütungen für Solaranlagen reduziert (Robin-Hood-Steuer), eine Maßnahme, die Italien zurücknehmen musste, nachdem sie für verfassungswidrig erklärt worden ist. Norwegen hat 2013 vordergründig aus Motiven der sozialen Gerechtigkeit die Durchleitungsvergütungen für das Hochsee-Gasnetz einseitig gekürzt. Polen plant eine Sondersteuer für den Einzelhandel, die nur für Mieter gelten soll, die Flächen von mehr als 250 Quadratmetern in Supermärkten und Einkaufszentren angemietet haben. Betroffen davon wären vor allem ausländische Unternehmen, denn die Masse der polnischen Einzelhändler mietet kleinere Flächen an und bliebe damit von der geplanten Sondersteuer verschont.Experten und Wissenschaftler sind sich einig, dass diese fiskalischen Maßnahmen letztlich kontraproduktiv sind. Die Abschöpfung ausländischen Vermögens führt nur zu einem sehr kurzweiligen Ertragsschub, denn die ausländischen Investoren werden künftig wegbleiben und einen großen Bogen um die Länder machen, die solche Maßnahmen umsetzen. Doch der Entscheidungshorizont von Politikern reicht bisweilen gerade einmal bis zur nächsten Wahl. Das langfristige Wohl einer Volkswirtschaft scheint dabei keine entscheidende Größe zu sein.Es handelt sich bei den Beispielen nicht um wenig gefestigte Demokratien wirtschaftlich rückständiger Staaten, bei denen aufgrund von häufigen Regierungswechseln mit einer disruptiven Politik gerechnet werden muss. Sondern es sind Länder mitten in Europa, verbunden über supranationale Institutionen mit den Ländern, aus denen die Investoren kommen, die sie vorzugsweise zur Kasse bitten. Neben einer desolaten öffentlichen Haushaltslage, die motiviert, über den Tisch zu greifen, sind es auch – positiv formuliert – Gerechtigkeitserwägungen der kleinen Bürger gegenüber den angeblich reichen Unternehmen sowie der strukturschwachen Staaten gegenüber den starken Ländern der Wirtschaftsgemeinschaft. Erheblicher SchadenDer Schaden ist immens. Für die Investoren mögen die Eingriffe im Einzelfall noch verkraftbar sein, aber auch sie wissen, ist eine Steuer erst einmal eingeführt, so ist eine weitere Erhöhung absehbar. Glückt der Obrigkeit an der einen Stelle der Vermögenstransfer, wird sie das gleiche Instrument an anderer Stelle auch einsetzen. So können selbst kleine fiskalische Eingriffe zu einem völligen Wegbleiben von ausländischen Investoren über viele Jahre führen. Der Schaden ist kaum mehr gutzumachen. Es gilt das Sprichwort: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er dann die Wahrheit spricht.Wir sehen diese Entwicklung mit größter Sorge. Denn hier kommt ein nationaler Egoismus zum Ausdruck, der im Kleinen anfängt, der aber, wenn man ihn konsequent weiterdenkt, grenzüberschreitende Wirtschaftsaktivitäten zum Erliegen bringen kann. Für international tätige Unternehmen, auch internationale Kapitalanleger, ist diese Entwicklung verheerend. Die letzte Stufe dieses eskalierenden Interventionismus ist in Österreich zu beobachten.Gerade hat die Finanzmarktaufsicht in Österreich den Schuldenschnitt bezüglich der Abwicklungsgesellschaft Heta der 2009 verstaatlichten Hypo Alpe Adria verkündet. Kärnten hatte eine Ausfallbürgschaft für Schuldverschreibungen der Heta übernommen, aber nun, da es ernst wird, weigert sich Kärnten zu zahlen. Kärnten ist nur zahlungsunwillig, aber nicht zahlungsunfähig, auch Österreich will nicht für die Haftung Kärntens einstehen. Recht wird gebogen und Gesetze werden gebastelt, um dieser Willkür einen legalen Anstrich zu geben. Auch wenn es hier nicht um illiquide Investments im obigen Sinne geht, ist ein investorenfeindliches Verhalten erkennbar, das Fernwirkungen deutlich über den konkreten Fall entfaltet.Für langfristige Investoren der Versicherungswirtschaft sind diese staatlichen Eingriffe Gift. Versicherungen haben ihren Kunden ein langfristiges Versprechen gegeben, das sowohl von ihrer Finanzkraft als auch von ihren soliden und stabilen Kapitalanlagen getragen werden muss. Sie sind daher verpflichtet, größte Sorgfalt anzulegen, wenn es um die Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit ihrer Investitionen geht. Wer gegen Treu und Glauben verstößt, dem können sie nicht das Vermögen überlassen. Wenn Eingriffe in Bestands- und Vertrauensschutz allerdings Schule machen, dann schwinden zunehmend die Möglichkeiten, Vermögen sicher anzulegen.Schon heute ist klar, dass das Argument des “Home Bias” neu bewertet werden muss. Vielfach wird von fachlich unabhängiger Seite die Neigung, zu Hause anzulegen, kritisiert. Es wird angeführt, fälschlicherweise tendiere man dazu, die Bedingungen zu Hause vorteilhafter einzuschätzen, da man das Bekannte und Vertraute tendenziell besser bewerte. Der Heimvorteil werde überschätzt. Angesichts der politischen und rechtlichen Interventionen für Investoren in ausländischen Jurisdiktionen muss diese Einschätzung zumindest hinterfragt werden. Ganz offenbar gibt es eine höhere Neigung, ausländische Investoren zu belasten, während heimische Anleger tendenziell eher verschont werden. Nicht nur in Europa, auch in der internationalen Gemeinschaft ist erhöhte Wachsamkeit gefragt. So beklagen sich seit Jahren ausländische Unternehmen in China, dass sie wesentlich strenger kontrolliert und verfolgt werden als ihre heimischen Wettbewerber.Trotz dieser politischen Eingriffe halten wir an unserem Vorhaben, verstärkt in illiquide Assets zu investieren, fest. Grundsätzlich ist die Diversifizierung eine geeignete Strategie, um Einzelrisiken auszubalancieren und abzufedern. Das gilt für technische Risiken, so dass wir nicht in Windrotoren nur eines Herstellers und eines Bautyps investieren, genauso wie für unterschiedliche geografische und politische Standorte unserer Investments. Gewisse Risiken lassen sich auch mit Bürgschaften, Garantieleistungen oder Versicherungen in den Griff kriegen, bei politischen Risiken ist es schwieriger. Und wenn diese auch noch korreliert sind, weil die Praktiken des einen Landes Nachahmer in anderen finden, dann wird es unerträglich werden. Eine hohe Korrelation ist der natürliche Feind der Diversifizierung. Großbritannien ist vorbildlichSelbstverständlich nehmen wir in der Due Diligence, der gewissenhaften und sorgfältigen Einzelprüfung vor Erwerb eines Investments, auch politische Risiken unter die Lupe. Deutschland kann mit Blick auf die hohe Bedeutung einer marktwirtschaftlichen Ordnungspolitik punkten. Auch Großbritannien ist vorbildlich, höchste politische Repräsentanten suchen das regelmäßige Gespräch mit den Investoren. Dabei geht es nicht darum, den Investoren mit Steuervergünstigungen oder Subventionen entgegenzukommen. Essenziell sind stabile und verlässliche Rahmenbedingungen. Investoren können sogar mit marktabhängigen und entsprechend variablen Einspeisevergütungen gut umgehen. Alle Investoren wissen dies vor dem Erwerb, werden entsprechend ihre Preisangebote darauf abstimmen, wichtig ist allein, dass sie erhalten, was ihnen versprochen worden ist.Als Adressat politischer Maßnahmen stehen wir in einem regelmäßigen Austausch und auch in intensiven Gesprächen mit politischen Entscheidungsträgern auf unterschiedlichen Ebenen. Unsere langfristigen Interessen als Investoren werden im Allgemeinen gut verstanden, wir fühlen uns willkommen, wenn wir mithelfen, die Infrastruktur bereitzustellen und in Schuss zu halten. Es lässt sich aber nicht verhehlen, dass wir in jüngster Zeit vermehrt kurzsichtigen Aktionen und einem Trend in Richtung interventionistischer Wirtschaftspolitik begegnen. Die langfristigen Folgen, dass private Investitionen unterbleiben, sollte man aber immer im Auge behalten.Fazit: Politische Risiken gehören zu den unberechenbarsten Risikofaktoren. Gerade in jüngster Zeit blieben diese keineswegs auf typische Schwellenländer und die bekannten politischen Risiken im Zusammenhang mit fehlender politischer Stabilität beschränkt. Auch oder besonders Länder in gefestigten Demokratien mit marktwirtschaftlichen Grundsätzen neigen immer stärker zum politischen Aktivismus und zu wirtschaftlichen Interventionen. Häufig sind diese Maßnahmen zwar gut gemeint, bedrohen aber den marktwirtschaftlichen Allokationsmechanismus mit gefährlichen Nebenwirkungen und erheblichen Kollateralschäden. Unter anderem werden grenzüberschreitende Investitionen behindert, Versicherungen und Versorgungseinrichtungen bei der sorgfältigen und umsichtigen Kapitalanlage gestört. So hilfreich weitere Harmonisierungs- und Standardisierungsbemühungen sind, wenn diese durch andere politische Maßnahmen konterkariert werden, dann drehen wir die Uhr auf dem Weg zu mehr Freizügigkeit und Austausch in der internationalen Staatengemeinschaft zurück.—Thomas Kabisch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Meag